Saxon feiern vier unglaubliche Metal-Jahrzehnte

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Deutschland,

40 Jahre Saxon - das feiert die Heavy-Metal-Band mit einem grossen Live-Album ab. Auch in Wacken darf gefeiert werden. Dort treten Saxon in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf.

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Die Pioniere der New Wave Of British Heavy Metal sind noch immer mit Verve dabei. Foto: Stephanie Byford - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Saxon gehören zu den Pionieren der New Wave Of British Heavy Metal und sind seit nunmehr 40 Jahren ein fester Bestandteil im Musik-Business.

Zum Jubiläum bringen die Engländer nun ein imposantes Live-Album heraus. «The Eagle Has Landed 40 (live)» umfasst 40 Songs und bietet einen Querschnitt der besten Auftritte der zurückliegenden 12 Jahre.

Zum Telefon-Interview-Termin verspätete sich Bandgründer und Sänger Biff Byford. Der Vater von sechs Kindern war zuvor Fahrrad gefahren - bei 36 Grad. Selbst im Alter von 68 Jahren ist Byford noch topfit. Kein Wunder: Von Drogen und übermässigem Alkoholkonsum hat sich der Mann mit der langen weissen Mähne stets ferngehalten. Anders als etwa Motörhead, mit denen Saxon 1979, dem Jahr ihres Debüt-Albums, ihre erste Tour spielten.

Frage: Hallo Biff, wo erwische ich Sie gerade?

Antwort: In meinem Haus in York.

Frage: Oh, ich dachte Sie leben in Frankreich.

Antwort: Nein, seit vier oder fünf Jahren nicht mehr. Mich hat es zurück nach Yorkshire gezogen.

Frage: Bei Yorkshire muss ich immer an die TV-Serie «Der Doktor und das liebe Vieh denken». Kennen Sie die Serie?

Antwort: (lacht) Natürlich. Die ist grossartig.

Frage: Okay, in unserem Gespräch soll es aber nicht über den englischen Tierarzt James Herriot gehen, sondern über 40 Jahre Saxon und die Jubiläums-Box «The Eagle Has Landed 40 (live)». Wie lange hat es gedauert, die Songs für das Album zusammenzustellen und was waren die Kriterien dafür?

Antwort: Das hat ganz schön lange gedauert, weil ich mich durch sehr viele Konzerte hindurchhören musste. Seit 2007 haben wir sehr viele Konzerte mitgeschnitten. Wir haben bei der Auswahl darauf geachtet, dass wir Gigs nehmen, bei denen alles okay verlaufen ist: Also keine unterbrochenen Gitarren, Mikrofonausfälle oder gebrochene Drumsticks. Wir wollten für die Album-Produktion nichts verbessern müssen. Das wäre dem Live-Charakter abträglich gewesen. Es sollte alles so natürlich wie möglich klingen. Natürlich haben wir auch die Konzertmitschnitte mit der besten Stimmung im Publikum ausgewählt.

Frage: Es ist auffällig, dass sehr viele Konzert-Mitschnitte aus Berlin stammen. Warum?

Antwort: Es waren einfach grossartige Konzerte. Die Stimmung war super, die Band hat sehr gut gespielt, und ich war gut bei Stimme.

Frage: Die meisten Aufnahmen stammen generell von Konzerten in Deutschland. Warum nicht aus Ihrer englischen Heimat?

Antwort: Wir haben in unserer Karriere schon viele Konzertaufnahmen aus England und auch eine DVD veröffentlicht.

Frage: Auf dem Album befinden sich Konzerte von 2007 bis heute. Warum haben Sie keine Aufnahmen aus den 80er Jahren genommen?

Antwort: Aus dieser Zeit existieren schon eine Menge Live-Veröffentlichungen wie zum Beispiel «The Eagle Has Landed» von 1982. Wir wollten uns auf unserem Jubiläums-Album nicht wiederholen. Wir dachten uns eine Spanne von 12 Jahren ist genau richtig, um die Veränderungen in der späteren Phase der Band gut wahrnehmen zu können. Meine Stimme klingt zum Beispiel heute im Vergleich zu 2007 anders.

Frage: 1979 haben Saxon ihren ersten Plattenvertrag bei dem französischen Label Carrere unterschrieben. An was erinnern Sie sich zuerst, wenn Sie an diese Zeit zurückdenken?

Antwort: Es war unser erster Plattenvertrag, da waren wir natürlich super aufgeregt und happy. Wir waren glücklich, gleich bei einem grösseren Label zu landen, das hervorragende Vertriebsmöglichkeiten besass. Es war eine klasse Zeit damals. Wir sind kurz nach der Veröffentlichung unseres Debüt-Albums mit Motörhead auf Tour gegangen. Die waren damals schon ziemlich gross. Nach der Tour sind dann auch wir richtig durchgestartet und waren vor allem in Deutschland sehr erfolgreich. Damals entwickelte sich nach der Punkwelle ein neuer Style: The New Wave Of British Heavy Metal. Ausserdem gab es noch dieses neue Romantik-Ding mit Bands wie Duran Duran oder Spandau Ballet. Zu dieser Zeit kam sehr viel populäre Musik aus England.

Frage: Sie haben die gemeinsame Tour mit Motörhead erwähnt. Die waren für ihren reichlichen Konsum von Alkohol und Drogen bekannt. Sie sollen damals zu jeder erdenklichen Zeit Tee getrunken haben. Ziemlich ungewöhnlich für den Rock'n'Roll.

Antwort: (lacht) Motörhead waren definitiv harte Party-Jungs. Wir waren dagegen ziemlich straight, das stimmt. Wir haben nie harte Drogen genommen, höchstens mal einen Joint hier und da geraucht. Motörhead haben uns allerdings gezeigt, wie das Business funktioniert. Vor allem was Frauen anging. Diesem Rock'n'Roll-Lifestyle haben wir uns nicht verweigert.

Frage: Wie wichtig war das soziale Klima damals während der Thatcher-Ära und der Working-Class-Backround der Band für die Entstehung von Saxon?

Antwort: Wir kamen aus dem Norden Englands, wo es damals mit den vielen Bergarbeiter-Streiks ziemlich brutal zuging. Das spiegelte sich auch in unserer Musik wider. Die Zeit zwischen 1979 und 1980 war ziemlich verrückt in England. Es gab viel Anarchie. Ich habe in der Fabrik oder im Kohlebergwerk gearbeitet, um Geld für die Musik zu verdienen. Doch eigentlich ist der soziale Background nicht so wichtig. Was zählt ist die Einstellung: Du kannst auch als Student und Kind reicher Eltern ein junger rebellischer Mann sein, der Heavy Metal spielen möchte. Ich wollte nie etwas anderes werden als Musiker, ich war sehr von diesem Wunsch getrieben.

Frage: Saxon haben zwischen 1980 und 1981 mit den drei Alben «Wheels Of Steel», «Strong Arm Of The Law» und «Denim And Leather» eine rasante Entwicklung nach oben genommen. Spätestens mit «Crusader» von 1984 kam die Entwicklung ins Stocken.

Antwort: Nach «Crusader» haben wir ein Jahr Pause gemacht. Das haben andere Bands wie Iron Maiden oder Judas Priest ausgenutzt.

Frage: Würden Sie sagen, dass Saxon, die zu Beginn grösser als Maiden und Priest waren, mit einem anderen Management genauso erfolgreich wie die beiden genannten Bands hätten sein können?

Antwort: Unser Team war anfänglich sehr gut. Doch dann haben wir nach «Crusader» mit anderen Leuten zusammengearbeitet. Schon zuvor haben wir unseren Stil etwas verändert. Ich denke, wir waren nach den vielen Alben und Tourneen innerhalb weniger Jahre etwas ausgebrannt.

Frage: Nach der Schwächephase Mitte der 80er Jahre haben sich Saxon meiner Meinung nach wieder auf ihre Stärken besonnen und bis heute durchweg gute bis sehr gute Alben aufgenommen. Die Band hat sogar die schwierigen 90er Jahre überstanden als durch Grunge traditioneller Heavy Metal verpönt war. Wie habt ihr das geschafft?

Antwort: Wir hatten jahrelang mit Thomas Jensen (Gründer «Wacken Open Air», Anm. d. Red.) einen sehr guten Manager. Ausserdem ist unser Line-up seit sehr langer Zeit stabil. Wir haben den Plan durchgezogen, gegen alle Trends an unserem Stil festzuhalten. Wir schreiben die Musik, die wir mögen: Klassischen Heavy Metal, nicht zu kommerziell. Unsere Fans wissen das zu schätzen. Ich muss aber auch sagen, dass uns in den 90er Jahren besonders die treuen deutschen Fans den Arsch gerettet haben.

Frage: Wenn Sie die 40 Jahre zurückblicken: Sind Sie mit der Karriere von Saxon zufrieden, auch wenn die Band nicht mehr den Status besitzt, den sie zu Beginn der 80er Jahre hatte?

Antwort: Ich bin sehr zufrieden damit, wo wir jetzt stehen. Natürlich könnten wir grösser sein. Wir sind keine reiche Band, wir haben keinen Platin-Status in Amerika. Wir überleben durch den europäischen und den UK-Markt. Ich glaube sogar, dass wir in Europa derzeit wieder fast so gross sind, wie wir in den 80er Jahren waren. Wir spielen in grossen Hallen und wir freuen uns darauf, wieder in Wacken aufzutreten. Da haben wir das letzte Mal 2016 gespielt.

Frage: Wie stehen Sie eigentlich zum Brexit und den neuen Premier-Minister Boris Johnson?

Antwort: Ich habe noch keine richtige Meinung zu ihm. Ich möchte erst mal sehen, was er so macht. Ich war dafür, in der EU zu bleiben, weil ich viel durch Europa reise und es so einfacher für mich war. Viele Leute haben nicht mit dem Hirn, sondern mit ihrem Herzen gewählt. Ich kann aber verstehen, warum die Leute sich für den Brexit entschieden haben. Ich kenne viele Leute in Deutschland, die gerne die Deutschmark wieder hätten. In Frankreich dasselbe.

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