Der steile Aufstieg von Zoe Wees
Das Wichtigste in Kürze
- Der britische Moderator James Corden gehört zu den bekanntesten Late-Night-Talkern im US-Fernsehen.
In Deutschland ist er vor allem durch seine «Carpool Karaoke»-Clips auf YouTube bekannt, in denen er mit Prominenten im Auto singt.
Vor einer Woche begrüsste Corden in seiner Show erstmals eine junge Sängerin aus Hamburg: die 18-jährige Zoe Wees.
Die Musikerin, die für die US-Sendung aus Deutschland zugeschaltet worden war und vor einer kahlen Wand sass, präsentierte auch ihren Hit «Control». Die kraftvolle Popballade, die sie bereits vor rund einem Jahr in Deutschland veröffentlicht hatte, schaffte es auch dank des Streamingdienstes Spotify in die Charts anderer europäischer Länder - unter anderem in Italien, Frankreich und Belgien.
Das nächste Ziel lautet nun also: Amerika. «Ich habe von Anfang an eine internationale Karriere angestrebt und wollte das gar nicht auf Deutschland begrenzen», erzählt Wees im Interview der Deutschen Presse-Agentur selbstbewusst. «Wenn man die ganze Welt erreichen kann, warum nicht?»
Doch woher kommt der deutsche Pop-Export, den hierzulande noch nicht alle Musikfans kennen dürften? Wees wuchs im Hamburger Stadtteil Dulsberg auf und schreibt schon seit jungen Jahren eigene Songs. Mit 14 machte sie bei der Sat.1-Show «The Voice Kids» mit, in der sie selbst vom damaligen Gastjuror Ed Sheeran gelobt wurde.
«Ich habe dort viel gelernt und coole Leute kennengelernt. Aber für mich war es nicht der richtige Weg, meine Karriere über eine Castingshow aufzubauen. Ich weiss auch nicht, ob das so langanhaltend gewesen wäre», sagt der Teenager heute.
In der Kindheit litt Wees an Rolando-Epilepsie, einer Form der Epilepsie mit schlimmen Krampfanfällen. Über den Kontrollverlust, den sie in diesen Phasen erlebte, singt sie in «Control». Die Debütsingle widmete sie ihrer Grundschullehrerin, die sie in dieser Zeit unterstützte.
Und auch der Nachfolger «Girls Like Us» ist persönlich. Darin singt die Songwriterin über den Druck der Gesellschaft auf junge Mädchen, einem gewissen Schönheitsideal zu entsprechen. Ein Gefühl, das sie kennt. «Ich habe früher immer mit mir selbst gekämpft, bin mit geschlossenen Augen durch die Welt gegangen und habe nicht gesehen, wie wunderschön ich bin», erzählt die Hamburgerin.
Der internationale Erfolg hat sicher auch damit zu tun, dass Wees gesanglich und optisch heraussticht. Ein deutscher Akzent ist in ihrer Gesangsstimme nicht zu erkennen, ausserdem verzichtet sie bisher auf seichte Liebeslieder, sondern überzeugt mit tiefgründigeren Botschaften.
Themen wie Körperliebe («Body Positivity») und Selbstakzeptanz erinnern an die afroamerikanische Erfolgssängerin Lizzo (32, «Juice»). «Momentan würde ich sagen, dass ich niemals einen Song über Dinge schreiben werde, die ich nicht selbst erlebt habe. Das kann ja gar nicht echt sein», betont Wees.
Die Corona-Pause hat die Musikerin genutzt, um an ihrem ersten Album zu arbeiten. Und wo soll die steile Karriere hinführen? Gern in ihre Lieblingsstadt London und die US-Show von Ellen DeGeneres. Dann würde sie aber lieber als Gast im Studio in Los Angeles sitzen - und nicht vor einer kahlen Betonwand in Hamburg.