Seit 30 Jahren: Frische Biobrote aus der Reformbäckerei Vechigen
Vor 30 Jahren übernahm der gelernte Psychiatriepfleger Patrik Hersberger eine Bäckerei in Vechigen. Die Reformbäckerei Vechigen stellt seither Biobrote her.
Seit 30 Jahren backt Patrik Hersberger in Vechigen biologisches Holzofenbrot. Seine Brote sind in den meisten Bioläden in der Stadt Bern und Umgebung zu finden oder können vorbestellt werden. Als Hersberger die Bäckerei übernahm, war das noch anders.
Backstube ein Stock tiefer
Gerade sitzt Hersberger in der Stube seiner Wohnung in Vechigen. Ein Stockwerk tiefer befindet sich seine Bäckerei, im Haus nebenan die Alte Mühle des Dorfs.
Patrik Hersberger ist ausgebildeter Psychiatriepfleger, beendete die Ausbildung Mitte der 1980er-Jahre. «Nach der Lehre konnte ich mir aber nicht vorstellen, weiterhin in diesem Beruf zu arbeiten», sagt er.
Es war wenig gutes Brot auf dem Markt
Schon damals lebte er in der Wohnung über der Bäckerei. «Ich habe mich gerne und viel mit Lebensmitteln, Ernährung und biologischem Anbau beschäftigt.»
Seine erste Backerfahrung sammelte er als Praktikant einen Stock tiefer. «Ich kam schnell zum Schluss, dass es damals wenig wirklich gutes Brot auf dem Markt gab», sagt er. Im gleichen Jahr übernahm Hersberger das Geschäft.
Für ihn war von Anfang an klar, dass sein Brot aus biologischen und lokal angebauten Getreidesorten hergestellt werden soll. «Ich wollte etwas anders machen.»
Grosse Skepsis gegenüber Biobrot
Anfang der 1990er-Jahre war der Grossteil der Bevölkerung jedoch noch skeptisch gegenüber Bioprodukten. «Aus Angst wollte ein Bauer mein altes Brot nicht einmal seinen Pferden zu fressen geben», erzählt Hersberger. Er lacht.
Waren seine Kundinnen und Kunden früher meist «Birkenstockträgerinnen und -träger» ist die Kundschaft der Bäckerei heuer bunt gemischt.
«Die einen fahren mit dem Sportwagen vor, die Jungen holen sich nach dem Ausgang Brot und viele Familien kommen vorbei», sagt der Bäcker.
Erst allein, heuer ein Team zur Unterstützung
Hersberger geht einen Stock tiefer und öffnet die Eingangstüre zur Backstube. Dort ist es warm und es riecht nach frischem Brot.
«Als ich die Bäckerei übernommen habe, war ich allein», erzählt er. Inzwischen hat Hersberger Unterstützung von einem fünfköpfigen Team.
Eine Frau schiebt gerade grosse Wagen voller Brote durch den Raum, die auskühlen müssen. Eine andere Mitarbeiterin leert Wasser in die Teigknetmaschine. Ein Mitarbeiter formt Weggli.
«Es wird langsam eng hier», sagt Hersberger. Öfters habe er sich überlegt, den Standort zu wechseln.
Zum Umzug kam es dann doch nie. Diese Entscheidung will er inzwischen seinen Nachfolgern überlassen.
Eigene Mühle für Vollkorn
Patrik Hersberger geht in einen der kleinen Räume, vorbei an grossen weissen Tonnen voller Getreide. Er steht jetzt vor der hauseigenen Mühle.
«Das Vollkorngetreide mahlen wir selbst», sagt er. «Die hellen Mehle werden von lokalen Müllern gemahlen.»
In der Reformbäckerei kommen unter anderem Roggen, Weizen, Dinkel, Gerste, Emmer und Reis zum Einsatz. Daraus entstehen dann reine Vollkornbrote, helle Brote, Kleingebäcke und Süsses. Am meisten Sauerteigbrote und Brote mit langer Teigführung.
Ein Teig braucht viel, viel Zeit
Bei der Herstellung der Brote spielt für Patrik Hersberger nicht nur «bio und lokal» eine Rolle, sondern auch die Zeit. «Ein Teig braucht viel, viel Zeit, um zu reifen», sagt er.
«Nur mit der Zeit kann auf Backtriebmittel und andere Zusatzstoffe verzichtet werden.» So werden die Brote auch bekömmlicher.
Ein Beispiel sei das Sauerteigbrot. «Die Kultur des Teigs gibt es schon, solange ich hier arbeite», sagt Hersberger.
Was sich heute urchig anhört, sei früher für viele Familien eine Art Lebensversicherung gewesen. «Wer einen Sauerteig hat, hat auch Brot zum Essen.»
Lockdown: Lieferschwierigkeiten mit der Biohefe
Stichwort Sauerteig: Während des Lockdowns hatte die Reformbäckerei nicht nur zum ersten Mal Lieferschwierigkeiten mit Biohefe, Hersberger wurde auch oft für Tipps und Tricks rund um das Sauerteig-Backen angefragt. «Wichtig ist beispielsweise, dass man nicht aufgibt und aus seinen Fehlern lernt.»
Als Experte in Sachen Brot würde sich Patrik Hersberger aber auch nach 30 Jahren noch nicht bezeichnen. «Ich bin immer noch am Lernen und Ausprobieren», sagt er. Künftig möchte er mit alten Weizensorten experimentieren.