Quartierverein & Stadt Aarau: Zwei Präsidenten im Gespräch

Quartierverein Gönhard
Quartierverein Gönhard

Aarau,

Ein Interview mit Peter Jann, Präsident vom Quartierverein Gönhard, und dem Aarauer Stadtpräsidenten, Hanspeter Hilfiker, zum Thema «Zukunftsraum Aarau».

Schöne Aussicht aufs Gönhardquartier: Peter Jann und Hanspeter Hilfiker. - Quartierverein Gönhard

Hanspeter Hilfiker, prominenter Nachbar im Gönhardquartier, ist seit dem 1. Januar 2018 Stadtpräsident von Aarau. In dieser Funktion ist er seitens Aarau auch verantwortlich für das wegweisende Projekt «Zukunftsraum Aarau».

Im Folgenden eröffnet er dem Präsidenten vom Quartierverein Gönhard, Peter Jann, seine Vorstellungen.

Peter Jann: Ganz unbehelligt vom Covid19 ist die Arbeit zum Projekt «Zukunftsraum Aarau» wohl nicht geblieben. Was musste umdisponiert werden?

Hanspeter Hilfiker: Wir mussten bisher drei von fünf geplanten Informationsveranstaltungen verschieben. Zudem dürften die für Juni geplanten Gemeindeversammlungstermine nicht stattfinden. Insgesamt rechnen wir damit, dass die Entscheidungen zur Fusionsanalyse nicht im zweiten, sondern erst im dritten Quartal 2020 fallen. Diese Verzögerung von etwa einem viertel Jahr können wir aber gut auffangen. Unser Zeitplan ist «robust». Wir streben die Fusion der fünf Gemeinden per 1. Januar 2026 an.

Welche Auswirkungen und Konsequenzen hat die Gemeindefusion für das Gönhardquartier?

Unmittelbar wird sich für das Gönhardquartier nichts ändern. Die neue Stadt wird auch Aarau heissen, die Quartiere bleiben unangetastet, wesentlichste Änderung ist wohl, dass Keba, Brügglifeld und Restaurant Sportplatz dann eben auch zu Aarau gehören.

Gemeindegrenzen, z.B. zwischen Suhr und Aarau beim Restaurant Sportplatz und Brügglifeld werden aufgelöst. Gibt es dort nun eine besondere Entwicklung?

Wie eben gesagt, eigentlich nicht. Im heutigen Aarau und im heutigen Suhr werden Projekte entwickelt und weitergetrieben. Ich stelle mir vor, dass im Zukunftsraum viele dieser Arbeiten einfacher vor sich gehen, eben weil keine Gemeindegrenzen dazwischen liegen und weil beispielsweise Baubewilligungen von einer Baubewilligungsbehörde, die dann vielleicht in Oberentfelden stationiert ist, bearbeitet werden. Die Projekte an sich, sei es die Weiterentwicklung der Keba oder die Planungen zur Neunutzung des Brügglifeldareals gehen aber normal weiter. Der Vorteil der neuen Hauptstadt im Zukunftsraum wird sein, dass wir viele Anliegen als Anwohnerinnen und Anwohner direkter und unmittelbarer einbringen können, weil wir in derselben Gemeinde leben.

Wie unterscheiden sich die neuen Stadtteilvertretungen von den schon jetzt bestehenden Quartiervereinen. Hätten nicht die bestehenden Quartiervereine diese Aufgabe übernehmen können? Wie sieht die Rollenteilung aus?

Die Stadtteilvereine sind eine neue Ebene, die im Zukunftsraum eingeführt wird. Es handelt sich nicht um eine Konkurrenz oder gar um einen Ersatz der Quartiervereine. Ziel der Stadtteilvereine ist die Stärkung der Identität in den Stadtteilen, die aus jeweils mehreren Quartieren bestehen. Das Gönhardquartier wird Teil des Stadtteils Aarau Süd sein, der aus Gönhard, Goldern, Zelgli, Binzenhof und Torfeld Süd besteht. Die Quartiervereine bleiben unverändert bestehen und gehen ihren Interessen nach. Die Stadtteilvereine umfassen alle Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils und treffen sich jährlich zur Stadtteilversammlung. Dort wählen sie eine Stadtteilkommission. Als Besonderheit sind alle über 13-jährigen Einwohner, unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit, teilnahmeberechtigt und wählbar. Der Stadtteilverein erhält auch ein kleines Budget, um eigene Projekte zu realisieren. Dabei handelt es sich nicht um grosse Bau- oder Strassenprojekte; denkbar sind eher kleinere Projekte, wie Möblierungen von öffentlichen Räumen oder die Durchführung von Anlässen. Es handelt sich um eine Möglichkeit des bürgernahen Engagements.

Welche konkreten Erwartungen hast du als Quartierbewohner an den Zukunftsraum? Wo siehst du Chancen und neue Möglichkeiten für die Quartiere?

Ich bin überzeugt, dass der Zukunftsraum für unsere Region grosse Potentiale schafft. Ich stelle mir vor, dass es z.B. viel einfacher wird, ein Velo- oder Fusswegnetz durch unsere Region zu legen, weil wir eben viel weniger Grenzen untereinander haben. Davon könnte das Gönhardquartier ganz direkt profitieren. Auch wirtschaftlich werden Vorteile entstehen, weil Firmen, kleine und grosse, mehr Möglichkeiten haben, Standorte zu wählen. Ein Umzug von der Telli nach Suhr oder Oberentfelden bringt heute „Gewinner“ und „Verlierer“; künftig wird ein solcher Wechsel für die Gemeinde neutral sein und für das Unternehmen hoffentlich attraktiv. Vieles dürfte einfacher werden, weil die Regelungen über einen grösseren Raum einheitlich sind. Dass der bisher tiefste Steuerfuss als Startsteuerfuss vorgesehen ist, ist bei vielen ein Argument FÜR den Zukunftsraum. Auf jeden Fall soll der Zukunftsraum auch künftig für weitere Gemeinden offenstehen.

Auf der anderen Seite: Wo gibt es aus deiner Sicht offene Fragen oder heikle Themenfelder im Zusammenhang mit der zukünftigen Quartierentwicklung?

Im langen Prozess der Projektentwicklung sind immer wieder zwei Kritikpunkte aufgetreten: einerseits die Angst vor Identitätsverlust in einer grösseren Stadtgemeinde, andererseits die Gefahr einer professionelleren Stadtregierung, die sich weiter von der Bevölkerung weg entfernt. Ich denke beide Befürchtungen haben wir im vorliegenden Projekt sinnvoll auffangen können: Mit den klar strukturierten Wahlkreisen, mit den Stadtteilvereinen sowie mit den Verwaltungsstandorten in allen bisherigen Gemeindehäusern und im Rathaus Aarau haben wir die Verankerung in den bisherigen politischen Gemeinden und die Nähe zu den einzelnen Stadtteilen mit ihren Bevölkerungen gestärkt. Auch aus den Erfahrungen anderer fusionierter Gemeinden in der Schweiz, sei es Zürich, Lugano oder Bellinzona, haben wir gelernt und können nun eine gut fundierte Lösung präsentieren.

Was möchtest du den Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers im Hinblick auf die Entscheidungsfindung für oder wider den «Zukunfstraum Aarau» mitgeben?

Ich wünsche mir, dass die Bewohnerinnen und Bewohner im Gönhard unvoreingenommen, gelassen und zuversichtlich an die Abwägung der Vor- und Nachteile der Fusion von Aarau mit den Nachbargemeinden Suhr, Ober-, Unterentfelden und Densbüren herangehen. Für Aarau ist die Fusion eine riesige Chance. Sie bietet die einmalige Möglichkeit, das Gewicht unserer Stadt, aber auch die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Region in allen Bereichen zu stärken. Denken Sie an die Bedeutung von Aarau als Wohnort, als Arbeitsort, als Verkehrsknotenpunkt, aber auch als Schulstandort oder als politisches und kulturelles Zentrum des Kantons. Die ausführlichen Fusionsanalysen zu den verschiedensten Themen sind über www.zukunftsraumaarau.ch allen Interessierten zugänglich. Eine vertiefte Lektüre lohnt sich!

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