«Covid-19 hat wieder gezeigt, wie wichtig ältere Menschen sind»
Melanie Borter war für die im August neu geschaffene Stelle als Leiterin Altersnetzwerk Baden wohl ein Glückstreffer.
Sie war Mitbegründerin und Chefredaktorin des «Grosseltern-Magazins» und Lehrbeauftragte mit Abschluss in Psychologie, Literatur- und Sprachwissenschaften. Sie sei «bestens vernetzt» und mit der «Altersgruppe vertraut», wie es im offiziellen Communiqué der Stadt Baden hiess.
Aber wie gestaltet sich die Arbeit in der neu geschaffenen Stelle der Stadt und der Ortsbürgergemeinde Baden? Was sind die Hindernisse während der Pandemie? Melanie Borter steht Nau.ch Rede und Antwort.
Nau.ch: Melanie Borter, Sie traten Ihre Stelle als Leiterin des Altersnetzwerks in Baden im August an. Was ist seither passiert?
Melanie Borter: Zum Schutz der Seniorinnen und Senioren während der Pandemie musste ich meinen Fokus etwas ändern.
Als Leiterin des Netzwerks war meine Aufgabe in den ersten Monaten, die verschiedenen Player in der Altersarbeit zu treffen und zu vernetzen. Anstatt an Treffen und Grossanlässen teilzunehmen, läuft nun der Telefondraht heiss.
Nau.ch: Woran arbeiten Sie konkret?
Melanie Borter: Es gibt in der Region Baden bereits viele Initiativen für eine erfolgreiche Altersarbeit.
Es gibt zum Beispiel das Altersforum, den Seniorenrat Region Baden und den Beirat Impuls 60+ sowie zahlreiche Angebote von Vereinen für die Seniorinnen und Senioren der Region Baden.
Meine Aufgabe ist es, die Anbieter untereinander zu vernetzten und die Angebote sichtbar zu machen.
Nau.ch: Und wie machen Sie diese Angebote sichtbar?
Melanie Borter: Für 2021 ist eine Webseite geplant, die dem Online-Auftritt der Stadt Baden angegliedert ist. Darin sollen Interessierte einfach und unkompliziert alle Angebote für Seniorinnen und Senioren finden.
Nau.ch: Gibt es spezielle Anforderungen für den digitalen Auftritt, der sich an die ältere Bevölkerung richtet?
Melanie Borter: Eine aktuelle Studie von Pro Senectute zur Digitalisierung hat gezeigt, dass ältere Menschen durchaus online unterwegs sind.
Was ich durch meine Arbeit für das Grosseltern-Magazin weiss: Die Zielgruppe der über 60-Jährigen ist extrem heterogen. Bezüglich der Onlineangebote heisst das: Manche finden sich gut zurecht, andere weniger.
Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, die Webseite soll einfach und übersichtlich sein.
Nau.ch: Welche anderen Aufgaben haben Sie in Ihrer Stelle als Leiterin Altersnetzwerk?
Melanie Borter: Ich möchte Vorurteilen, die gegenüber der älteren Bevölkerung herrschen, entgegentreten.
Seniorinnen und Senioren sind häufig engagierte, fitte Menschen, die der Gesellschaft einen grossen Nutzen bringen, zum Beispiel in Form von Freiwilligenarbeit. Sie bringen dort Erfahrung und Wissen ein.
Gerade Corona hat gezeigt, wie wichtig diese Freiwilligenarbeit ist. Da gab es Stimmen, die behaupteten, die Alten sollten jetzt konsequent zu Hause bleiben und sich nicht quer stellen.
Aber als die Grosseltern ihre Enkelkinder nicht mehr hüten durften, wurde sichtbar, welche enorme Leistung allein die Grosseltern für die Gesellschaft erbringen.
Das Bundesamt für Statistik hat 2018 berechnet, dass Grosseltern in der Schweiz 160 Millionen Stunden Hütedienst leisten. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Leistungen anerkennen.
Nau.ch: Ein häufig thematisiertes Problem ist auch die Einsamkeit im Altern. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Melanie Borter: Einsamkeit ist ein Thema für Menschen im Alter. Weggefährten sterben weg, manche Menschen ziehen sich zurück.
Die Frage ist, wie viel wir von offizieller Seite investieren können, um solche Menschen zu erreichen.
Wir setzen deshalb auch auf Nachbarschaftssolidarität und fördern diese. Aktuell mit einer speziellen und schönen Grusskarte, die in den nächsten Tagen an öffentlichen Orten der Stadt aufliegt oder als PDF zum Download bereitsteht. Mit dieser Karte kann man unkompliziert und unverbindlich mit dem Nachbarn in Kontakt bleiben oder treten.
Die Angebote für ältere Menschen sind – gerade in der Region Baden – zahlreich vorhanden, etwa Mittagstische, Erzählcafés oder Sportkurse.
Wer will, kann teilnehmen. Aber eine gewisse Eigeninitiative muss vorhanden sein.