Die Matzendorfer Vebo Gärtnerei blüht zum Ende der Hochsaison
Die Hochsaison in der Vebo Gärtnerei Matzendorf neigt sich langsam dem Ende zu. Hier finden beeinträchtigte Menschen einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz.
Selbst gebundene Blumensträusse und Blumengestecke, handgemachte Sirupe oder Würzmischungen, Hunderte verschiedene Kräuter-, Gemüse- und Zierpflanzen – Nau befindet sich in der Vebo Gärtnerei in Matzendorf, wo das Ende der Hochsaison naht, bevor die Arbeiten für den Herbstflor beginnen.
Die Gärtnerei bildet einen von acht Standorten, an welchen Menschen mit Beeinträchtigung einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz geboten wird. Diese sind in Matzendorf in drei Sektoren unterteilt: Floristik und Detailhandel, klassische/r GärtnerIn und Gartenbau.
50 Mitarbeitende zählt die Vebo Gärtnerei, davon sind 36 Menschen mit einer psychischen oder physischen Einschränkung. 14 Personen arbeiten als Führungsverantwortliche in den Bereichen Gärtnerei oder Soziales und betreuen die Angestellten.
Pascal Erne ist seit viereinhalb Jahren Geschäftsführer und stammt ursprünglich selbst aus der Gärtnerbranche. Das wichtigste für seine Mitarbeiter sei Routine: «Wir sind prädestiniert für serielle, sich wiederholende Tätigkeiten.»
Einige Mitarbeitenden der Vebo Gärtnerei sind von der Invalidenversicherung vermittelt worden – oder haben eine IV-Verfügung. Die Gärtnerei dient aber auch für Kurzeinsätze oder im Rahmen von Wiedereingliederungsmassnahmen.
Offene Türen statt Barrieren
Der Blumenladen bildet das Herzstück der Gärtnerei; In den aufwendig dekorierten Räumlichkeiten werden selbstgemachten Blumensträusse und -gestecke ausgestellt. «Hier bieten wir nebst geschützten Arbeitsplätzen auch die Ausbildung in den Bereichen Floristik und Detailhandel an», so Erne.
Nebst den Blumen werden in diesem Sektor auch selbstgemachte Produkte verkauft. Von Ingwer- und Basilikumsirup, Kräutermischungen und Konfitüre bis hin zu diversen Früchtetee-Sorten.
Die Hintertür führt zum Kräuter- und Pflanzenverkauf im Aussenbereich und einem kleinen Hofladen. Die Vebo Gärtnerei ist bewusst offen gestaltet: «Unsere Besucherinnen und Besucher sollen jeden Bereich der Gärtnerei frei betreten können. Damit wollen wir die Barriere zwischen Kunden und Mitarbeitenden aufheben und die Begegnungen untereinander fördern.»
In zwei Gewächshäusern findet die Produktion der Pflanzen statt. Hier absolvieren die Mitarbeitenden eine klassische Ausbildung als GärtnerIn und erlernen Kultur- sowie Pflegearbeiten vom Samen bis hin zur verkaufsfertigen Pflanze.
Die Vebo Gärtnerei hat das ganze Jahr über geöffnet. Während im Sommer der Verkauf im Vordergrund steht, kümmern sich die Mitarbeitenden in den Wintermonaten um die Produktion. Zurzeit geht die Hauptsaison, der Sommerflor, dem Ende entgegen.
Insgesamt werden in Matzendorf jährlich rund eine Million Töpfe mit Pflanzen hergestellt. Die gesamte Produktion findet im Gewächshaus oder im Aussenanbau statt. Die Zierpflanzen bilden dabei die grösste Abteilung, wobei das Gemüse erst seit 2017 Bestandteil des Sortimentes ist.
Der Gartenbau ist der dritte Ausbildungs- und Arbeitssektor in der Gärtnerei. Die Mitarbeitenden führen Dienstleistungen wie Heckenschneiden, Rasenmähen oder Jäten beim Kunden zu Hause aus. Mit Auto und Werkzeug fahren sie von Kunde zu Kunde.
Ausbildungsstätte für EFZ bis PRA
In den drei Sektoren der Vebo Gärtnerei kann eine Ausbildung durch die IV auf verschiedenen Stufen absolviert werden. Möglich ist beispielsweise ein anerkanntes EFZ- oder EBA-Diplom.
Personen, welche Auffassungsschwierigkeiten haben, bietet die PRA mit einer praktischen Lehre eine Alternative.
Doch nicht nur Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung arbeiten in der Vebo-Gärtnerei; auch Menschen mit Lernschwierigkeiten finden hier einen Platz, wie der Geschäftsführer erklärt: «Hier haben wir die Möglichkeit, den Leuten ihre Aufgabe vier, fünf Mal zu erklären. Manche brauchen für ihre Lehrzeit einen geschützten Rahmen und haben etwas länger, bis der Knopf aufgeht.»
Dank dieser Möglichkeit kann laut Erne in vielen Fällen eine lebenslange IV-Rente verhindert werden: «Nicht selten gelangen Mitarbeitende nach der Zeit in der Gärtnerei an den ersten Arbeitsmarkt und können sich eine normale Stelle suchen.»
Ein wichtiger Bestandteil der Vebo sei auch die Entlöhnung, trotz teil vollumfänglicher IV-Rente: «Unsere Mitarbeiter sehen somit, dass ihre Arbeit geschätzt wird und sie etwas Wertvolles leisten und nicht einfach den ganzen Tag über etwas Sinnloses herstellen.»
Lieferservice in der Coronazeit
Während des Lockdowns hat die Vebo Gärtnerei ihre Pflanzen zu den Kunden nach Hause geliefert. Dank Zählsystem und dem weitläufigen Areal kehrt die Normalität nun Tag für Tag wieder zurück. «Wir haben glücklicherweise ausreichend Platz, um einander aus dem Weg zu gehen. Dennoch halten wir uns strikte an die Massnahmen des Bundes.»
Pascal Erne hofft, spätestens im Winter wieder einen Grossanlass durchführen zu können; vom 20. bis 22. November verwandelt sich die Gärtnerei nämlich in den traditionellen Weihnachtsmäret.