Uni Freiburg: Höheres Aussterberisiko bei Zwergen und Riesen
Wie die Universität Freiburg mitteilt, werden die Ergebnisse der Studie zum Aussterberisiko durch eine an der Uni Freiburg entwickelten Software gestützt.
Inseln machen weniger als sieben Prozent der Landfläche der Erde aus, beherbergen aber bis zu 20 Prozent aller terrestrischen Arten.
Sie sind auch Hotspots für das Artensterben, denn 50 Prozent der heute von der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur als bedroht eingestuften Arten sind auf Inseln beheimatet und Hunderte von Inselspezies sind in der jüngsten Vergangenheit ausgestorben.
Als Reaktion auf die einzigartigen Merkmale der Inselumgebungen machen viele Organismen bemerkenswerte evolutionäre Veränderungen durch, zu denen vor allem extreme Veränderungen der Körpergrösse gehören.
Wunderwerke der Evolution
Dieses Phänomen ist als Inselgigantismus oder Inselverzwergung bekannt: Im Allgemeinen neigen Verwandte grosser kontinentaler Arten dazu, auf Inseln kleiner zu werden und kleine Arten dazu grösser zu werden.
Einige davon sind bereits ausgestorbene Wunderwerke der Evolution, beispielsweise Zwergmammuts und Zwergflusspferde, die auf weniger als ein Zehntel der Grösse ihrer Vorfahren auf dem Festland geschrumpft sind, oder Nagetiere, die sich um mehr als das Hundertfache vergrössert haben.
Höheres Aussterberisiko bei extremen Zwergen und Riesen
Ein internationales Forscherteam, dem auch SNF-Professor und SIB-Gruppenleiter Daniele Silvestro an der Universität Freiburg angehört, fand heraus, dass die Evolution hin zu diesen Merkmalen häufig mit einer erhöhten Anfälligkeit für das Aussterben einhergeht.
«Einerseits könnten phyletische Giganten grössere Jagdtrophäen bieten», erklärt Dr. Roberto Rozzi, Kurator für Paläontologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland, und Erstautor des Artikels.
«Auf der anderen Seite scheinen zwergwüchsige Arten über eine geringere Abschreckungskraft zu verfügen, was die Jagd oder den Angriff durch eingeführte Raubtiere erleichtert.»
Ableitung von Aussterberaten aus fossilen Daten
Um zu quantifizieren, wie sich die Evolution in Richtung Verzwergung und Gigantismus auf das Risiko und die Geschwindigkeit des Aussterbens (vor und nach der Ankunft des Menschen) ausgewirkt haben könnte, nutzten die Forscher Daten von über 1500 Arten von Fossilien aus den letzten 23 Millionen Jahren bis hin zu lebenden Inselsäugetieren von 182 Inseln weltweit.
Sie analysierten die Daten mit einer vom Team um Daniele Silvestro entwickelten Software.
Modell zeigt bisher unbekannte Ergebnisse
«Wir brauchten ein Modell, das die Aussterberaten in der fernen Vergangenheit, also lange vor dem Erscheinen des Menschen und in der jüngeren Vergangenheit abschätzen konnte, um das Ausmass des anthropogenen Einflusses auf die Inseltiere zu beziffern», erklärt Daniele Silvestro.
Zu diesem Zweck entwickelten sie ein neues Modell, das ein bisher unbekanntes Ergebnis zutage förderte.
Diejenigen Arten, die sich in ihrer Körpergrösse extremer veränderten, ob grösser oder kleiner, waren auf Inseln mit höherer Wahrscheinlichkeit gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Überschneidung von Besiedlung und erhöhter Aussterberate
Bei der Analyse der weltweiten fossilen Überreste von Säugetieren auf Inseln während der letzten 23 Millionen Jahre fanden die Autoren auch eine klare Korrelation zwischen dem Aussterben auf den Inseln und der Ankunft des modernen Menschen.
«Mit unserem neuen Modell haben wir herausgefunden, dass die Ankunft des Menschen – die je nach Insel zu unterschiedlichen Zeiten erfolgte – mit einem zehnfachen Anstieg der Aussterberaten verbunden ist», so Daniele Silvestro.
«Die Aussterberaten sind seither nicht zurückgegangen und gefährden Hunderte von Arten, die noch auf den Inseln leben».
Dringlichkeit von Erhaltungsmassnahmen
Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die Muster des Aussterbens in der Vergangenheit zu verstehen, um den aktuellen Zustand und die Bedrohungen der Biodiversität zu beurteilen.
Diese Arbeit unterstreicht auch die Dringlichkeit von Erhaltungsmassnahmen und die Bedeutung des Schutzes bestimmter Arten, beispielsweise derjenigen, die sich zu extremen Grössen entwickelt haben.