Ignazio Cassis löscht 90 Prozent seiner Tweets

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen: Kurz vor Weihnachten hat Bundesrat Cassis Zeit gefunden, undiplomatische Tweets aus alten Zeiten zu löschen. Das Problem: das Internet vergisst nicht.

Ignazio Cassis will bundesrätlicher sein. Und hat deshalb diese Autogrammkarte.
Ignazio Cassis will bundesrätlicher sein. Und hat deshalb diese Autogrammkarte. - eda.admin.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrat Cassis hat 90 Prozent seiner Tweets gelöscht.
  • Diese lassen sich aber in Internet-Archiven weiterhin finden.
  • Das EDA spricht von einer «Bereinigung».

Es gab Zeiten, da stand Ignazio Cassis weniger im Rampenlicht – selbst als Nationalrat war er lange ausserhalb des Tessins eher weniger auf dem Radar. Da leistete er sich gerne mal einen flotten Spruch auf Schweizerdeutsch («Swiss Jazz Orchestra im Bierhübeli z Bärn:-) suppper Musiig!») oder Anti-EU-Wortspiele nach dem BrexitBrexit, Grexit, Quitaly oder Endenemark? AdiEU everybody!»).

Weg damit!

Diese Tweets wurden nun «bereinigt», wie sich das EDA auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» äussert. Man habe das private Twitter-Konto umfunktioniert zu einem «Bundesrat-Cassis-Twitter-Konto». Das Problem: Die Tweets lassen sich immer noch finden – nur nicht bei twitter.com.

Bei Politwoops.de zum Beispiel sind die Tweets namhafter Politiker archiviert. So lässt sich auch genau rekonstruieren, was der Ignazio Cassis von heute am Ignazio Cassis von gestern peinlich findet.

Die Retourkutsche via Streisand-Effekt

Das hätte der Neo-Bundesrat aber besser sein gelassen. Wie jeder B-Promi wissen sollte, gibt es den sogenannten Streisand-Effekt, «wonach der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken oder entfernen zu lassen, öffentliche Aufmerksamkeit nach sich zieht und dadurch das Gegenteil erreicht wird, dass nämlich die Information einem noch grösseren Personenkreis bekannt wird» (gemäss Wikipedia).

Benannt ist der Effekt nach der Sängerin Barbra Streisand, die einst einen Fotografen wegen einem Luftbild ihrer Villa verklagte – und so erst recht die Aufmerksamkeit auf dieses eine von 12'000 ähnlichen Fotos lenkte.

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