Bob Dylan

Bob Dylan: 17 Minuten Erinnerung an die Sixties

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USA,

Ist Bob Dylans Kreativität mit Mitte/Ende 70 doch noch nicht versiegt? Diese Frage vieler Fans beantwortet das Songwriter-Genie mit seinem epischen neuen Song «Murder Most Foul» zwar noch nicht endgültig. Aber man darf immerhin hoffen.

Aus dem Nichts heraus: Bob Dylan meldet sich mit einem neuen epischen Song zurück. Foto: Vince Bucci/AP/dpa
Aus dem Nichts heraus: Bob Dylan meldet sich mit einem neuen epischen Song zurück. Foto: Vince Bucci/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es gab schon begründete Zweifel, ob der wohl grösste Songdichter aller Zeiten sich nochmal zu einem würdigen Alterswerk aufraffen kann - nun hat Bob Dylan (78) Hoffnungen auf einen späten Album-Geniestreich geweckt.

Überraschend, quasi aus dem Nichts (und damit irgendwie typisch für ihn), hat der legendäre Musiker einen neuen Song veröffentlicht. Und was für einen: Mit fast 17 Minuten Laufzeit gehört «Murder Most Foul» in der langen Reihe epischer Dylan-Lieder zu den ausuferndsten.

Verbunden mit ungewohnt herzlichem Dank an seine treuen Fans (von denen viele sich gern als «Dylanologen» bezeichnen lassen), schrieb der exzentrische Musiker am Freitag auf seiner Webseite: «Hier ist ein unveröffentlichter Song, den wir vor einiger Zeit aufgenommen haben und den ihr interessant finden könntet.» Vermutlich mit Blick auf die Corona-Krise, aber wie so oft etwas rätselhaft, fügte Dylan hinzu: «Passt auf euch auf, seid wachsam und möge Gott mit euch sein.»

In «Murder Most Foul» besingt der Literaturnobelpreisträger zunächst das mörderische Attentat auf den populären US-Präsidenten John F. Kennedy vor 57 Jahren - ein verheerendes amerikanisches Trauma, das weit über diese Ära hinausging: «Es war ein schwarzer Tag in Dallas, im November 1963. Der Tag, der für immer mit Schande verbunden sein wird», raunt Dylan in seinem typischen Sprechgesang zu dezenter Piano- und Streicherbegleitung. Und weiter: «Ein guter Tag zum Leben und ein guter Tag zum Sterben.»

Von den Beatles über Woodstock bis zu John Lee Hooker, Marilyn Monroe und Charlie Parker - mit vielen bekannten Künstlernamen, Liedtiteln und Ereignissen garniert Dylan danach liebevoll seine formidable Beschreibung des Lebensgefühls der Sixties. Seine Stimme klingt oft zärtlich bei all diesen Erinnerungen - sie hat nichts vom nasalen Keifen und wütenden Bellen, mit dem der Sänger bei Konzerten gern mal seine altbekannten, den Fans fast heiligen Songs zerrupft. «Murder Most Foul» - das ist Storytelling auf höchstem Niveau, ohne dass sich in dem refrainlosen Lied musikalisch viel ereignet.

Zuletzt hatte der ikonische Songschreiber («Blowin' In The Wind», «Like A Rolling Stone») 2012 ein Album mit eigenen neuen Liedern veröffentlicht. Auf das herausragende «Tempest» folgten mehrere Platten, in denen er zu launiger Bandbegleitung Fremdmaterial aus Jazz, Swing, Folk und Blues interpretierte. Auch die meisten Dylan-Fans unter den Popkritikern waren nur mässig begeistert, viele Fans sehnten ein Ende des Nachsingens von «ollen Kamellen» herbei.

Als erster Musiker erhielt der damals 75 Jahre alte US-Amerikaner aus Duluth/Minnesota 2016 den Literaturnobelpreis. Dylans sonderbares Verhalten rund um die Verleihung der wichtigsten kulturellen Auszeichnung der Welt war nervenaufreibend. Neue Musik kam aber auch nach dieser ultimativen Ehrung eines grandiosen Lebenswerks nicht auf den Markt. War Dylans Kreativität versiegt?

«Murder Most Foul» deutet nun darauf hin, dass Robert Allen Zimmerman (so Dylans Geburtsname) doch ein ewiger Baumeister des Songs bleibt. Am 24. Mai wird er 79 Jahre alt und ist weiterhin ständig auf der Bühne zu bewundern - auch wenn die «Never Ending Tour» wegen der Corona-Pandemie zuletzt für Japan abgesagt und verschoben werden musste. Am 4. Juni soll Dylans rastlose Konzertreise in Bend/Oregon aber weitergehen, 25 US-Termine sind bis Mitte Juli gelistet.

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