10 Millionen für eine optogenetische Revolution

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Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit 10 Millionen Euro gefördert.

Die Universität Bern.
Die Universität Bern. - Keystone

Es ist ein lang gehegter Traum der modernen Biologie, Zellaktivitäten ferngesteuert und nicht-invasiv kontrollieren zu können. Licht ist dafür ein perfektes Medium. Das Forschungsprojekt SOL (Switchable rhodOpsins in Life Sciences) hat sich zum Ziel gesetzt, diesem Traum ein paar Schritte näherzukommen.

Bereits vor 15 Jahren revolutionierte die Optogenetik die Neurowissenschaften. Diese Technologie beruht darauf, dass elektrische Impulse, die von einer Nervenzelle zur nächsten gesendet werden, durch Licht kontrolliert werden können.

Die Technologie der Optogenetik soll nun im vom ERC ausgezeichneten Projekt einen bedeutenden Schritt weitergebracht werden – so soll künftig jede Zelle im Körper durch Licht präzise steuerbar gemacht werden. Für dieses hochkomplexe Vorhaben braucht es Expertise aus verschiedenen Fachbereichen: Das interdisziplinäre Team besteht aus der Neurophysiologin Sonja Kleinlogel von der Universität Bern, dem Strukturbiologen Gebhard Schertler am PSI, dem Biophysiker Peter Hegemann von der Humboldt-Universität zu Berlin und Rob Lucas, Neurobiologe an der University of Manchester, Grossbritannien.

Ihr Projekt SOL ist eines der wenigen, das aus 434 internationalen Projekten im kompetitiven Verfahren ausgewählt wurde und nun vom Europäischen Forschungsrat einen «ERC Synergy Grant» mit der maximalen Fördersumme von 10 Millionen Euro erhält.

Breites Anwendungsspektrum

Die Aktivität jeder Zelle wird von sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, kurz GPCRs, beeinflusst GPCRs sind an fast allen physiologischen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt, etwa beim Prozess des Lernens, der Hormonregulation, oder der Entstehung von Krankheiten wie Krebs. Dadurch sind sie für die Forschung und auch die Pharmaindustrie von grossem Interesse.

«In den kommenden sechs Jahren werden wir eine Toolbox von lichtgesteuerten GPCRs, sogenannten OptoGPCRs entwickeln, die zeitlich und räumlich vollständig kontrollierbar sind und auf lichtschaltbaren Proteinen, sogenannten Opsinen, basieren», erklärt Sonja Kleinogel. OptoGPCRs werden es ermöglichen, Funktionen und Abläufe in allen Zellen unseres Körpers präzise zu kontrollieren, indem sie nach Belieben mit verschiedenfarbigem Licht ein- und ausgeschaltet werden können.

«Damit hat unser Projekt eine realistische Chance, eine «zweite optogenetische Revolution» auszulösen und Forschungs- sowie auch Therapieansätze zu revolutionieren», sagt Kleinlogel. Kleinlogel ist eine Pionierin in optogenetischer Gentherapie und bringt viel Erfahrung mit, wie Forschungsideen in die Klinik und Industrie gebracht werden können.

Gebhard Schertler vom Paul Scherrer Institut ist führender Strukturbiologe und Pionier in GPCR- und Opsin-Proteinstrukturen, Peter Hegemann von der Humboldt Universität Berlin gilt als einer der Mitbegründer der Optogenetik-Technologie und ist führender Experte in der Biophysikalischen Charakterisierung von Opsinen, während sich Rob Lucas von der University of Manchester in der funktionellen Charakterisierung von neuartigen Opsinen einen Namen machte.

Das Spektrum möglicher Anwendungen umfasst alle physiologischen Prozesse von Krebs über die Endokrinologie und Immunologie bis hin zur Fortpflanzung. Das Hauptaugenmerk innerhalb des aktuellen Forschungsprojektes liegt auf der Untersuchung von Mechanismen chronischer Schmerzen, von Herzerkrankungen, von Angstzuständen und der Wirkung von Licht auf unser Wohlbefinden.

Ursprung in Bern

SOL basiert auf einem Prototyp eines lichtsensitiven OptoGPCRs (Opto-mGluR6), das an der Universität Bern entwickelt wurde und erblindeten Mäusen die Sehkraft zurückgab. Für die Weiterentwicklung dieses Prototyps zur Produktreife stieg 2019 der Novartis Venture Fund (NVF) und NanoDimension (ND) Venture mit 8 Mio. Risikokapitel in das Spin-off der Universität Bern, Arctos Medical AG, ein.

«Dass wir für die weiterführende Forschung an dem Prototyp, der in meinem Labor in Bern entstanden ist, nun diesen Grant erhalten haben, erfüllt mich natürlich mit grosser Genugtuung», freut sich Kleinlogel.

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