Bundesrat: Exportkontrolle für Masken und Appell an Solidarität
Erleichterungen für Arbeitslose, mehr Schutzmasken und viele Fragen an den Gesundheitsminister an der zweiten Medienkonferenz des Bundesrats von heute Mittwoch.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat verfeinert die bereits getroffenen Entscheide gegen das Coronavirus.
- So werden Fristen für Arbeitslose angepasst und der Export von Schutzmaterial geregelt.
- Viele Fragen gingen aber nicht an den Wirtschafts-, sondern den Gesundheitsminister.
Kein Massnahmen-Hammer, aber wichtiges Fine-Tuning für die Betroffenen. Der Bundesrat hat heute insbesondere für Arbeitnehmer wichtige Entscheide getroffen. News gibt es auch bei den Schutzmasken: Sowohl bezüglich Export wie auch der inländischen Produktion. Bei der zweiten Medienkonferenz nach derjenigen von Finanzminister Ueli Maurer gab es sehr viele Fragen für die Bundesräte Guy Parmelin und Alain Berset.
Die wichtigsten Punkte zum Schutzmasken-Schutz und Arbeitslosen-Schongang
Stellenmeldepflicht: Diese ist aufgehoben, denn so werde die Suche nach Personal in den kritischen Bereichen wie Gesundheit, Pharma, Landwirtschaft oder Logistik erleichtert.
Arbeitslose: Der Nachweis von Arbeitsbemühungen ist sistiert, für Ausgesteuerte gibt es maximal 120 zusätzliche Taggelder und die Rahmenfrist für den Bezug von Leistungen wird um zwei Jahre verlängert.
Kurzarbeit: Die Frist zur Voranmeldung ist aufgehoben und die Bewilligungsdauer von drei auf sechs Monate verlängert.
Schutzausrüstung: Der Bundesrat führt eine Exportkontrolle für medizinische Schutzausrüstung ein. Diese sei analog zu derjenigen der EU. Für den EU- und Efta-Raum bestehen denn auch Ausnahmen.
Schutzmasken «Swiss made»: Kein Entscheid, aber eine Ankündigung. Firmen und die entsprechenden Produktionsmaschinen seien bereit, jetzt könne man täglich rund 40'000 Schutzmasken in der Schweiz produzieren.
Zum Protokoll
16:55 Was kann der Bundesrat sagen zur potentiellen Zunahme von häuslicher Gewalt und den Massnahmen dagegen? Ein Patentrezept hat Bundesrat Berset nicht, ist sich aber sehr bewusst, dass das Problem existiert. «Wir haben Rückmeldungen, dass es eine Auswirkung hat, die Situation hat sich je nach Region verschärft.» Er habe aber schon immer betont, dass man bei allen Massnahmen verhältnismässig bleibe und anschaue, was sie in der Gesellschaft veränderten. «Das bleibt eine Riesenherausforderung, das muss man auch sagen.»
16:50 Aus der Westschweiz kommt die Kritik, dass der Bundesrat zu wenig rigoros helfe, nicht so wie in Frankreich. Dort habe man versprochen, dass kein KMU wegen dem Coronavirus in Konkurs gehen werde. Kann Parmelin dies auch versprechen?
Erneut eine schlagfertige Antwort vom Wirtschaftsminister, aber mit sehr ernstem Gesicht. Auch wenn er mit einem Bonmot die französische Regierung in die Pfanne haut: «Les promesses rendent les fous joyeux». Versprechen machen Narren glücklich, weshalb man solche Wege nicht beschreiten wolle.
16:45 Rire, c’est bon pour la santé, und so darf man seinen Humor auch in der Krise behalten. Die Frage an den oft fremdsprachlich herausgeforderten Guy Parmelin ist betont diplomatisch formuliert. Ob es denn beim Telefongespräch mit seinem Amtskollegen bezüglich blockierter Masken keine Verständigungsprobleme gegeben habe, weil beide in ihrer Muttersprache sprechen konnten?
Parmelin reagiert schlagfertig. Die Muttersprache seines Gegenübers sei eine Sprache «die dem Französischen sehr nahe ist» gesprochen, meint der Waadtländer vielsagend – und auf Französisch. «Ich habe dann Englisch gesprochen, um sicher zu sein, dass alles verstanden wird.» Ein Schmunzler, denn gerade Parmelins Englisch sorgt immer wieder für Fremdschäm-Momente.
16:43 Sollten nicht die Regeln für den Versand von Medikamenten gelockert werden? «Das ist eine altbekannte Debatte, ich kann verstehen, dass man das jetzt wieder aufgreift», so Berset. Das Parlament habe in dieser Sache aber anders entschieden. «In einer ausserordentlichen Lage sind wir immer gerne bereit, anzuschauen, ob eine Entwicklung nötig sein sollte.»
16:40 Gerät nicht gerade das Spitalpersonal in eine prekäre Situation, wenn die Arbeitszeit-Regeln ausser Kraft gesetzt werden. «Es braucht immer noch genügend Ruhezeit und genügend Schutzvorkehrungen», antwortet Parmelin. Es gelte zu verhindern, dass diese Personen erkrankten. Wenn ein Arbeitgeber die nötigen Vorkehrungen nicht treffe, wäre das inakzeptabel. «Die grossen Arbeitgeber in Gesundheitssektor tun alles in ihrer Macht stehende, um die Vorschriften zu erfüllen.»
16:38 «Manchmal hilft ein Telefonanruf», sagt Guy Parmelin zum Thema der von anderen Ländern blockierten Lieferungen mit Schutzmasken. Jetzt werde man beobachten, was weiter passiere.
16:35 Dürfen Spitäler, die nicht total ausgelastet sind, weiterhin nicht-dringliche Operationen durchführen? «Die Spitäler müssen jetzt wirklich alles daran setzen, für Corona bereit zu sein», antwortet Berset. Man habe keine Kenntnisse von solchen Fällen. Es sei aber unabdingbar, dass die Spitäler auch mit der zu erwartende hohe Belastung durch viele Corona-Patienten weiterhin funkionierten. Es gebe schliesslich auch weiterhin Patienten, die Intensivpflege brauchten aus anderen Gründen als einer Corona-Ansteckung.
16:30 Was passiert nach Mitte April? «Ob diese Situation noch Monate dauern wird, das weiss ich nicht», sagt Berset. Es sei durchaus möglich, dass die Massnahmen, insbesondere die Schulschliessungen, verlängert würden. Einzelne Kantone hätten das ja bereits von sich aus so entschieden. Das könnten die Kantone unter der derzeit gültigen Verordnung des Bundesrats auch tun, erläutert Berset.
16:25 Gibt es Studien, eine Begleitung der Schulschliessungen aus medizinischer Sicht? Aktuell nicht, sagt Daniel Koch vom BAG, aber es gebe sehr vielen Fragestellungen, die im Nachhinein angeschaut werden müssten. Dies soll mit serologischen Tests, also aufgrund von Blutabnahmen, dann möglich sein. Aber: «Nach wie vor ist es aufgrund der Daten so, dass Kinder praktisch nicht betroffen sind von der Krankheit.»
16:16 «Der Virus wird bleiben», bilanziert Gesundheitsminister Alain Berset. Das Abbremsen der Ansteckungsrate, die Behandlung der Erkrankten, das sei das eine. Danach brauche es aber auch Mittel, zukünftig die Lage zu beobachten und die Bevölkerung zu informieren. Er erwähnt in dem Zusammenhang die Sentinella-Methode, die jetzt auch beim Coronavirus angewendet wird. Seit Jahren werden damit die Grippe-Erkrankungen gemessen und hochgerechnet.
16:12 Maskenmangel und inländische Produktion: Man sei am schauen, sagt Bundesrat Parmelin. Es gebe mehrere Unternehmen in der Schweiz, die Masken produzieren könnten. Einige Kapazität habe man bereits aufgebaut, ergänzt Bundesrat Berset. Die Produktion könne jetzt starten, weil die Maschinen dazu jetzt vorhanden seien, so Daniel Koch. Er geht von etwa 40'000 Masken pro Tag aus.
16:10 Die Kantone Genf und Waadt haben eine Mangel an Chemikalien für die Corona-Tests. Braucht es hier Solidarität oder gar einen Zwang zum Teilen solcher Stoffe? Nein, sagt Daniel Koch vom BAG, denn es seien nicht die Kantone, die einkauften.
16:07 Eine Frage zur neu eingeführten Bewilligungspflicht für den Export von bestimmten medizinischen Gütern. Davon betroffen sind insbesondere Schutzausrüstungen, also auch die Masken. Diese Massnahme habe man getroffen, um eine Blockade zu vermeiden. Manchmal sei man in der Tat darauf angewiesen, bestimmte Artikel auch exportieren zu können, so Wirtschaftsminister Parmelin. «Es ist im Interesse aller Länder, dass solches Material frei gehandelt werden kann.»
16:05 Die Debatte verlagert sich zum Kanton Graubünden, dessen Südttäler ähnliche Sorgen haben wie das Tessin. Berset streicht heraus, dass die Bündner einfach Bundesrecht anwenden, insbesondere bezüglich der Baustellen. Auch hier lässt sich Berset nicht auf die Äste hinaus.
16:00 Berset informiert zur Lage im Tessin, insbesondere den vom Bund kritisierten Baustellenschliessungen. Viel gibt es dazu allerdings nicht: «Wir sind im Kontakt und arbeiten daran.»
Mehrere Journalisten haken diesbezüglich nach, aber laufen bei Berset auf. Ausser einem je länger je schnelleren Sprechtempo ist bei ihm nichts zu erreichen.
15:58 Nachdem viele Redner heute schon dem Gesundheitspersonal gedankt haben, dankt Guy Parmelin dem Nahrungsmittel-Sektor – vom Produzenten bis zum Laden – und den Logistikern.
15:55 «Wir hatten bis gestern 37'000 Anträge von Unternehmen für Kurzarbeit. Und 484'000 Anträge von Mitarbeitenden, das entspricht 9,5 Prozent. Das hatten wir noch nie!» Man arbeite daran so rasch wie möglich, aber das System sei auf eine solche Situation nicht ausgelegt. Deshalb brauche es Geduld und Solidarität. «Viele Menschen zeigen viel Erfindergeist, um anderen zu helfen, diese schwierige Zeit zu überbrücken.»
15:52 Ein Bruch in wichtigen Lieferketten müsse unbedingt verhindert werden. Parmelin nennt als Beispiel die Schweizer Hersteller von Beatmungsgeräten, die auf Zulieferer angewiesen seien. «Da haben wir sofort ein Problem.»
15:50 «Sie sehen, der Bundesrat passt die Massnahmen ständig den neuen Bedingungen an», betont Parmelin. «Wir tun das Maximum», auch wenn er wisse, dass es Leute gebe, die sich vergessen fühlten. «Der Bundesrat ist sich bewusst, dass viele Arbeitnehmer beunruhigt sind.» Die Schliessung von Betrieben müsse unbedingt eine vorübergehende Massnahme sein.
15:45 Die Stellenmeldepflicht wird aufgehoben. Das soll die Rekrutierung in den strapazierten Branchen wie Gesundheit oder Landwirtschaft erleichtern. «Es gibt sehr viele Personen, die derzeit eine Anstellung suchen», so Parmelin.
15:42 Wirtschaftsminister Guy Parmelin verkündet die Neuerungen für den Arbeitsmarkt. Arbeitslose müssen nicht mehr nachweisen, dass sie sich um Stellen bewerben. Die Fristen werden verlängert: 120 zusätzliche Taggelder, Verlängerung der Rahmenfrist um zwei Jahre, Aufhebung der Frist für die Anmeldung von Kurzarbeit.
15:40 «Dies ist kein 100-Meter-Lauf, dies ist ein Marathon», insistiert Berset. Deshalb auch die Aufzählung, die Ermahnung, der eindringliche Appell, sich an die Regeln des «Social Distancing» unbedingt zu halten.
15:38 Die Situation sei schwierig, die Massnahmen des Bundesrats würden aber gut respektiert. Das sei nicht selbstverständlich, angesichts der einschneidenden Massnahmen wie Schulschliessungen. «Die Solidarität ist spürbar, überall im Land, und das gibt uns Mut für die nächsten Tage, Wochen und Monate.» Ja, Monate: «Es wird noch dauern.»
15:37 Berset lobt die Zusammenarbeit zwischen den privaten und öffentlichen Spitälern. Er hat dies bei Besuchen unter anderem in Genf selbst vor Ort gesehen.
15:35 «Die Schweiz funkioniert weiterhin». Berset wiederholt, dass all die Verhaltensregeln weiterhin gelten und zu befolgen seien. Für die meisten Erkrankten werde der Verlauf milde sein. Und erneut: Die Hygienemassnahmen müssen weiterhin befolgt werden. Unternehmen, die das nicht tun, werden geschlossen.
15:30 Wir haben jetzt seit einer Woche die «ausserordentliche Lage», erinnert Berset. Zeit für eine Bilanz. «Wir haben gesehen, dass es schnell gehen kann, wenn die Situation dies erfordert», so Berset.
Der Gesundheitsminister resümmiert die Zahlen der Betroffenen, sagt aber auch: «Wir werden bald 10'000 Personen getestet haben. Das bedeutet: Wir sind das Land, das am meisten Test gemacht hat auf der ganzen Welt!»
Medienkonferenz eine Woche nach der «ausserordentlichen Lage»
Es ist ein neuer historischer Tag in Zeiten des Coronavirus. Der Bundesrat hat heute Mittwoch weitere Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen und der Ausbreitung des Coronavirus beschlossen.
Davon betroffen sind unter anderem die Stellenmeldepflicht sowie die berufliche Vorsorge. Aber auch im Bereich der Arbeitslosenversicherung (ALV) gibt es Veränderungen. So wird vorübergehend auf das Einreichen des Nachweises von Arbeitsbemühungen verzichtet.
Die neuen Massnahmen zugunsten der Arbeitnehmenden führen zu geschätzten Mehrkosten für die Arbeitslosenversicherung im Betrag von rund 600 Millionen Franken pro Monat.
Einschränkungen bei Ausfuhr medizinischer Schutzausrüstung
Damit nicht genug: Der Bundesrat hat auch eine Bewilligungspflicht für Ausfuhren medizinischer Schutzausrüstungen verabschiedet. Die wenigen betroffenen Güter sind in einem neuen Verordnungsanhang gelistet.
Die Massnahmen treten am 26. März um Mitternacht in Kraft und sind lediglich durch die aktuelle Mangelsituation gerechtfertigt. Sobald sich die Lage wieder verbessert, sollten sie aufgehoben werden.