Olivia Jones

Olivia Jones wünscht sich «mehr Sinnfluencer»

DPA
DPA

Deutschland,

Olivia Jones' offene Art, mit deftigen Sprüchen durch zahlreiche TV-Formate zu tingeln, sind unvergessen - wie auch ihr soziales Engagement für eine bunte Gesellschaft. Jetzt wird sie 52.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, 2.v.r.) und Dragqueen Olivia Jones (M). Foto: Gregor Fischer/dpa/Archivbild
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, 2.v.r.) und Dragqueen Olivia Jones (M). Foto: Gregor Fischer/dpa/Archivbild - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschlands wohl berühmteste Dragqueen ist aus der Bundesrepublik nicht mehr wegzudenken - dafür ist Olivia Jones auch viel zu gross und glitzert schon von weitem.

Viele von Jones' Show-Highlights haben sich trotz Informationsflut in den letzten Jahren tief ins Fernsehgedächtnis ihrer Fans verankert. Heute feiert die Entertainerin und Unternehmerin ihren 52. Geburtstag, wenn auch nicht auf grosser Bühne: «Ich bin ja ein Geburtstagsgrinch und feiere meinen Geburtstag grundsätzlich nicht. Ich konnte noch nie verstehen, was toll daran sein soll, schon wieder ein Jahr näher am Mindesthaltbarkeitsdatum zu sein», sagt Olivia Jones der Deutschen Presse-Agentur.

Zudem verbringe sie ja eigentlich jedes Wochenende so, wie vielleicht andere den jährlichen Geburtstag feiern. Ganz einem ihrer Lebensmotto nach: «Macht dein Ding» - wie auch Udo Lindenberg in einem seiner Songs singt. Beide sind übrigens gut befreundet und feiern gerne mal zusammen in einer von Jones fünf Kiezkneipen, schreibt sie in der Ende März im Rowohlt-Verlag erschienen Bestseller-Biografie «Ungeschminkt: Mein schrilles Doppelleben».

Dort berichtet sie auch von Nächten mit Heidi Klum, oder ihren 200 Paar Schuhen und 100 Perücken, die sie bei verschiedenen Friseuren bundesweit aufhübschen lässt - während sie gleichzeitig an teils ganz anderen Orten der Republik auftritt. Ähnlich praktisch beschreibt Jones die beiden Siliconbrust-Einlagen im Dekoltee: Während ihre Liebhaber diese mittags noch im Bett in den Händen halten können, setze Jones in der Küche nebenan schon mal den Kaffee auf. Früh morgens aufzustehen sei übrigens nicht ihr Ding, so Hamburgs Kiezlegende.

Was Jones tun und lieber lassen möchte, hat sie schon recht früh gemerkt: Im Niedersächsischen Springe wächst sie auf - lackiert sich auch mal während des Unterrichts mit ihrer besten Freundin die Fingernägel bunt. Dafür bekommt sie nicht nur Gegenwind von den Mitschülern. «Meine Mutter hat sich für mich geschämt. Sie parkte das Auto bewusst eine Strasse von der Schule weg, wenn sie mich abholte», sagte sie der Zeitschrift «Bunte» im Interview.

Die ersten grossen Auftritt absolviert Jones in der Diskothek «Alcazar» in Hannover. Mit 20 Jahren klopfte sie dann weiter an Hamburgs Clubs, Bars und Theatern. Weil sie nicht viel Geld hat, schneidert sie sich die Showkostüme zuerst selbst. Ihrer Mutter sagte Jones, dass sie nicht als Versicherungskaufmann, sondern Dragqueen ihr Geld verdienen wolle. «Einmal sagte sie in ihrer Verzweiflung zu mir, ich wäre Abschaum», so Jones.

Nach vielen Gesprächen mit ihrer Mutter und auch Therapeuten sei mittlerweile gegenseitiges Verständnis entstanden. Ihre Mutter ist heute eine ihrer besten Freundinnen. Und auch ihre Heimatstadt Springe habe sich weiterentwickelt. «Springe ist eine sehr tolerante Stadt geworden. Das war natürlich zu meiner Zeit als ich jung war etwas anders. Das waren einfach auch andere Zeiten, und ich finde es sehr schön, dass sich vieles verändert hat und dass ich Ehrenbürgerin bin zeigt ja, dass Springe auf dem richtigen Weg ist», sagte sie im Oktober in der NDR Talkshow.

Ganz ihrem zweiten Lebensmotto nach, welches sie auf der Social-Media-Plattform Instagram gepostet hat: «Krisen sind Mutproben, Neues zu wagen» - nur vielleicht nicht an jedem Ort: Als Olivia Jones und ihre Wahl-Familie für eine Show auf einem der TUI-Schiffe am Hamburger Hafen gebucht wird, fliegt ein Familienmitglied unter Deck beim Sex auf und erhält gleich lebenslanges Schiffsverbot. Im ersten Moment sei Jones «angefressen» gewesen. Heute kann sie gut ohne erhobenen Zeigefinger darüber lachen - auch weil ihre neue Biografie, in der sie darüber schreibt dieses Jahr ein Bestseller geworden ist. Wenn ihr Zeigefinger auftaucht, dann stets bunt lackiert um ein Mikrofon geschlungen - auch mal vor den Gesichtern sichtlich verdutzter NPD-Mitglieder auf einem Parteitage 2007 in Hannover.

Ganz Deutschland konnte über NPD-Anhänger lachen, die mit Hitlerfrisur, kurz angebundenen Statements oder auch einfach rat- und wortlos vor Olivia Jones' Mikrofon standen («Warum denn so angeekelt? Ist doch kein Problem, mein kleines braunes Häschen, oder?»). Unbeantwortet blieb ihr bis heute, wieso eine rechtsextreme Partei gewählt werden sollte.

Olivia Jones ist stolz darauf, dass gerade junge Menschen sie immer noch auf ihren Beitrag für die NDR Sendung «Extra 3» ansprechen: «Mir ist es wichtig, für meine Werte einzustehen. Ich bin ja keine Politikerin, aber ein politischer Mensch, und ich bin ganz froh, dass ich Olivia als Sprachrohr benutzen kann und mich einbringen kann, weil das ist ja das Tolle in einer Demokratie, dass wir alle mitgestalten können», sagte Jones im Oktober in der «NDR Talk Show».

So mischte sich Jones auch Anfang November ein, als zwei Partygäste vor der Hamburger «WunderBar» in St. Pauli von sechs Männern zuerst homofeindlich beleidigt werden und zwei von ihnen sie dann verprügelen. Die ganze Olivia-Jones-Familie habe sich sofort mit den Opfern solidarisiert und klare Kante gegen Hass und Gewalt gefordert, so Jones gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Der Vorfall habe sie zwar schockiert, aber nicht überrascht.

«Wir sagen seit Jahren, dass Homophobie kein ländliches Phänomen ist und es Gewalt gegen Schwule auch in Grossstädten gibt. Wir merken auch bei unserm Herzensprojekt «Olivia macht Schule», dass das Klima auch unter jungen Menschen wieder rauer wird.» Gerade Soziale Medien oder Messenger-Dienste wie WhatsApp wirkten oft wie Brandbeschleuniger, worüber mehr aufgeklärt werden müsse. Sowohl grosse Unternehmen, als auch jeder einzelne trage eine Verantwortung. «Auch bei den Dingen, die wir online teilen» so die Entertainerin.

Die heute 52-Jährige Jones hat sich neben dem Showparkett oft engagiert, könnte sich einen Job als Politikerin selbst jedoch nicht vorstellen. «Ich könnte nicht in die Politik, ich würde mit einer Schrotflinte wieder zurückkommen», erzählte sie in der «NDR Talkshow». Für die niedersächsischen Bündnis 90/Die Grünen wählt Jones Frank-Walter Steinmeier 2017 mit zum Bundespräsidenten. Vor Ort ist auch die Bundeskanzlerin, die Jones nach ihrem dicken Fell fragt. «Welches dicke Fell?», soll Merkel auf Jones Frage hin geantwortet haben. Jones bewundere diese Eigenschaft an ihr, glaube aber persönlich dem Druck in einem solchen Beruf nicht gewachsen zu sein.

Für ihr neues Lebensjahr wünscht sich Jones, dass die Pandemie 2022 nachlässt und die Welt und die Menschen wieder einen klaren Kopf bekommen und bewusster leben. «Auch umweltbewusster», sagt Jones. Dafür wolle auch sie sich im nächsten Jahr mit ihrer Familie mehr einsetzen. «Wir brauchen mehr Sinnfluencer als Influencer!»

Kommentare

Weiterlesen

a
18 Interaktionen

Mehr in People

Mehr aus Deutschland