Dua Lipa triumphiert auf «Radical Optimism»
Das dritte Studioalbum von Dua Lipa heisst nicht zufällig «Radical Optimism». Die 28-Jährige hat das Konzept des positiven Denkens zu ihrem Lebensmotto gemacht.
Für ihr drittes Album hat Dua Lipa mit Indie-Star Tame Impala zusammengearbeitet. Mit erstaunlichen Ergebnissen. Im Interview spricht die Popsängerin über Inspiration, Hoffnung und Optimismus.
Nicht zufällig heisst das dritte Studioalbum von Dua Lipa «Radical Optimism». Die 28-Jährige hat das Konzept, selbst in schwierigen Situationen positiv zu denken, zu ihrem Lebensmotto erklärt. «Ich versuche immer, wirklich immer, optimistisch zu bleiben, egal was passiert», sagte Lipa im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London.
Fast 100 Songs gesammelt
«Das ist nicht immer leicht. Manchmal läuft einfach alles schief und trotzdem muss man durchhalten.» Zumindest von aussen betrachtet läuft derzeit alles rund für die britisch-albanische Sängerin. Mit ihrem perfekt produzierten Disco-Pop-Album «Future Nostalgia» stieg sie zum Weltstar auf. Neben ihrer Popkarriere ist die mehrfache Grammy-Gewinnerin unter anderem als Model, Podcasterin und neuerdings auch in Nebenrollen als Schauspielerin in Hollywoodfilmen («Barbie», «Argylle») aktiv.
Fast 100 Songs hatte Dua Lipa in ihrem Notizbuch gesammelt – viele davon, bevor sie mit «Future Nostalgia» auf Tournee ging. «Ich habe einfach geschrieben, bis mir klar wurde, wo es hingehen soll», sagt sie. Erst durch die Arbeit mit Kevin Parker, besser bekannt als kreatives Genie hinter dem Namen Tame Impala, nahm das neue Album Gestalt an. Produzent Danny Harley, Songwriter Tobias Jesso Jr. und Songwriterin Caroline Ailin, die schon die Hitsingles «New Rules» und «Don't Stop Now» mit Lipa schrieb, waren ebenfalls beteiligt.
«Als ich 2022 mit Kevin gearbeitet habe, war die erste Session ein Aha-Erlebnis», erzählt Lipa. «Kevin, Danny, Tobias, Caroline und ich haben das Lied ‹Illusion› geschrieben. Am nächsten Tag haben wir ‹Happy for You› geschrieben, und am nächsten Tag ‹Watcha Doing›. Da wurde mir klar, in welche Richtung wir gehen.»
Neues ausprobieren
Die erste von drei vorab veröffentlichten Singles – «Houdini» – suggerierte mit analogen Synthesizern und markanten Keyboard-Riffs einen etwas anderen dunkleren Sound. Hingegen war die zweite Single – «Illusion» – der fast schon erwartbare Dua-Lipa-Klubhit und wirkte mit Anleihen von French House wie ein Überbleibsel des polierten «Future Nostalgia». Das progressive Synthesizer-Solo von «Illusion» deutete allerdings an, dass sie neue Dinge ausprobieren könnte.
Die launige Latin-House-Nummer «End of an Era» leitet das dritte Studioalbum von Dua Lipa schwungvoll ein und bleibt, wie die meisten der folgenden Lieder, sofort im Ohr. Die 28-Jährige verarbeitet Erfahrungen aus ihrem eigenen Liebesleben – über das sie nicht sprechen möchte – und singt über voreilige Schlüsse und dass sie «hopelessly romantic» sei. Ist sie wirklich eine hoffnungslose Romantikerin? Lipas Antwort: «Ich würde mich gern als hoffnungsvoll bezeichnen.»
Sicher auch dank Parkers Einfluss fasziniert «Radical Optimism» mit reichhaltigen Klangwelten, die man von Dua Lipa bisher nicht kannte. Vom sommerlichen, groovigen Pop mit fröhlichem 80er-Jahre-Synthesizer («Watcha Doing») über raffinierten Trip Hop («French Exit») bis zur treibenden Disco-Ballade, die stilistisch irgendwo zwischen Giorgio Moroder und Eurovision-Kitsch liegt («Falling Forever») – das Album wird nicht langweilig und klingt jederzeit lebhaft.
«Ich liebe diesen freien Fluss, die Melodie»
«Nachdem ich im Jahr 2022 so lange auf Tour war, habe ich mich noch mehr in die Liveversionen der Songs verliebt», erzählt die Sängerin. «Und deshalb war es mir wichtig, Liveinstrumente zu haben, etwas Organisches, einfach in einem Raum mit einer Gruppe von Leuten zu sein und sich fast wie eine Band zu fühlen. So etwas hatte ich vorher nicht gemacht.» Das ist geradezu erfrischend.
Nicht eine konkrete Musikrichtung, sondern eine besondere Energie habe sie inspiriert, sagt Lipa. «Screamadelica» von Primal Scream, «Dummy» von Portishead und die Alben von Massive Attack habe sie sehr häufig gehört. «Ich liebe diesen freien Fluss, die Melodie», schwärmt die Sängerin, «die Gefühle, die das in mir auslöst, die Euphorie, die ich beim Hören verspürt habe. Und das war die Energie, die ich auch mit meinem Album vermitteln wollte.» Gesagt, getan.
Einer der wichtigsten Popstars der Gegenwart
In einer Zeit, in der Songs für den Spotify-Algorithmus geschrieben werden, sieht Dua Lipa das Album als Gesamtwerk. «Es ging mir darum, dass klanglich ein Song zum nächsten führt und ich die Leute auf eine Reise mitnehme.» Dass sich viele Fans einzelne Lieder rauspicken werden, ist ihr natürlich bewusst. «Ich hätte liebend gern, dass die Leute es in einem Rutsch hören, aber ich kann nicht kontrollieren, wie sie ihre Musik hören. Ich kann es nur so präsentieren, wie ich mir wünschen würde, dass sie es hören.»
Die mitreissenden neuen Lieder von Dua Lipa sind den Mengen von mittelmässigen Popsongs, die regelmässig die Charts füllen und deren Interpreten die Ablösung durch künstliche Intelligenz ernsthaft fürchten müssen, qualitativ meilenweit voraus. Mit «Radical Optimism» bestätigt Dua Lipa ihren Status als einer der wichtigsten Popstars der Gegenwart. Ihr drittes Studioalbum ist ihr bislang bestes.