So erlebt Belper Risikopatientin Mirjam Thomann die Corona-Krise

Gina Krückl
Gina Krückl

Gürbetal,

Von der Corona-Krise ist so gut wie jeder auf eine Art betroffen. Die Belper Risikopatientin Mirjam Thomann erzählt, wie sie sie bisher erlebte.

Belp
Die Dorfstrasse in Belp während des Lockdowns. - Nau.ch

Nau.ch: Wie hast du die Ausnahmesituation bisher erlebt?

Mirjam Thomann: Die Situation ist surreal. Trotz Vorerkrankung habe ich mich immer gesund gefühlt. Und dann zähle ich mit meinen nicht mal 30 Jahren plötzlich zur Risikogruppe. Seitdem darf ich nicht mehr zur Arbeit und meine Eltern müssen für mich einkaufen gehen. Besonders daran musste ich mich zuerst gewöhnen.

Nau.ch: Was vermisst du am meisten?

Den Kontakt zu anderen Menschen. Insbesondere natürlich auch zu meinen Mitarbeitern und Patienten. Darum freue ich mich auch, dass ich seit heute wieder arbeiten kann – natürlich in Absprache mit meinem Arzt und meinen Vorgesetzten.

Dennoch muss ich mich selbst schützen und immer den körperlichen Abstand wahren. Wie genau das funktionieren wird, muss ich noch ausprobieren. Es wird aber sicher eine grosse Herausforderung, nicht einfach in den sonst üblichen Arbeitsalltag zurückzufallen.

Nau.ch: Was ist dein Tipp für einen guten Alltag im Lockdown?

Im Alltag häufen sich meist viele Sachen an, die man schon lange machen wollte, aber nie dazu gekommen ist. Etwa die Wohnung mal wieder gründlich putzen oder umräumen, Bücher lesen oder ein Instrument spielen. Dafür kann man sich nun Zeit nehmen.

Mirjam Thomann
Mirjam Thomann arbeitet in einem Gümliger Spital. - zVg

Was ich auch sehr gerne mache, ist auf meinen Balkon zu sitzen und die Menschen in meiner Nachbarschaft zu beobachten oder mit ihnen ein Schwätzchen zu halten. Es ist schön zu sehen, wie die Menschen das Beste aus der aktuellen Situation machen.

Aber natürlich fehlt es mir, selbst am öffentlichen Leben teilhaben und meine Freunde und Verwandten sehen zu können. Darum skype ich jeden Morgen mit meiner Familie und telefoniere regelmässig mit Freunden.

Nau.ch: Welche Auswirkungen spürst du in deiner Region besonders?

Es ist eine sehr spezielle Zeit, die einen zum Nachdenken bringt. Man überdenkt frühere Ansichten und findet so zu gewissen Grundwerten zurück. Ich glaube, das geht vielen anderen Leute auch so.

Das sieht man an der grossen Solidarität, die sich überall zeigt. Beispielsweise habe ich von einigen befreundeten Landwirten erfahren, dass ihre Selbstbedienungsläden so gut laufen wie noch nie. Es ist schön zu denken, dass dahinter dieser Solidaritätsgedanke stehen könnte.

Nau.ch: Wird sich die Gesellschaft jetzt verändern?

Es wäre schön, wenn die Gesellschaft diese neu entdeckten Grundwerte auch nach dem Ende der Corona-Krise beibehalten würde. Allerdings sind Menschen sehr anpassungsfähig und fallen schnell wieder in die alte, bekannte Normalität zurück. Ich würde mir aber wünschen, dass dennoch einige positive Effekte bleiben würden.

Zur Person

Mirjam Thomann (29) ist in Belp aufgewachsen und arbeitet eigentlich in einem Spital in Gümligen. Da Thomann aber zu den Risikopatienten zählt, ist sie nun schon seit mehreren Wochen in Selbstquarantäne.

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