Coronavirus: Bund wusste seit Jahren über Masken-Mangel Bescheid

Lina Schlup
Lina Schlup

Bern,

Das Coronavirus bringt einen akuten Schutzmasken-Mangel zum Vorschein. Nun wird bekannt: Der Bund wusste offenbar seit Jahren über die Situation Bescheid.

Coronavirus - Illustration Schutzausrüstung
Eine Atemschutzmaske der Kategorie FFP3 und Einweghandschuhe. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz sind Schutzmasken gegen das Coronavirus Mangelware.
  • Auch medizinische Institutionen leiden darunter.
  • Der Bund war offenbar bereits seit Jahren über die mangelnden Vorräte informiert.

Schutzmasken sind in der Schweiz während der Krise des Coronavirus kaum mehr erhältlich - und wenn dann zu überrissenen Wucherpreisen. Selbst Spitäler, Altersheime und die Spitex leiden unter dem Mangel.

Nun wird bekannt: Das Debakel hätte verhindert werden können.

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Schutzmasken sind in der Schweiz schwer erhältlich. - keystone

Wie Recherchen des «Tages-Anzeiger» zeigen, verschickte das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) Ende Januar ein Schreiben an die Schweizer Spitäler. Mit Blick auf das Coronavirus in China empfehle man, die Lagerbestände an Masken aufzustocken. Dies stand in einer E-Mail mit dem Betreff «Versorgung der Schweiz mit Hygiene- und Atemschutzmasken».

Bund wusste seit Jahren Bescheid

Allerdings war es damals schon viel zu spät. Da sich die ganze Welt für die drohende Pandemie rüstete, war Schutzmaterial Mangelware. Viele Spitäler gerieten deshalb kurz nach Ausbruch des Virus in der Schweiz in einen Engpass.

Institutionen wie Pflegeheime, Spitex oder freischaffende Hebammen verfügten teilweise sogar über gar keine Masken.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) informierte damals, dass Masken nicht viel nützen würden - eine umstrittene Aussage.

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Ärzte und Pflegepersonal schützen sich mit Gesichtsmasken vor Corona. - Keystone

Die aktuelle Situation wäre offenbar vermeidbar gewesen, da Bund seit Jahren über den Mangel Bescheid wusste. Dies schliesst der «Tages-Anzeiger» aus Dokumenten des BWL.

2014 wollte sich der Bund nämlich einen Überblick über den schweizweiten Vorrat verschaffen. Im Dezember 2015 bat das BWL deshalb alle medizinischen Einrichtungen um eine Bestandsaufnahme.

«Vorräte an Schutzmasken ungenügend»

Gemäss Umfrage verfügten bereits damals nur gerade sechs Kantone über den Sollbestand bei den Atemschutzmasken.

Gesamtschweizerisch betrachtet erreichte man nur einen Drittel des gewünschten Bestandes. «Die Vorräte an Schutzmasken für den Fall einer Pandemie sind ungenügend», lautete das ernüchternde Fazit Ende 2016.

Doch dann der Sinneswandel: «Wir sind zur Auffassung gelangt, dass die Spitäler in ihrer Eigenverantwortung die Sicherstellung dieser Produkte vornehmen sollen.» Dies steht in einem weiteren Schreiben des BWL vom Juni 2017.

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Eine Frau zieht eine Maske an vor dem Eingang zur COVID-Triage im Inselspital an. - keystone

Neu wurde deshalb ein bestimmter Maskenbestand für Spitäler lediglich «empfohlen». Der Bund selber sorgte für ein Pflichtlager von Atemschutzmasken bei einigen Firmen. Und seine eigene Schutzmaterial-Reserve hatte er schon länger aufgehoben.

«Man fürchtete die Kosten der Lagerhaltung», erklärt Ueli Haudenschild, Leiter der Geschäftsstelle Heilmittel im BWL gegenüber der Zeitung. Auch die wirtschaftliche Landesversorgung hätte mit der damaligen Gesetzeslage nicht die Möglichkeit gehabt, sich an diesen Kosten zu beteiligen.

Bund plante «nur» mit Grippepandemie

Selbst wenn der Bund die empfohlenen Masken-Vorräte durchgesetzt hätte, wäre die Situation wohl kaum besser. Die Vorrat-Empfehlungen sind für die aktuelle Krise viel zu tief.

Grund: Der Pandemieplan ist auf eine Grippepandemie ausgerichtet und nicht auf eine Pandemie des neuartigen Corona-Virus.

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Zwei Passantinnen mit sogenannten Hygienemasken. - keystone

Das BWL ging davon aus, dass das Spitalpersonal die Masken nur beim Kontakt mit Influenza-Erkrankten tragen müsste und nicht permanent.

Das Fazit des BWL: «Dieses Bevorratungsmodell als Empfehlung in den Pandemieplan aufzunehmen, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Dies, weil die Spitäler damit mindestens einen 5-Jahres-Bedarf hätten lagern sollen.»

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