Kita-Kosten: Glaubt Ihr Kind auch noch an den Kantönligeist?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Rund tausend Franken pro Kind und Jahr für externe Betreuung zahlt der Kanton Zug. Ist das viel? Das wüssten wir auch gerne. Ein Kommentar.

Kita Kind Zürich Sonnenbrille
Ein Junge mit Sonnenhut und Sonnenbrille in der Garderobe der Kita 6a der Stiftung GFZ, aufgenommen am 9. Juli 2020 in Zürich. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kantone subventionieren die Kosten für Kita-Plätze.
  • Zug zum Beispiel zahlt im Schnitt fast tausend Franken.
  • Ein Vergleich mit anderen Kantonen ist aber fast nicht möglich.

Kita-Plätze sind gefragt, ebenso Mittagstische, Tagesbetreuung und Tagesmütter. Tagesväter werden in freier Wildbahn nur selten gesichtet, weshalb man entweder eine Kopfprämie ausrichten oder sie unter Schutz stellen sollte. Wahrscheinlich getraut sich niemand, dieses heikle Thema anzusprechen, weil der Bundesrat dann eh nur wieder sagt: «Ist Sache der Kantone.»

Schicken Sie Ihr Kind in eine Kita?

Aber à propos Kantone: Der Kanton Zug vermeldet, man habe mehr als dreimal so viele Betreuungsplätze wie noch 2005. Finanziert haben die Zuger Gemeinden dies mit 958 Franken pro Kind und Jahr. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch 2005 – aber ist das viel?

Genfer Kinder sind anders – Basler auch

Wenn sich Steuern, Mieten und Unternehmensneugründungen kantonal vergleichen lassen, dann ja wohl auch Kinderkopfkosten. Sorry: Der öffentliche Finanzierungsgrad, die Ausgaben für familien- und schulergänzende Betreuung im Verhältnis zur Anzahl Kinder zwischen 0 und 12 Jahren. Klipp und klar definiert und damit der Anfang aller Ungewissheiten.

Kita Kinder Turm
Kita-Kinder bauen einen Turm aus Holzklötzchen (Symbolbild). - Keystone

Nicht alle Kinder unter 12 Jahren werden familienergänzend betreut – allein im Kanton Zug sind es je nach Gemeinde im Vorschulalter zwischen 2 und 52 Prozent. Schweizweit liegt Zug fast beim Durchschnitt von 40 Prozent, in Genf und Basel sind es aber über 60, in Solothurn oder Luzern aber unter 30 Prozent. Wobei dies wiederum die Zahlen der Familien mit mindestens einem Kind in diesem Alter sind – wir vergleichen hier Äpfel mit Kirschen.

Mit den rund tausend Franken Finanzierungsgrad hilft Zug vergleichsweise weniger Kindern als Basel. Dort ist aber der Finanzierungsgrad auch mehr als dreimal so hoch. In Solothurn liegt er dafür bei rund 250 Franken. Es ist klar: Basler Kinder sind teurer, Solothurner Goofen gibt es zum Discounter-Preis.

Kita Kinder Essen Basel
Kinder bereiten ein Essen vor in der Krippe zu St. Peter in Basel. Die Krippe zu St. Peter bekam als erster Betrieb in Basel-Stadt für sein vorbildliches Verpflegungsangebot die schweizweit anerkannte Auszeichnung «schnitz und drunder». - Keystone

Oder auch nicht, denn im Mittel kostet ein Solothurner Kita-Platz die Eltern über 20'000 Franken im Jahr, in Zug und Basel aber weniger als 8'000. Moment, auch wieder falsch: Was in der Stadt Solothurn gilt, ist im nordwestlich angrenzenden Bellach SO ein Drittel günstiger. Und im südöstlich angrenzenden Zuchwil SO ein Drittel teurer.

Kinder, Kinder: Wir wissen nicht, was wir tun

Denn Kinderbetreuung ist nicht nur Sache der Kantone, sondern auch Sache der Gemeinden. Manchmal, manchmal auch nicht. Die Kantone sind sich zum Beispiel nicht einig, wer für die Finanzierung zuständig ist: Kanton, Gemeinde, Unternehmen, oder eine Kombination davon.

Es ist klar wie Buchstabensuppe: Bellacher Kinder sind natürlich kein Vergleich zu denjenigen aus «Zuchu», von den Beppi wollen wir schon gar nicht reden. Haben Sie die mal angesehen? Ich auch nicht, aber offenbar brauchen die alle ganz spezifische Betreuung, was die Behörden vor Ort am besten einschätzen können. Wahrscheinlich können die nicht mal mit denselben Spielsachen spielen.

Kita Kinder Essen
Kinder beim Mittagessen in der Kita 6a der Stiftung GFZ, aufgenommen am 9. Juli 2020 in Zürich. - Keystone

Uneinigkeit herrscht auch, ab welchem Einkommen die Tarife wie stark subventioniert werden, wenn überhaupt. Wenig überraschend ist dann, dass gemäss einer Ecoplan-Studie die meisten Kantone 2020 keine Vorgaben über den Lohn der Kita-Angestellten hatten. Fünf Kantone hatten Hygiene-Vorschriften nicht geregelt, ein Drittel haben das Essen vergessen und rund die Hälfte die Öffnungszeiten.

Grüppchenbildung

Die 26 Kantone haben auch derart unterschiedliche «strukturelle Voraussetzungen», dass es 26 verschiedene Vorgaben bezüglich Betreuungsschlüssel braucht. Eine Übersicht wird zusätzlich erschwert, weil die Kinder – offenbar – auch unterschiedlich schnell Fortschritte machen. Je nach Kanton ergeben sich so Vorschriften für die Anzahl Betreuungspersonen pro Gruppe von zehn, elf oder zwölf Kindern im Alter von 0 bis 1, 0 bis 1,5, 0 bis 2 oder 0 bis 3 Jahren.

Betreuungsschlüssel Kita
Vorgaben zur Anzahl Kinder pro Betreuungsperson in einzelnen Kantonen bzw. Kantonshauptorten, wo nicht anders möglich. - Ecoplan

Und das ist dann natürlich nur der Anfang, denn eines haben immerhin alle Kinder aller Kantone gemeinsam: Sie werden irgendwann 1,5 bis 3, 2 bis 4 oder auch 4,5 bis 6 Jahre alt. Und für jede neu erfundene Altersgruppe hat jeder Kanton den Betreuungsschlüssel neu erfunden.

Sind nun 958 Franken pro Kind zwischen 0 und 12 Jahren und pro Jahr viel? Tja, leider können wir das im Kantonsvergleich schlecht abschätzen. Denn, wie eine Studie der Credit Suisse es in der Kapitel-Überschrift noch vornehm ausdrückt: «Uneinheitliches Bild bei den Subventionssystemen». Weniger vornehm dann das Fazit: «Ein wirres Durcheinander».

Kommentare

User #4767 (nicht angemeldet)

Haben sich die Kommentarschreibenden auch mal überlegt, was es für unsere Gesellschaft bedeuten würde, wenn sich alle Mütter nur noch um Kind und Herd kümmern würden? Wer unterrichtet unsere Kinder dann in der Schule? Wer pflegt uns im Spital oder bei der Spitex? Wer behandelt uns in der Hausarztpraxis? Das sind alles typische Frauenberufe, in denen schon heute akuter Personalmangel herrscht! Die wenigsten Kinder besuchen die KiTa zudem 5 Tage pro Woche - 2 bis 3 Tage ist der Schnitt, wo die Kinder auch viel lernen, was sie heute in Kleinfamilien nicht mehr mitbekommen.

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