Matthias Reim: Niemand glaubte an «Verdammt, ich lieb' dich»
Über 30 Jahre nach dem Durchbruch und der Geburt des ersten Kindes knüpft Matthias Reim mit einem neuen Album an frühere Erfolge an und wird noch einmal Vater.
Das Wichtigste in Kürze
- Matthias Reim ist ein erfolgreicher deutscher Schlagersänger.
- Mit «Verdammt, ich lieb' dich» feierte er riesige Erfolge.
- Im Interview erzählt er vom Leben und die bevorstehende Geburt seines siebten Kindes.
«Verdammt, ich lieb' dich» katapultierte Matthias Reim (64) 1990 an die Spitze der Charts. So steil der Aufstieg, so tief später der Fall. Der Sänger, Songtexter und Komponist hat sich aber nie unterkriegen lassen, sondern erfolgreich zurückgekämpft.
Aktuell feiert er mit Titeln wie «4 Uhr 30», «Blaulicht» oder «Nächsten Sommer» aus dem am 14. Januar erschienenen Album «Matthias» einen Hit nach dem anderen.
Auch privat läuft es im wahrsten Sinne des Wortes rund: Seine Frau Christin Stark (32) steht kurz vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes. Für Reim ist es bereits das siebte Kind. Wie er sich vorbereitet und warum sein grösster Hit beinahe im Papierkorb gelandet wäre, verrät er im Interview.
Matthias Reim, einer der Songs auf Ihrem neuen Album heisst «Reisen durch die Zeit». Tun Sie das gedanklich auch hin und wieder?
Matthias Reim: Sehr gerne sogar! Und während der zurückliegenden Lockdowns hatte ich auch endlich wieder mal ausreichend Musse dazu. Da dachte ich zum Beispiel an meinen ersten USA-Urlaub mit meiner damaligen Freundin Anfang der Achtzigerjahre zurück. Diese wunderbaren Erinnerungen habe ich dann in dem Song verarbeitet.
Geniessen Sie bei solchen «Zeitreisen» auch das sanft-wehmütige Gefühl?
Matthias Reim: Nein! Wenn ich zurückblicke, dann geschieht das immer mit einem Lächeln auf meinen Lippen. Ich bin überhaupt kein Melancholiker und lasse dieses Gefühl auch ganz bewusst nicht zu.
Und warum?
Matthias Reim: Weil mein Leben nun mal zuweilen eine ganz schöne Achterbahnfahrt war. Ich musste privat und beruflich heftige Tiefschläge wegstecken, wo ich heute nur noch denke: «Oh, mein Gott! Wahnsinn, dass du da so gut wieder herausgekommen bist.» Gefühle wie Melancholie oder ein wehmütiges Zurückblicken auf die Vergangenheit entkräften mich da nur.
Ihr Überhit «Verdammt, ich lieb' dich» wurde 2,5 Millionen Mal verkauft. Er belegte 16 Wochen die Nummer Eins der deutschen Singlecharts. Hatte im Vorfeld eigentlich irgendjemand an so einen Erfolg geglaubt?
Matthias Reim: Ich weiss noch genau, wie der Chef der damaligen Plattenfirma sich den Song anhörte und dann sagte: «Also ich glaube nicht dran! Aber von mir aus klatscht das Ding einfach mal an die Wand und wir schauen, ob es kleben bleibt.» Dann ging er grinsend wieder aus dem Büro. Wir sind übrigens heute noch Freunde. (lacht)
Warum hatte 1990 niemand das Potenzial des Songs auf dem Zettel?
Matthias Reim: Weil er gegen fast alle Regeln der damaligen Chartgesetze verstiess. Nichts in der Nummer passte zu dem damals angesagten Hitsound: nicht das Tempo, das Gitarrensolo oder das Intro ohne jeglichen Beat. Aber manchmal ist es eben genau der richtige Weg, gegen alle Regeln zu verstossen.
Nach dem Durchbruch lief es erstmal wie am Schnürchen. Dann ging es immer mehr bergab. Wie sehr hat Ihnen der Karriere-Absturz Ende der Neunzigerjahre den Boden unter den Füssen weggezogen?
Matthias Reim: Das war für mich nicht schlimm, weil ich immer eine Gelassenheit in mir hatte und mein Schicksal immer schnell akzeptierte. Selbst als ich in Dresden vor nur 13 Fans ein Konzert gespielt habe, hatte es mir immer noch Spass bereitet. Als ich später am Abend noch ein Bierchen trank, dachte ich mir allerdings: «Blöd! Was machst du denn jetzt, wo dich niemand mehr hören möchte?»
Hatten Sie damals einen Plan B?
Matthias Reim: Ich konnte mit dem Absturz ganz gut umgehen. Ich war nie ein reiner Interpret. Ich war vor meinem Durchbruch als Songwriter und Produzent für Stars wie Bernhard Brink oder Roy Black erfolgreich.
Und ich wusste, dass meine Zeit im Rampenlicht erstmal nur begrenzt ist. Ich war ein Bravo-Popstar, der bei den ersten beiden Touren nur kreischende Teenies vor sich hatte. Und Teenies lassen ihre Idole besonders schnell wieder fallen.
Sehr bald werden Sie noch einmal Vater. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die neue Herausforderung?
Matthias Reim: Ich bin total entspannt, da ich mich heute selbst sehr gut kenne. Es ist für mich ja nicht das erste Mal. Deshalb weiss ich genau, was mich erwartet und wie das so ist: wenn das Baby plärrt und die Mama nicht mehr kann. Wenn sie mich deshalb noch mehr mit einspannen will, auch wenn ich da überhaupt keine Lust darauf habe. (lacht)
Am Ende ist Papa Matthias aber meistens doch zur Stelle?
Matthias Reim: Natürlich kann der Nachwuchs auch mal nerven, aber trotzdem helfe ich immer gerne, wann und wo ich kann. Dieses Grundgefühl ist einfach immer da: Diese tiefe Verbundenheit zu deinem Kind; die bedingungslose Liebe, die macht alles möglich. Ich kann es kaum noch erwarten, das kleine Wesen endlich mit meinen eigenen Augen zu sehen und kennenzulernen.
Wie geht es Ihrer Frau im neunten Monat?
Matthias Reim: So kurz vor der Geburt kann sich Christin kaum noch die Schuhe selbst zubinden. Geschweige denn halbwegs gerade auf der Couch sitzen, wenn wir zum Beispiel am Abend zusammen fernsehen. Aber sie freut sich riesig.
Sie macht das Beste aus der Tatsache, dass sie sich nur noch mit Mühe durch die Gegend schieben kann. Ich schaue dann immer wieder fasziniert auf ihren Bauch und denke mir: «Oh mein Gott, ich wäre viel zu feige dazu, ein Baby auf die Welt bringen zu können. Ich habe ja schon Angst vorm Zahnarzt. Wenn wir Männer Kinder zur Welt bringen müssten, hätten wir wahrscheinlich ein grosses Problem. (lacht)
Können Sie sich auch vorstellen, ganz Hausmann zu sein?
Matthias Reim: Dafür ist meine Vorstellung von einer Familie und mein männliches Rollenbild zu traditionell. Einen Haushalt und eine Familie komplett schmeissen? Das könnte ich definitiv nicht!
Viel lieber ginge ich in den Wald und schiesse das Wild, um alle ernähren zu können. Oder ich hole neues Holz fürs Feuer. Darin bin ich wirklich gut, wobei auch ich mich mit den Jahren weiterentwickelt habe. Inzwischen kann natürlich auch ich Windeln wechseln oder den Kinderwagen aufbauen.
Frisch gebackene Väter müssen belastbar sein: Wie halten Sie sich fit?
Matthias Reim: Ich habe mir vor einiger Zeit im unteren Bereich unseres Hauses mein eigenes, kleines Fitnesscenter eingerichtet: mit Profi-Kraftmaschinen, Laufband und Crosstrainer. Und in einer Ecke des Raumes steht eine riesige Box ...
Lassen Sie mich raten: Eine Lautsprecherbox?
Matthias Reim: Genau! Wenn ich drei bis vier Mal in der Woche trainiere, dann wackelt bei uns das ganze Haus. Dann gibt es dabei Rockmusik vom Feinsten und Härtesten: Ozzy Osbourne, Steve Walsh und Saxxon so laut, dass ich gar nicht anders kann, als körperlich Gas zu geben.
Mal alleine und mal mit Personal Trainer. Und in den Pausen zwischen den Sätzen pose ich dann mit Luftgitarre vor den grossen Spiegeln. Gut, dass mich dann niemand dabei sieht ... (lacht)