Marschiert SP bei Steuervorlagen nun einfach durch?
Nach dem überraschenden Stempelsteuer-Erfolg der SP ist die Partei im Hoch. Die Abschaffung der Verrechnungssteuer könnte erfolgreich verhindert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP bereitet sich nach dem Riesenerfolg von gestern auf das nächste Steuerprojekt vor.
- Die Linken wollen die Abschaffung der Verrechnungssteuer mittels Referendum verhindern.
- Die Verrechnungssteuer auf Zinsen aus Obligationen sollte Steuerkriminalität verhindern.
Nach den Kinderabzügen und der Pflegeinitiative verbuchen die Linken nun den dritten Grosserfolg an einer Abstimmung. Die Stempelsteuer bleibt, die Stimmbevölkerung hat sich deutlich für das Referendum ausgesprochen.
Insbesondere die SP hat jetzt Rückenwind in Steuerfragen: Das Volk stehe auf ihrer Seite, so wird das Resultat von gestern interpretiert.
Noch bevor über die Abschaffung der Stempelsteuer abgestimmt wurde, wurde ein neues Referendum vonseiten der SP und Grünen lanciert. Dieses Mal gegen die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer. Dass das Referendum zustande kommt, ist sehr wahrscheinlich, so sieht es auch SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (ZH).
Genauer soll die «Verrechnungssteuer auf Obligationszinsen» abgeschafft sowie die «Umsatzabgabe auf inländische Obligationen» aufgehoben werden. Das ist Teil des Reformprojekts von Finanzminister Ueli Maurer. Der Bundesrat hofft, mit der Abschaffung den Wirtschaftsstandort Schweiz indirekt zu stärken.
Abschaffung Verrechnungssteuer – mehr Steuerkriminalität?
Obligationen sind eine Art zeitlich begrenzter Kredit von Privatpersonen für Unternehmen oder Staaten. Sie werden auch, wie Aktien, an der Börse gehandelt. Auf ihr ausgeliehenes Geld erhalten die Personen Zinsen: Darauf erhebt der Bund 35 Prozent Steuern.
Die erhobene Steuer erhält man jedoch zurück: Zweck der Verrechnungssteuer ist nämlich, den Staat gegen Steuerhinterziehung abzusichern. Deklariert eine Privatperson also ihr Vermögen und ihre Erträge aus Obligationszinsen korrekt, hat sie gegenüber Bund und Kantone «alles richtig gemacht» und erhält ihr Geld zurück.
Genau deswegen hat die SP ein Problem mit der geplanten Abschaffung. Sie öffnet in den Augen der Genossinnen und Genossen Tür und Tor für Steuerkriminalität. Zudem entstünde ein Loch in der Bundeskasse: Nach Einschätzungen des Eidgenössischen Finanzdepartement ist mit einem Loch im dreistelligen Millionenbereich zu rechnen.
SP: Gegen Reiche anstatt Konzerne
Die SP wird höchstwahrscheinlich mit denselben Argumenten in den Abstimmungskampf gehen, die bei der Stempelsteuer Wirkung gezeigt haben. «Ich glaube, die Leute haben wirklich die Nase voll», sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth gestern im Interview mit Nau.ch.
«Die Nase voll von 30 Jahren Steuerentlastungen für Grosskonzerne», Wermuth weiter. «Sie merken, ihre Lebenskosten steigen, Mieten steigen, Krankenkassenprämien steigen.» Bei der Verrechnungssteuer werden Unternehmen aber nicht direkt entlastet. Vielmehr wird die Linkspartei wohl ihre Kampagne auf Vermögende richten, die entlastet würden.
Ob das reichen wird, um die Bevölkerung ein viertes Mal vom Referendum zu überzeugen, wird sich am Abstimmungssonntag zeigen. Wann über die Vorlage abgestimmt wird, steht noch nicht fest. Zuerst müssen Jacqueline Badran und Kollegen noch Unterschriften sammeln.