Ohrenschmeichler-Folkpop: Andy Shauf und Hello Emerson

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Deutschland,

Wer Folkpop gleichermassen ambitioniert und behaglich mag, liegt bei diesen beiden neuen Alben richtig. Der Kanadier Andy Shauf und der US-Amerikaner Sam Bodary alias Hello Emerson polstern ihre Lieder zu wahren Ohrenschmeichlern aus.

Andy Shauf hat seine neuen Songs etwas opulenter arrangiert. Foto: Colin Medley/dpa
Andy Shauf hat seine neuen Songs etwas opulenter arrangiert. Foto: Colin Medley/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • «The Neon Skyline» heisst das neue Album des Singer-Songwriters Andy Shauf: Das schicke schwarz-rote Cover-Artwork im Edward-Hopper-Stil strahlt zunächst auch tatsächlich einen urbanen Glamour aus, der dem Mann aus der kanadischen Provinz bisher gänzlich fehlte.

Die Lieder sind dann aber doch wieder typisch Shauf - wenn auch noch etwas opulenter arrangiert und sorgfältiger produziert als bisher von ihm gewohnt: Sanfte Melodien, sanft gestreichelte Gitarren, sanft getupftes Klavier, und über allem die sanften Vocals des 1986 in Estevan/Saskatchewan geborenen Musikers. Er kann ja auch kaum raus aus seiner Haut mit diesem immer an den grossen Elliott Smith erinnernden Trauriger-Junge-Gesang.

Shaufs viertes Soloalbum in gut zehn Jahren erscheint wieder beim angesehenen Indielabel Anti-, das den inzwischen 33-Jährigen mit seinen introvertierten Songs und dezenten Soundexperimenten gern gewähren lässt. Immer wieder schleichen sich hauchfeine Bläser-Arrangements in die zarten Harmonien («Thirteen Hours», «Things I Do», «Changer»), das Klangbild erhält so etwas Plüschiges und Chilliges, ohne je in plätschernde Seichtigkeit abzustürzen.

«The Neon Skyline» ist ein Konzeptalbum - Shauf erzählt eine (womöglich selbst erlebte) Geschichte über eine verflossene Liebesbeziehung. «These songs are fictional but it’s not too far off from where my life was», so der Songwriter. Also ausgedacht, aber doch nicht allzu weit weg vom eigenen wahren Leben.

Die bittersüsse Story schildert der Kanadier in elf Songs und knapp 35 Minuten mit viel Sensibilität - und mit wirklich wunderschönen, entspannenden Sounds. Auf diesem Weg zur Indiepop-Perfektion, der sich schon auf den Vorgängern «The Bearer Of Bad News» (2012) und «The Party» (2016) abzeichnete, darf Shauf gern weitergehen.

Ziemlich verschmitzt und gar nicht so trübsinnig wie manche Kollegen schaut Sam Bodary, der 25 Jahre alte Mastermind des Bandprojekts Hello Emerson, vom Cover seines zweiten Albums. Und auch seine Musik auf «How To Cook Everything» strahlt keinen klischierten Weltschmerz aus, sondern packt sofort countryesk zu (die Pedal-Steel im Opener «The Last Dinner») oder begeistert mit Spielfreude (die Solo-Mandoline im anschliessenden ««Edges And Corners»).

Das Wohlgefühl währt bis zum wuchtig anschwellenden, orchestralen Closer «Seat 16b». Wie bei Andy Shauf sind es auch hier die fabelhaften Band-Arrangements und eine tolle Stimme, die das wiederum beim kleinen Dresdner Label K&F erschienene Album von Hello Emerson weit über Folkpop-Normalmass hinwegheben. Bodary, der Frontmann aus Columbus/Ohio, hat einen Hochschulabschluss in Literaturwissenschaften, kann also auch Texte schreiben.

Zusammen mit Jack Doran (Keyboards) und Daniel Lawrence Seibert (Drums/Percussion), die den Kern seines Projekts bilden, hat er «How To Cook Everything» als Puzzle aus Beiträgen von rund 50 Teilnehmern zusammengesetzt. Oder, dem Albumtitel entsprechend, als leckeren, opulenten Eintopf - die jeweils verwendeten Instrumente werden im Booklet als «Ingredients» aufgezählt.

Das politischste Lied der Platte heisst «Am I The Midwest?»: Es erzählt von der Verzweiflung eines Menschen in den «Fly-over-Staaten» des Mittleren Westens der USA, in denen Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde. Ähnlich relevant: «Another War» - auch dieser Anti-Kriegs-Song mündet nie in wohlfeiler Larmoyanz oder Bitterkeit. Fazit: Bodary ist mit Hello Emerson nach dem schon vielversprechenden Debüt «Above The Floorboards» (2018) erneut ein sehr schönes, reichhaltiges Album geglückt.

Konzerte Andy Shauf: 30.3. Hamburg, Elbphilharmonie, 4.4. Berlin, Silent Green, 5.4. Köln, Luxor

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