Ja-Komitee: Tunnel in Rapperswil ist «notwendige Investition»
Am 10. September 2023 wird über die Zukunft des Stadttunnels in Rapperswil entschieden. Laut Marianne Fassbind vom Ja-Komitee profitieren davon alle.
Das Wichtigste in Kürze
- Zur Verkehrsentlastung soll ein Stadttunnel in Rapperswil gebaut werden.
- Das Volk kann am 10. September 2023 entscheiden, ob das Projekt weiterverfolgt wird.
- Für Marianne Fassbind ist die angestrebte Lösung schon längst fällig.
Die Gemeinde Rapperswil-Jona wird am 10. September 2023 im Rahmen einer Volksabstimmung über den weiteren Verlauf des Baus eines Stadttunnels entscheiden. Dieser würde vom Seedamm zum Gebiet Hüllistein verlaufen und für Entlastung der dortigen Verkehrssituation sorgen.
Stimmt das Volk Ja, kommt das Projekt als Nächstes vor den Kantonsrat. Diesem wird dann die favorisierte Variante der Bevölkerung vorgelegt. Diese hat die Wahl zwischen der Variante «Mitte» und «Direkt».
Bei der Variante «Direkt» fallen Kosten von schätzungsweise 750 Millionen Franken an. Die Verkehrsteilnehmer erhalten dann Anschluss am Seedamm, Tüchelweiher und Hüllistein. Die teurere Variante «Mitte» mit geschätzten 950 Millionen Franken bietet einen zusätzlichen Anschluss in Kempraten. Ausserdem soll diese Variante eine höhere Entlastungswirkung erzielen.
Nau.ch hat sich bereits mit Gegnern des Tunnelbaus ausgetauscht. Diese sprechen von einem unnötigen «Luxustunnel», sowie einem undemokratischen Vorgehen. Für Marianne Fassbind, Co-Präsidentin Komitee «Stadttunnel Ja» und ehemalige Stadträtin der FDP, ist der Tunnelbau aber mehr als überfällig. Im Interview spricht sie darüber, weshalb das Vorhaben aus ihrer Sicht sinnvoll ist.
Nau.ch: Dem Stimmvolk werden zwei Varianten eines Stadttunnels vorgelegt – die Variante Mitte und Direkt. Welche Variante bevorzugen Sie und wieso?
Marianne Fassbind: Zur Präzisierung: Das Stimmvolk muss am 10. September primär die Grundsatzfrage Tunnelplanung Ja oder Nein beantworten. Darum geht es. Ergänzend können die Stimmenden ankreuzen, welche der beiden Varianten sie bevorzugen würden.
Dies erfolgt im Sinne einer konsultativen Befragung. Das Komitee «Stadttunnel-JA» favorisiert die Variante «Direkt». Diese ist preiswerter und erreicht ebenfalls hohe Entlastungswerte beim querenden Durchgangsverkehr, der die täglichen Staus verursacht.
Zudem verursacht sie weniger Immissionen, dürfte technisch einfacher zu bauen sein und verursacht weniger Betroffene.
Nau.ch: Die Kosten belaufen sich laut Schätzungen des Stadtrats auf 930 Millionen, respektive 740 Millionen Franken. Ist das eine sinnvolle Investition, wenn man Kosten und Nutzen gegeneinander abwägt?
Marianne Fassbind: Schaut man sich andere Umfahrungen im Kanton an, die in jüngster Zeit realisiert wurden, dann ist es an dieser seit Jahrzehnten verkehrstechnisch neuralgischen Stadt eine angemessene und notwendige Investition, die schon längst fällig ist.
Der Nutzen ist offensichtlich: Mit einem Tunnel bringt man rund 50 % des Verkehrs unter den Boden und schafft so Platz für modernen städtischen Lebensraum, den ÖV, den Langsamverkehr und die Fussgänger. Davon profitieren alle.
Nau.ch: Wer kommt für die anfallenden Kosten des Projekts auf?
Marianne Fassbind: Das Geld kommt aus dem kantonalen Strassenbaufond, gespiesen wird dieser aus Abgaben auf Treibstoffen und den Verkehrssteuern, also letztlich vom Bund. Wer kein Motorfahrzeug hat, zahlt somit nichts.
Schaffen wir es nicht, dass unser Verkehrsproblem endlich gelöst wird, werden diese Mittel im übrigen Kanton verbaut. Diese Mittel sind zweckgebunden und können nicht anderweitig eingesetzt werden.
Nau.ch: Gibt es keine alternativen, günstigeren Lösungen?
Marianne Fassbind: Schon 1986 wurde die erste Ingenieurgemeinschaft «Transit» gegründet. Seither wurde immer wieder geplant und vorgelegt, also seit bald 40 Jahren. Bei den öffentlichen Mitwirkungen wurden über 50 Ideen bearbeitet.
Ein Portal in Hurden mit Seetunnel wurde ebenso versenkt wie eine Tunnelvariante Ost über das Zentrum Jona. Machbarkeitsstudien und Zweckmässigkeitsbeurteilungen des Kantons führten letztlich zu den zwei vorliegenden Varianten.
Alles andere hat sich als nicht zielführend oder nicht machbar erwiesen, auch weil sich die Nachbarkantone Schwyz und Zürich nicht ernsthaft an der Lösung des überregionalen Problems beteiligen.
Fazit: Nach mehreren Jahrzehnten Studien und Analysen hat niemand eine günstigere Lösung mit einer vergleichbaren Wirkung gefunden, ausser den Individualverkehr einzuschränken oder gleich zu verbieten.
Nau.ch: Das Tunnel-Projekt geht das Problem mit dem stärker werdenden Verkehrsaufkommen nicht direkt an. Ist ein Tunnel nicht eine kurzfristige Lösung, beziehungsweise müsste der Individualverkehr nicht durch andere Massnahmen reduziert werden?
Marianne Fassbind: Das sehen wir anders: Erstens geht der Tunnel ja gerade die aktuelle und zukünftige Verkehrsentwicklung an und zweitens ist er alles andere als eine kurzfristige Massnahme, ganz im Gegenteil.
Wir stehen auch dafür ein, dass in den 12 bis 15 Jahren bis zu einer allfälligen Fertigstellung viele «Ohnehin-Massnahmen» getroffen werden müssen. Diese lassen sich aber im Wissen, ob ein Tunnel kommt oder nicht, gezielter umsetzen.
Schade ist, dass das in Aussicht gestellte Einbahnsystem eines Grosskreisels anscheinend nicht zur Verkehrsverflüssigung taugt. Andere Massnahmen haben bei weitem nicht den gleichen Impact und basieren auf Einschränkungen, Verboten und «Umerziehung» der Bevölkerung im Mobilitätsverhalten.
Ob das die Bürger und Bürgerinnen wollen, wagen wir zu bezweifeln. Und ein Roadpricing-Tarif würde zu einer Zweiklassen-Mobilitätsgesellschaft führen.
Nau.ch: Wie stark wird die Bevölkerung während des Baus in ihrem Alltag eingeschränkt sein?
Marianne Fassbind: Diese Frage lässt sich ohne ein ausgearbeitetes abstimmungsreifes Vorprojekt beim besten Willen nicht seriös beantworten und hängt auch massgeblich von der gewählten Variante ab.
Zweifellos wird es über längere Zeit Betroffene, Einschränkungen und Immissionen geben, wie immer bei grösseren Bauvorhaben; auch bei privaten Grossprojekten.
Genauer abschätzen lassen sich solche Einschränkungen aber erst beim Vorliegen eines entscheidungsreifen Projekts. Alles andere ist Spekulation und negative Stimmungsmache im Vorfeld dieser Abstimmung.
Zur Person
Marianne Fassbind (63) setzt sich als Co-Präsidentin des Komitees «Stadttunnel Ja» für den Bau des neuen Stadttunnels ein. Sie war als Stadträtin der Stadt Rapperswil für die FDP von 2000 bis 2004 im Einsatz.