Die neue Härte von Nino de Angelo

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Deutschland,

Eine Scheibe Unheilig, eine Prise Joachim Witt: Mit «Gesegnet und Verflucht» zeigt Nino de Angelo der Welt eine neue Seite. Doch auch die kommt nicht ganz ohne seinen Mega-Hit aus den 80ern aus.

Auf seinem neuen Album erinnert Nino de Angelo an Unheilig und Joachim Witt. Foto: Franz Schepers/Ariola/Sony Music/dpa
Auf seinem neuen Album erinnert Nino de Angelo an Unheilig und Joachim Witt. Foto: Franz Schepers/Ariola/Sony Music/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Natürlich hängt «Jenseits von Eden» weiterhin wie ein Damoklesschwert über seinem Schaffen - Fluch und Segen zugleich.

Nino de Angelos einziger Nummer-eins-Hit hat mittlerweile fast 40 Jahre auf dem Buckel.

Nun hat der Sänger die Ballade frisch aufgemotzt, damit sie sich dem Sound seiner neuen Platte anpasst. Auf dem Album «Gesegnet und Verflucht» lässt der 57-Jährige sein Schlager-Image vollends hinter sich und dreht die Regler in Richtung eines orchestralen Dark-Metal.

Schon lange bemüht sich de Angelo, der eigentlich Domenico Gerhard Gorgoglione heisst, um einen neuen Stil. «Rock wollte ich schon immer, aber man liess mich nicht richtig», sagt der Sänger mit italienischen Wurzeln der Deutschen Presse-Agentur.

Die Versuche, etwa mit Blues oder Swing dem Schlager den Rücken zu kehren, waren indes nur halbherzig. «Das war in der Vergangenheit kein Fisch, kein Fleisch.» Jetzt ein neuer Anlauf. Diesmal unüberhörbar in der Ästhetik etwa von Unheilig («Geboren um zu leben») oder Joachim Witt («Die Flut»).

Als de Angelo mit dem Titelstück «Gesegnet und Verflucht» im Herbst einen Vorgeschmack liefert, zieht er mächtig Aufmerksamkeit auf sich. Mittlerweile wurde das Video millionenfach im Netz abgerufen. «Der Song beschreibt diesen ewigen und ständigen Kampf mit sich selbst», sagt der Sänger. Für ihn geht es um eine Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. «Wenn du oben bist ist alles einfach, wenn's nach unten geht, bezahlst du dreifach», heisst es in dem Song.

Als de Angelos Karriere beginnt, ist er noch ein Teenager. Mit seinem Schmachtfetzen «Ich sterbe nicht nochmal» tritt er 1983 erstmals in der ZDF-Hitparade von Dieter Thomas Heck auf. Einen Tag nach seinem 20. Geburtstag stellt er dort dann «Jenseits von Eden» vor - und kauft Schlagergrössen wie Udo Jürgens und Vicky Leandros den Schneid ab. Seine tiefsanfte Stimme, Pop mit orchestralen Anleihen und ein Text ohne schlagertypische Stanzen lässt die Komposition des legendären Drafi Deutscher Richtung Chartsspitze durchstarten.

Und das in einer Zeit, in der die Neue Deutsche Welle über Deutschland rollt. Es scheint der Beginn einer hoffnungsvollen Karriere. Doch es kommt alles anders. «Nach «Jenseits von Eden» ging die Talfahrt eigentlich los», sagt er heute. «Ich habe mich auf meinen Lorbeeren ausgeruht, denn ich wusste: Ich bin ein begnadeter Sänger.» Aus seinem Talent habe er nicht das herausgeholt, was er für sich erhofft hatte. «Eigentlich war ich eine faule Sau.»

Zwar erreicht er in den 80ern noch gewisse Achtungserfolge etwa mit «Atemlos» oder den von Dieter Bohlen geschneiderten Titeln «Samuraj» und «Flieger», mit dem er 1989 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson (heute ESC) im hinteren Mittelfeld landete. Doch einen fortwährenden Aufschwung gibt es nie.

Im Gegenteil: Die Geschichten in den Zeitungen drehen sich häufiger um de Angelo selbst als um seine Musik. Und sie reichen für mehrere Leben: Vier Ehen und vier Scheidungen, Konflikte mit der Justiz. Spielschulden, Kokain, Alkohol, Krebserkrankungen, Privatinsolvenz, «Promi Big Brother».

Vergangenen Herbst macht er öffentlich, an COPD erkrankt zu sein. Ein Leiden, das Lungenbläschen zerstört und das Atmen erschwert. «Es schränkt mich sehr ein», gibt er zu. Noch ein Drangsal, dem er sich mit seiner neuen Musik stellt.

Und dieses Image ist nun auch auf Anhieb ersichtlich. «Blessed» («Gesegnet») und «Cursed» («Verflucht») hat er sich auf die Handrücken tätowieren lassen. In Tinte über der Brust prangt schon länger mit «Semper fidelis» sein Bekenntnis zu «ewiger Treue». De Angelos Haare und Vollbart sind schlohweiss, die Stirn zerfurcht.

Auf der neuen Platte schmiegt sich Ballade an Ballade, darunter eine Vertonung des berühmten Rilke-Gedichts «Der Panther» und als Rausschmeisser eben «Jenseits von Eden». Über den 13 Songs liegt eine dunkle Stimmung aus epischen Streichern und ausbrechenden Harmonien. Die Klarheit von de Angelos Stimme ist mittlerweile einer Verknarztheit gewichen, die durchaus zum musikalischen Stil passt.

Im Weltschmerz-Titel «Zeit heilt keine Wunden» singt er: «Ich will nur mein Leben zurück.» So schaut de Angelo positiv in die Zukunft. Seit einigen Jahren wohnt er bei seiner Freundin auf einem Pferdehof im Allgäu. «Es war die beste Entscheidung überhaupt gewesen», sagt er. «Gesundheitlich, seelisch und auch hinsichtlich des Herzens.»

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