Interview-Domino: Unternehmerin Kathrin Simperl aus Muri-Gümligen
Das Corona-Interview-Domino auf Nau.ch. Kathrin Simperl von der gleichnamigen Metzgerei wurde nominiert von Unternehmer und Politiker Reto Lauper.
Wie hast du die Ausnahmesituation bisher erlebt?
Die Ausnahmesituation hat für mich zwei Gesichter. Das eine ist die Tragödie: Wir haben vom einen Tag auf den anderen 95 % des Umsatzes verloren, 15 Personen bei der Kurzarbeit angemeldet und standen plötzlich vor der Frage: wie weiter? Nach der ersten Schockstarre haben wir den Stier bei den Hörnern gepackt und das Privatkundengeschäft angekurbelt.
Das andere Gesicht ist die Ruhe und eine gewisse Gelassenheit die eingekehrt ist. Plötzlich habe ich mehr Zeit für die Familie und finde mich beim Homeschooling vor ganz neuen Herausforderungen. Hinter vorgehaltener Hand habe ich oft gesagt: Eigentlich können wir die Zeit «en famille» jetzt geniessen.
Welche Auswirkungen spürst du in Muri-Gümligen besonders?
Nachdem wir unseren Märitwagen mit dem Fleischverkauf eröffnet haben, habe ich jetzt ein direktes Fenster zur Bevölkerung von Muri-Gümligen. Einerseits spüre ich die Freude, dass wieder direkt beim Metzger eingekauft werden kann. Die Menschen verwöhnen sich in dieser schwierigen Zeit mit gutem Essen und nehmen sich Zeit zum Kochen.
Andererseits ist da natürlich eine gewisse Unsicherheit und Anspannung. Da bei uns aber openair eingekauft werden kann, nehme ich die Stimmung trotz allem als recht positiv wahr.
Was vermisst du am meisten?
Die Unbeschwertheit und die sozialen Kontakte. Gemütlich in einem Restaurant essen, eine Sportveranstaltung oder ein Konzert besuchen. Die Spontaneität halt.
Dein Tipp für einen guten Alltag im Lockdown.
Nicht hadern, es ist, wie es ist. Wir sind in der Schweiz und uns geht es trotz allem sehr gut, wir sind gut aufgehoben. Trotz manchen Wiedersprüchen, der Bundesrat mit seinen Experten macht einen tollen Job.
Wir dürfen jetzt nicht ungeduldig werden und müssen versuchen, das Beste aus dieser Ausnahmesituation zu machen. Es gibt jeden Tag ganz viel Positives zu sehen und zu erleben. Den Blick einfach darauf richten!!!
Wird sich die Gesellschaft jetzt verändern?
Durch die etappierte Öffnung werden wir hoffentlich die positiven Veränderungen beibehalten können. Viele Dinge, die wir vor dem Lockdown für unmöglich hielten, funktionieren plötzlich. Wichtig erscheint mir, dass die Leute die neuen Angebote nutzen und die Wirtschaft nach der Öffnung weiter unterstützen.
Jetzt ist nicht Sparen angesagt, die Wirtschaft erholt sich am schnellsten, wenn alle Leute nach ihren Möglichkeiten konsumieren und schnell die Normalität einkehrt. Ich hoffe doch, dass wir diese Chance nutzen und das Bewusstsein bleibt, dass alles ganz schnell ändern könnte.
Zur Person
Kathrin Simperl ist Inhaberin und Geschäftsführerin der Metzgerei Simperl AG an der Dorfstrasse 10 in Gümligen. Bis anhin wurde von der Metzgerei Simperl AG ausschliesslich die Gastronomie beliefert. Seit dem Lockdown wurde ein Direktverkauf eröffnet und ein Webshop für Privatkunden initiiert. Kathrin Simperl ist verheiratet und Mutter von 2 Kindern.