Fachstelle warnt vor Zwangsheirat in Sommerferien
In der Schweiz ist Zwangsheirat zwar verboten. Dennoch werden auch Schweizer gegen ihren Willen zur Ehe gezwungen. Besonders heikel sind die Sommerferien.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch in der Schweiz ist die Zwangsheirat trotz Verbot ein Problem.
- Besonders in den Sommerferien werden Zwangshochzeiten angebahnt.
- Die Fachstelle Zwangsheirat verzeichnet pro Woche fünf neue Fälle.
Die freie Wahl des Ehepartners ist ein Menschenrecht. Demnach ist die Zwangsheirat eine Menschenrechtsverletzung. Trotzdem werden auch in der Schweiz Frauen und Männer gegen ihren Willen zu Heirat und Ehe gezwungen.
Sommerferien – Reise in die Zwangsheirat
Besonders heikel für Betroffene sind die Sommerferien. Viele Familien mit Migrationshintergrund reisen in ihre Herkunftsländer, wo Hochzeiten angebahnt oder gar beschlossen werden können. Deshalb warnen derzeit Fachstellen mit Info-Broschüren und machen insbesondere Jugendliche auf das Thema aufmerksam. Denn rund 80% der Betroffenen sind Menschen, welche hier in der Schweiz aufgewachsen sind.
Die «Fachstelle Zwangsheirat» fungiert als Kompetenzzentrum des Bundes. Geschäftsleiterin Bettina Frei hält fest: «Pro Woche haben wir fünf neue Fälle, welche sich bei uns melden.» Auch in der Schweiz gibt es Zwangsheirat, «es kann ganz normal im Zivilstandsamt passieren». Vor allem betroffen sind laut Bundesstudie Menschen aus den Herkunftsländern Sri Lanka, Türkei oder den Balkan-Staaten.
Unklare Grenzen der Zwangsheirat
Es sei im Allgemeinen schwierig, die Grenzen zwischen Zwangs- und arrangierter Heirat zu definieren. Doch: «Das Problem beginnt dort, wo es zur Fremdbestimmung kommt», wenn von aussen bestimmt wird, dass man heiraten muss. Oder man seinen Partner nicht auswählen kann und darf. Besonders prekär wird es bei der sogenannten «Heiratsverschleppung»: Die Betroffene Person wird ins Ausland – meist Herkunftsland – verbracht und dort zurückgelassen.
Betroffene können sich wehren
«Wir haben eine Helpline, auch ausserhalb der Bürozeiten», so Bettina Frei. Unter der Nummer 0800 800 007 berät die Fachstelle Zwangsheirat Betroffene kostenlos und anonym. «Jede Zwangsheirat ist ein Einzelfall», manchmal verlassen die Betroffenen ihre Familien, annulieren die Ehe oder bauen gar eine neue Identität auf. Eine weitere Möglichkeit führt die Fachstelle bald gemeinsam mit der Opferberatung Luzern ein: Die Eidesstattliche Erklärung. Dort können Betroffene präventiv festhalten, dass sie nicht heiraten wollen und eine Zwangsheirat befürchten.