Bundesrat will Regeln für heroingestützte Behandlung anpassen
Der Bundesrat will Suchtkranken den Weg ersparen. Zukünftig sollen «geeignete Einrichtungen» Heroin an Personen in einem Heroinprogramm abgeben dürfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Aktuell müssen Personen in einer heroingestützten Behandlung in spezielle Zentren fahren.
- Neu sollen sie auch in naheliegenderen «geeignete Einrichtungen» an den Stoff kommen.
Suchtkranke, die mit pharmazeutisch hergestelltem Heroin (Diacetylmorphin) behandelt werden, sind älter geworden und manche leiden auch an anderen Krankheiten. Der Bundesrat will deshalb flexiblere Regeln für die Abgabe des Medikaments einführen.
Neu sollen die Bezügerinnen und Bezüger des Medikaments es auch ausserhalb der Zentren für heroingestützte Behandlung erhalten. Zudem sollen sie weniger oft die mitunter lange Anfahrtswege auf sich nehmen müssen.
Der Bundesrat hat dazu Änderungen der Betäubungsmittelsuchtverordnung bis zum 30. September in eine Vernehmlassung gegeben.
Abgabe auch durch externe Stellen
Er will damit Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten entgegenkommen, wie er am Freitag mitteilte. Diese seien weniger mobil als früher und manche litten an mehreren Krankheiten gleichzeitig. Oder sie verbüssen Freiheitsstrafen.
Neu sollen Betroffene ihr Medikament beispielsweise auch in Altersheimen, Spitälern, Apotheken oder im Gefängnis beziehen können. Für die Verschreibung des Heroins sind allerdings weiterhin die Zentren für heroingestützte Behandlung sowie Ärzte und Ärztinnen zuständig.
Der Bundesrat nutzt zudem Erfahrungen aus der Corona-Pandemie, als Suchtkranke die Heroin-Abgabestellen weniger häufig aufsuchen konnten. Deshalb erhielten sie bis zu sieben Tagesdosen ausgehändigt. Damit habe man gute Erfahrungen gemacht, schrieb der Bundesrat. Er will die Regeln beibehalten.
Bisher gab es landesweit nur 23 Abgabezentren
Die heroingestützte Behandlung gibt es in der Schweiz seit 1994. Die Patientinnen und Patienten müssen heute grundsätzlich in einem spezialisierten Zentrum behandelt werden. Zudem können ihnen höchstens zwei Tagesdosen Diacetylmorphin mitgegeben werden. Ausnahmen sind etwa bei Spitalaufenthalten möglich.
2020 gab es gemäss einem Bericht zur heroingestützten Behandlung im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) landesweit 23 Abgabezentren. Dies vor allem in städtischen Gebieten. Mitte 2020 hatten gut 1400 Personen eine Bewilligung, pharmazeutisch hergestelltes Heroin zu beziehen. Ihr Durchschnittsalter lag bei fünfzig Jahren.
Wer in das Programm aufgenommen werden will, muss volljährig und seit mindestens zwei Jahren schwer heroinabhängig sein. Ausserdem müssen die Süchtigen mindestens zwei erfolglose Behandlungsversuche hinter sich haben. Auch psychische, physische oder soziale Defizite sind Aufnahmekriterien.