Roman Wiget: Der Ritter des Trinkwassers unter Druck

Nau.ch Lokal
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Lyss-Aarberg,

Der Seeländer Wasserexperte Roman Wiget äussert sich im Interview mit Nau.ch zur Trinkwasserqualität in der Schweiz.

Roman Wiget
Roman Wiget ist Trinkwasser-Experte. - Zvg

Der Seeländer Wasserexperte Roman Wiget ist unter anderem Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein und Mitglied des Verwaltungsrates der Wasserverbund Seeland AG.

Seine Aufrufe zum Erhalt der Trinkwasserqualität haben in allen Medien in der ganzen Schweiz ein enormes Echo ausgelöst und ihm den Titel «Trinkwasser-Schützer der Nation» eingebracht.

Mit seinen klaren Forderungen hat er sich aber nicht nur Freunde gemacht. Nau.ch wollte von Roman Wiget wissen, wie er sich in dieser Rolle als Rufer in der Wüste fühlt.

Nau.ch: Die meisten Wasserversorger erklären, dass mit der Qualität des Trinkwassers alles im grünen Bereich sei. Sie machen das Gegenteil. Warum machen Sie sich das Leben schwer?

Roman Wiget: Auch ich habe die Schweizer Trinkwasserqualität jahrelang nur gerühmt. Bis ich feststellte, dass es für unser Trinkwasser keine grössere Gefahr gibt als dieses Schönreden und Verharmlosen von Stoffen, die nicht ins Trinkwasser gehören.

Die meisten meiner Branchen-Kollegen tun dies weiterhin und sind sich nicht bewusst, wie stark sie damit den vorsorglichen Trinkwasserschutz schwächen. Als Wasserversorger ist es natürlich nicht einfach, sein eigenes Produkt kritisch zu betrachten.

Aber meine Erfahrung ist eindeutig: Ohne Thematisierung der Mikroverunreinigungen wird es niemals Verbesserungen geben und die Schweizer Bevölkerung hat ein Anrecht auf eine bessere Trinkwasserqualität - und auch auf transparentere Information - schliesslich hat sie beim Hahnenwasser keine Wahl und konsumiert es täglich.

Nau.ch: Normalerweise arbeiten Leute Ihres Fachs ja eher im Hintergrund. In den Medien werden Sie inzwischen als «der bekannteste Trinkwasserspezialist der Schweiz» bezeichnet. Hat sich Ihr Leben und Ihre Arbeit durch diese Bekanntheit verändert?

Roman Wiget: Nein, mein Leben und meine Arbeit haben sich nicht verändert. Sicherlich stehe ich heute stärker unter Beobachtung als früher und bin mir bewusst, welche Verantwortung ich trage, wenn ich übers Trinkwasser und dessen Bedrohungen spreche.

Roman Wiget
Roman Wiget setzt sich für die Trinkwasserqualität in der Schweiz ein. - Zvg

Nau.ch: Bekommen Sie Feedback – positiv wie negativ – aus der Bevölkerung?

Roman Wiget: Von der Bevölkerung erhalte ich fast ausschliesslich positive Rückmeldungen: Die Konsumentinnen und Konsumenten unseres Hahnenwassers sind dankbar, wenn sie faktenbasiert über Mikroverunreinigungen im Trinkwasser informiert werden.

In letzter Zeit häufen sich leider Anfragen zu Trinkwasserfiltern, die mehr und mehr in privaten Haushalten eingesetzt werden. Diesen Trend bedaure ich sehr, denn diese Kosten könnten wir uns sparen.

Nau.ch: Ihr Engagement hat sie 2020 den Job im Schweizerischen Verband des Gas- und Wasserfaches gekostet. Wie haben Sie das empfunden?

Roman Wiget: Dass es der SVGW ablehnt, sich politisch konsequent für den Trinkwasserschutz einzusetzen, bedaure ich sehr. Es wäre meiner Ansicht nach eine der Kernaufgaben eines Verbandes sich auf allen Ebenen – auch politisch - langfristig und nachhaltig für ein einwandfreies Produkt einzusetzen.

Selbst dann, wenn die Botschaft nicht gerne gehört wird. Andere Verbände der Landwirtschaft, Energie, Gesundheit usw. sind da deutlich klarer und konsequenter. Dass ich nun etwas auf Distanz bin und mehr Zeit für meine Familie statt für Verbandsarbeit einsetze, darüber bin ich eigentlich ganz glücklich.

Nau.ch: Wenn Sie das Rad der Zeit zurückdrehen könnten – würden Sie wieder den Weg des Kampfes für sauberes Trinkwasser wählen?

Roman Wiget: Ja, auf jeden Fall. Schliesslich geht es um unser wichtigstes Lebensmittel überhaupt.

Und dafür tragen wir eine generationenübergreifende Verantwortung, denn unsere Nachfolgegenerationen sind von diesen fragilen und begrenzten Trinkwasserressourcen ebenso abhängig wie wir.

Nau.ch: Was können wir als Bürgerinnen und Bürger für einen Beitrag zu sauberem Trinkwasser leisten?

Roman Wiget: Aus meiner Sicht gibt es drei entscheidend wichtige Zettel: Den Wahl-, den Stimm- und den Einkaufszettel. Wenn wir trinkwasserfreundliche Politikerinnen und Politiker wählen, für trinkwasserfreundliche Vorlagen stimmen und trinkwasserfreundliche Produkte bevorzugen, dann schützen wir unser Trinkwasser, unsere Gesundheit und unsere Zukunft.

Die Lösungen, die wir brauchen, sind weitgehend bekannt. So nutzt beispielsweise die biologische Landwirtschaft natürliche Hilfsstoffe statt chemisch-synthetische Pestizide, wodurch keine langlebigen Abbauprodukte entstehen, die das Trinkwasser belasten und Folgekosten verursachen. Ich wünsche mir, dass die Bevölkerung diese Lösungen einfordert.

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