Die Veranstaltung Gewerbe@OST zeigt, wie kleine und mittelgrosse Unternehmen neue Arbeitsformen in der Praxis umsetzen. Ein Rezept dafür gibt es aber nicht.
Mann im Homeoffice
Homeoffice: Die Arbeitswelt hat sich durch die Pandemie gewandelt. - dpa-infocom GmbH

«Die Arbeitswelt ist im ständigen Wandel», sagte Gian Bazzi, Präsident des städtischen Gewerbeverbands, einleitend.

«Viele Arbeitnehmende wünschen sich eine flexible Gestaltung der Arbeitswelt. Dies wiederum ist für die Arbeitgebenden eine Herausforderung, weil sie einen attraktiven Arbeitsplatz anbieten wollen.»

Was also ist die Lösung?

«Ein Kochrezept gibt es nicht»

Dieser Frage ging die Herbsttagung «Gewerbe@OST» am Abend des Dienstags, 27. August 2024, im Fachhochschulzentrum nach, eine Veranstaltung des Verbandes Gewerbe Stadt St.Gallen und des Kompetenzzentrums Wissenstransfer & Innovation (WTT) der OST – Ostschweizer Fachhochschule.

Rund 80 Gewerbler haben daran teilgenommen.

«Ein Kochrezept gibt es nicht», stellte Prof. Dr. Alexandra Cloots, Leiterin des IGQ Institut Gender & Diversity und ausgewiesene Expertin für neue Arbeitsformen, gleich zu Beginn klar.

Sie wolle vielmehr Denkanstösse vermitteln, weil «die Lösung» nur in Zusammenarbeit von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden entstehen kann.

Flexible Arbeitszeit als Attraktivitätsfaktor bei Unternehmen

Die Einstellung zur Arbeit sei einem ständigen, dynamischen Wandel unterworfen.

«Heute würden drei Viertel der Berufstätigen den Arbeitsalltag gerne flexibel gestalten.

Viele Unternehmen sind deshalb gezwungen, die Arbeitszeitmodelle zu überdenken und anzupassen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben», sagte die OST-Professorin.

Auch «New Work» braucht gemeinsames Regelwerk

Die Globalisierung, die Digitalisierung sowie die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der letzten 50 Jahre habe die traditionelle Form der Arbeit auf den Kopf gestellt – das Konzept der «New Work» sei daraus entstanden.

«‹New Work› heisst frei, selbstbestimmt, sozialkompetent im Sinne der Organisation, und sinnvoll zu arbeiten», erklärte Alexandra Cloots.

Es gehe vor allem um Sinnstiftung, Freiheit und Selbstständigkeit im Arbeitsalltag.

«Diese schöne, neue Arbeitswelt zu entwickeln, ist keine leichte Aufgabe. Man muss gemeinsam Regeln schaffen, damit sie gesund gelingt.»

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den Arbeitnehmenden auf Platz eins

In ihrem Vortrag erzählte Cloots von einem St.Galler KMU aus dem Baugewerbe, das die 4-Tage-Woche anordnete in der Annahme, dass dies von den Mitarbeitenden gewünscht werde.

Doch schnell habe sich eine Unzufriedenheit eingestellt, weil zu wenig Zeit für Pausen einberechnet wurde.

Schliesslich habe man sich auf eine 4½-Tage-Woche geeinigt – «Freitagnachmittag frei, weil auf der Baustelle dann sowieso nicht mehr viel läuft» –, und dies sei bei der Belegschaft sehr gut angekommen.

Aus einer Panelbefragung wisse man zudem, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den Arbeitnehmenden an vorderster Stelle stehe (52,1 Prozent der Nennungen), gefolgt von der Fokussierung auf den Menschen (29,8 Prozent) und der Gesundheit der Mitarbeitenden (27,6 Prozent).

Neue Arbeitsmodelle optimieren Prozesse und haben Mitarbeitende im Blick

An der Herbsttagung Gewerbe@OST gab Alexandra Cloots Einblick in die Beratung und Forschung der OST – Ostschweizer Fachhochschule.

Studierende hätten beispielsweise für die Brauerei Schützengarten und die Spitex St.Gallen neue Arbeitsmodelle ausgearbeitet, welche die Prozesse optimieren und die Arbeitszeiten besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abstimmen.

Ein anderes Projekt habe die «Arbeitskultur als Motor einer gelebten Chancengleichheit untersucht» – im Auftrag von Ikea Schweiz, Manor, Merkle Switzerland und dem Kaufmännischen Verband Schweiz.

Fokus Frauen in MINT-Bereichen und neue Arbeitswelten in Gemeinden

Ein weiteres Projekt entwickle «geeignete Instrumente zur Gewinnung und Bindung von weiblichen Fachkräften in Unternehmen aus dem MINT-Bereich»; Partnerunternehmen seien hier die Bühler AG, Infinicon, Linde Kryotechnik und Liip.

Und ein im Frühling 2024 gestartetes Projekt habe die neuen Arbeitswelten in Gemeinden (Degersheim, Egnach, Hefenhofen, Rheineck und Tübach) und kleinen Unternehmen (ASG-Technik Herisau, smartive AG) im Fokus.

«New Work» ist mehr als nur Homeoffice

Im Anschluss an das Referat zog Prof. Dr. Rigo Tietz, Leiter des Kompetenzzentrums Strategisches Management an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, ein Fazit:

«‹New Work› ist mehr als nur Homeoffice, ‹New Work› bietet flexible Arbeitszeiten.

Und ganz zentral an ‹New Work› ist, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden im Mittelpunkt steht.»

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