The Weeknd

The Weeknd wächst über sich hinaus

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USA,

Kein Musiker ist in der Krise heisser als Abel Tesfaye alias The Weeknd. Mit seinem neuen Album inszeniert der Kanadier sich als Gesamtkunstwerk. Vom langen Weg eines scheuen Schulabbrechers.

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Der kanadische Musiker The Weeknd im Höhenflug. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es ist erstaunlich, wie man US-Superstar The Weeknd derzeit beim schnellen Wachsen zuschauen kann.

Der kanadische Sänger ist in Amerika schon seit seinem gefeierten ersten Mixtape 2011 ganz oben.

Doch in den vergangenen Monaten hat Abel Tesfaye die Grenzen des eigenen Hypes noch einmal durchbrochen und sich zu seinem 30. Geburtstag in ein Gesamtkunstwerk verwandelt.

Mit «After Hours» hat The Weeknd im März ein Album herausgebracht, das eine neue Qualität erreicht. Zur Freude der Musikindustrie ist der Sänger dabei noch immer massentauglich und seit Wochen in den Charts auf Platz eins. Die Corona-Krise dürfte für viele Nordamerikaner mit Strobolicht-Hits wie «Blinding Lights» verbunden bleiben.

Es ist doch eigentlich ganz einfach: Ausnahmezustände brauchen Ausnahmemusik. Wie im Video zu «Blinding Lights», als The Weeknd zu Beginn mit Joker-esker Verzweiflung und blutverschmierten Zähnen lacht, bevor die unheilvollen Töne einer aus den Fugen geratenen Welt einsetzen.

Der Sänger befindet sich wankend auf den verlassenen Strassen von Las Vegas. Der Song beschleunigt mit einem 80er-Synthie-Beat, und dann setzt Tesfayes hohe, unverwechselbar klare R&B-Singstimme ein. Die Trendklamotten hat er dieser Tage gegen ein exzentrisches rotes Sakko getauscht, das ihn aussehen lässt wie eine Figur aus «Ocean's Eleven».

Eine Karriere als Superstar schien für Tesfaye nicht allzu wahrscheinlich, als er 1990 in Toronto als Sohn äthiopischer Einwanderer geboren wurde. Der Schulabbrecher hatte einen Hang zu Drogen, seinen Vater kannte er kaum, wie er 2015 dem «Rolling Stone» sagte: «Ich bin sicher, er ist ein grossartiger Kerl. Ich habe nie über ihn geurteilt. Er hat mich nicht misshandelt, er war kein Alkoholiker, er war kein Arschloch. Er war nur einfach nicht da.»

In der Musik fand der Junge, dessen Vorliebe für Michael Jackson auch heute noch durch seine Musik strahlt, etwas, das ihn besonders machte. Seine ersten Songs diffundierten schnell aus Toronto heraus, plötzlich war Tesfaye gefragt. Doch Anfragen für Interviews lehnte er zunächst grundsätzlich ab - all das nährte eine geheimnisvolle Aura. Was damals nur wenige wussten: Es ging auch um Selbstzweifel. Tesfaye fürchtete, nicht wortgewandt genug zu sein. Der junge Mann versuchte mit Kreuzworträtseln, seinen Wortschatz zu erweitern.

Trotz seiner Scheu kam es zur Zusammenarbeit unter anderem mit Beyonce, Kanye West, Drake, Ed Sheeran oder Daft Punk - der Erfolg blieb nicht aus für The Weeknd. Wenn auch nicht überall: Während «After Hours» in den USA in der musikalisch sonst mauen Corona-Zeit seit Wochen unangefochten auf Platz 1 steht und auch in mehr als zehn weiteren Ländern die Charts anführte, reichte es in Deutschland bisher nur zu Rang 5.

«After Hours» klingt ausgereifter als seine drei Vorgänger, das Album erzählt mit ungewohnter Offenheit auch von den Niederungen des Musikerlebens und den Schattenseiten düsterer Drogennächte. «Ich bin schon lange genug alleine, vielleicht kannst Du mir zeigen, wie man liebt», singt Tesfaye. Und in «Snowchild»: «Mit 16 habe ich gebetet, wenn nicht, habe ich meistens mein Handgelenk bluten lassen.» Das Magazin «Variety» und andere US-Medien feierten sein Storytelling.

The Weeknds Meilenstein ist ein exzellent produzierter Crowdpleaser, keine Frage. Aber eben auch ein anspruchsvoller Querschnitt durch R&B und Rap, mit treibenden Bässen zu komplexen Beats, eingängigen Keyboard- und Synthie-Sounds im Stile der 80er. Nach fast zehn Jahren im Geschäft hat Abel Tesfaye damit neue Sphären erreicht und lässt tiefer als zuvor in sein Innenleben blicken.

«Man konnte die Verwundbarkeit in der Musik schon vorher hören», sagte er dem Magazin «Variety». «Aber es gab da so ein Schutzschild, so ein "Fuck You" gegenüber der Welt. Und jetzt bin ich sehr zufrieden damit, die Welt wissen zu lassen, dass ich auch so sein kann.»

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