Kulturkreis Würenlos: «Jetzt erst recht!»
Zu Zeiten von Corona sticht jeder stattfindende Event ins Auge: Etwa das Open Air Kino des Kulturkreises Würenlos am 7./8. August.
Seit über 50 Jahren bringt der Kulturkreis Würenlos Leben in das Dorf Würenlos. Jährlich finden bis zu 12 Veranstaltungen in den Sparten Musik, Theater, Literatur, Wissen/Gesellschaft und Comedy statt. Kulturkreis-Präsident Roman Würsch spricht mit nau.ch über Kultur in Zeiten von Corona.
Nau.ch: Wie geht der Kulturkreis Würenlos mit Corona um?
Roman Würsch: Unsere Planung im Winter für die Saison war von der Pandemie noch völlig unberührt. Bis Februar lief das Programm 19/20 ganz normal, ab März mussten wir die letzten drei Events absagen, darunter den Auftritt von Slam Poeten Simon Libsig. Dadurch erlitten wir auch einen finanziellen Schaden. Wir konnten jedoch glücklicherweise einige Events – auch Libsig - in die neue Saison 20/21 verschieben.
Seit im Mai Events ab 300 Personen freigegeben wurden, haben wir uns entschlossen, die Saison zu starten und das Open Air Kino als ersten Event durchzuführen.
Nau.ch: Was erwartet die Besucherinnen und Besucher?
Roman Würsch: Wir zeigen zwei unterhaltsame Filme auf dem atmosphärischen Platz vor der alten Zentrumsscheune. Am Freitag steht die Woody Allen Produktion «Midnight in Paris» auf dem Programm. Passend zum Film servieren wir im Bistro hinter der Scheune den französischen Eintopf «Coq au Vin».
Am Samstag ist der deutsch Film «der Koch» nach einem Roman von Martin Suter zu sehen. Zu Ehren des indischen Hauptcharakter gibt es ein Curry.
Sicherheitstechnisch setzen wir auf mehr Abstand, die üblichen Hygieneregeln und Masken, zudem werden wir nach Möglichkeit Familien und alle, die zusammenwohnen, zusammensetzen. Die Besucher müssen sich registrieren.
Nau.ch: Warum setzt der Kulturkreis auf die Durchführung des Events?
Roman Würsch: Wir empfinden es als Grundbedürfnis des Menschen, gemeinsam Sachen zu erleben und darüber zu sprechen.
Der Lockdown hat uns bewusst gemacht, wie wichtig Ablenkung, Unterhaltung und Zusammensein ist. Wir finden darum: Jetzt erst recht!
Nau.ch: Mainstream oder Experiment – wo sehen Sie die Events des Kulturkreises?
Roman Würsch: Es ist immer eine Mischung von beidem. Uns gelingt ab und zu ein Coup, etwa das Engagement von Hazel Brugger, kurz bevor sie durchstartete. Der Abend war komplett ausverkauft.
Überraschend war, dass ein Abend mit der eher düsteren, französischen Filmproduktion «Home» zu einem Ansturm führte.
Manchmal setzen wir auch auf experimentelle Formate – etwa die «Stubete» in Würenloser Wohnzimmern. Solche Events sind immer ein finanzielles Wagnis. Trotzdem gehören sie für mich zu einem gelungenen Programm.
Nau.ch: Auf welchen zukünftigen Programmpunkt freuen Sie sich besonders?
Roman Würsch: Es wird ein vielseitiges Programm, darum fällt es schwer, einen Favoriten zu bestimmen.
Ich freue mich auf das Blueskonzert der nigerianischen Sängerin Justina Lee Brown, die vom gebürtigen Badener Gitarristen Nic Niedermann begleitet wird. Das findet draussen statt, wenn das Wetter im September mitspielt.
Sehr gespannt bin ich auf die szenische Lesung zur Schweizer Autorin Annemarie Schwarzenbach, die ich genial finde. Schauspielerin Silvia Jost und Autor Andreas Berger werden versuchen, sich ihr anzunähern.
Nächstes Jahr im März wird ausserdem Franz Hohler bei uns auf der Bühne stehen. Das ist natürlich ein absolutes Highlight.
Nau.ch: Der Kulturkreis Würenlos setzt sich auch mit der Geschichte von Würenlos auseinander. Er veröffentlicht die Würenloser Blätter, die jeweils ein Thema aus der Dorfgeschichte aufgreifen.
Roman Würsch: Sie waren damals der Grund, dass ich auf den Kulturkreis aufmerksam wurde. Ich schrieb als Journalist Beiträge und redigierte die zwei Ausgaben Würenloser Blätter.
Aktuell ist unser Engagement für die «Blätter» leider etwas eingeschlafen – es fehlen uns Zeit und Ressourcen.
Nau.ch: In der Sparte Wissen und Gesellschaft wurden auch Siedlungspolitik und Dorfentwicklung diskutiert.
Roman Würsch: Die Würenloser sehen sich selbst als Dorf, und tun sich schwer mit der Einsicht, dass sie schon lange Teil einer Agglomeration sind. Dabei sind Gespräche über Siedlungspolitik hochaktuell!
Die letzte grosse Podiumsdiskussion liegt schon länger zurück. Im Zusammenhang mit der Überbauung der Zentrumswiese und der Limmattalbahn wäre es aber sicher spannend, wieder etwas zu veranstalten.