Führt der Bundesrat indirekt die Homo-Ehe ein?
Vornamen oder Geschlecht auf dem Zivilstandsamt zu wechseln soll unbürokratisch einfach werden. Theoretisch wäre damit die Homo-Ehe plötzlich legal.
Das Wichtigste in Kürze
- Amtlicher Geschlechts- und Vornamen wechsel soll künftig unbürokratisch möglich sein.
- Theoretisch könnten so homosexuelle Paare durch die Hintertür zur «Ehe für alle» kommen.
- Gegen Missbrauch sei man aber vorbereitet, heisst es beim Bund.
Das Anliegen stiess in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung: Geschlecht und Vorname sollen im Personenstandsregister unbürokratisch geändert werden können. Davon profitieren sollen Menschen, deren innerlich empfundenes Geschlecht nicht mit den äusseren Geschlechtsmerkmalen übereinstimmt. Aber auch Kinder, die mit Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.
Der Bundesrat schlägt deshalb eine Anpassung des Zivilgesetzbuchs vor. Denn zurzeit besteht zwar einerseits die Pflicht, einem Baby möglichst schnell ein Geschlecht zuzuordnen. Dies nachträglich wieder zu ändern, ist aber umständlich. Neu können Vornamen und Geschlecht sogar mehrfach geändert werden, bestätigt Michel Montini vom Bundesamt für Justiz: «Wenn die Erklärung ehrlich ist, ist das möglich.»
Geschlechtsänderung zwecks Heirat?
Montini nennt als Beispiel ein Kind, bei dem man zur Erkenntnis gelangt, dass das zugeordnete Geschlecht nicht stimmt. Dies könne im späteren Leben erneut anders empfunden werden. «Ein Kind hat nicht dieselben Gefühle wie ein junger Erwachsener, da spielen die Hormone ja ganz anders.»
Das amtliche Geschlecht ändern lassen können ja aber auch Personen mit Transidentität. Also zum Beispiel «als Frau im Körper eines Mannes geboren» sind. Sie sollen neu keine Vorbedingungen erfüllen oder medizinische Abklärungen über sich ergehen lassen müssen.
Öffnet diese Erleichterung für Betroffene aber nicht Tür und Tor für Missbrauch durch andere? So könnte bei einem Homo-Pärchen der eine Partner sich zur Frau erklären lassen und damit legal heiraten. Danach wird das Geschlecht amtlich zurückgeändert – und die Ehe bleibt bestehen. Denn das zumindest hat der Bundesrat tatsächlich so festgelegt: Heiraten ist unabhängig von Geschlechtswechseln weiterhin für immer und ewig.
«Theoretisch schon, aber…»
Zunächst: Sich am Montag zur Frau und am Freitag wieder zum Mann erklären zu lassen, ginge jedenfalls nicht. «Das würde der Zivilstandsbeamte wohl verweigern», erklärt Montini, denn an die Verhinderung von Missbräuchen habe man gedacht. «Wenn eine Person das Geschlecht häufig ändern will, kann das auch ein Anzeichen sein, dass sie nicht urteilsfähig ist. In einem solchen Fall kann der Zivilstandsbeamte ein Arztzeugnis verlangen.»
Ausserdem dürfe man sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität nicht verwechseln. Aber wäre die Homo-Ehe durch die Hintertür grundsätzlich möglich? «Theoretisch schon, aber es gibt eine Bedingung: Der Peter muss tatsächlich eine Petra sein.» Lies: Wer nicht gerade einen Unisex-Namen hat wie Dominique, Andrea, Sascha oder Robin, muss nicht nur Geschlecht, sondern auch Vorname ändern.
Missbrauch wäre strafbar
Wenn Herr Bärlocher lieber Frau Bärlocher wäre, darf er das sein – aber nicht nur mal eben schnell. «Sie würden das ganze Leben dann als Frau leben», gibt Michel Montini vom Bundesamt für Justiz zu bedenken. «Für die Sozialversicherung, die Steuerverwaltung, das Militär und beim Arbeitgeber sind sie jetzt Frau Sowieso. Ich denke das wollen die meisten Leute nicht.»
Kommt dazu, dass mit solchen Dingen auch juristisch betrachtet nicht zu spassen ist. Wer sich amtlich zum Mann macht, aber weiterhin als Frau lebt, hat eine falsche Beurkundung erschlichen. Das ist nach Artikel 253 im Strafgesetzbuch verboten und wird «mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft».
Auch aufgrund von Erfahrungen im Ausland sehe man diese Gefahr also nicht, sagt Montini. Auch weil die «Ehe für Alle» im Parlament so oder so bereits aufgegleist ist. So lange muss die Ewigkeit noch warten.