Neu zugelassene Omikron-Impfung schon wieder veraltet!
Als fast erstes Land lässt die Schweiz den Omikron-Booster von Moderna zu. War Swissmedic sehr schnell oder setzen wir auf den falschen Impfstoff?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz hat als eines der ersten Länder einen Omikron-Impfstoff zugelassen.
- Der Entscheid sei aufgrund der wissenschaftlichen Daten gefallen, betont Swissmedic.
- Der Impfstoff wirkt am besten gegen einen Omikron-Typ, der gar nicht mehr kursiert.
Auf einmal scheint die Zulassungsbehörde Swissmedic den Turbo gezündet zu haben: Der Omikron-Booster von Moderna wurde diese Woche in der Schweiz zugelassen, als fast erstem Land weltweit. In Deutschland muss Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch auf den Entscheid der EU-Behörde vertrösten. Beim «alten» Booster aber kam die Schweizer Zulassung mehrere Monate später als in der EU oder den USA.
Zulassung im Schnellverfahren
Irgendwann im Herbst will die Impfkommission über die Empfehlungen für weitere Booster-Dosen entscheiden. Dass mindestens ein Omikron-Impfstoff jetzt auch zugelassen ist, ist diesbezüglich wohl matchentscheidend.
Dass man deswegen extra pressiert habe, davon will man bei Swissmedic aber nichts wissen. Der «Fahrplan» einer Zulassung werde massgeblich durch die Gesuchsteller bestimmt, betont Mediensprecher Lukas Jaggi.
Entscheidend für die Effizienz seien die Aussagekraft der wissenschaftlichen Daten zu Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität. «Einfluss hat auch die Beantwortungszeit der Firmen auf allfällig von Swissmedic gestellten Fragen», so Jaggi. Sobald die Unterlagen einen Entscheid zulassen, könne dieser auch gefällt werden.
Dies scheint beim Gesuch von Moderna also der Fall gewesen zu sein. Dasjenige von Pfizer/Biontech für deren Omikron-Kombi-Impfstoff ist noch «in rollender Begutachtung», wurde aber auch rund einen Monat später eingereicht. Zwei Faktoren könnten aber erklären, warum die Schweiz dieses Mal die Nase vorn hat beim Boostern, letztes Mal aber nicht.
Einerseits weist man bei Swissmedic darauf hin, dass, zum Beispiel in den USA und Grossbritannien, die Impfstoffe eine Notfallgenehmigung erhielten. Eine Zulassung während der Bearbeitung des Gesuchs sei aber in der Schweiz nicht vorgesehen.
Swissmedic hat mit den Behörden anderer Länder abgesprochen, dass man dies auch künftig nicht wolle. Hingegen will man gemeinsam bei bereits zugelassenen Impfstoffen, die lediglich bezüglich Virustyp geändert werden, auf die «langwierigen klinischen Studien» verzichten.
So sollen die Impfungen der Bevölkerung rasch zugänglich gemacht werden. Diese anderen Länder sind Australien, Kanada, Singapur und Grossbritannien – nicht aber die EU oder die USA.
Es ist gar nicht der neuste Omikron-Impfstoff
So ist es wenig überraschend, dass einen Tag nach der Schweiz auch Australien den Omikron-Impfstoff von Moderna zulässt. Nur: Nützt dieser «Vorsprung» auch etwas, beziehungsweise schützt die Impfung gegen die Coronavirus-Varianten des Herbsts 2022? Denn der Zulassungsantrag von Moderna wie auch der noch hängige von Pfizer beziehen sich auf Impfungen gegen Omikron BA.1. Diese Variante ist aber gar nicht mehr im Umlauf, es dominiert BA.5 mit ein paar wenigen BA.4-Fällen.
Zwar entwickeln beide Unternehmen auch einen BA.4/5-Impfstoff. Doch Zulassungsgesuche wurden bislang nur in den USA und der EU eingereicht. Das BAG hält fest: «Grundsätzlich steht der Schweiz – vorbehältlich der entsprechenden Zulassung durch Swissmedic – stets die neuste verfügbare Impfstoffvariante der jeweiligen Hersteller zur Verfügung.» Doch ohne Gesuch keine Zulassung.
Während die Schweiz Impfstoff gegen BA.1 erhält, liefert Moderna bereits Millionen Dosen BA.4/5-Impfstoff nach Kanada. Dort ist dieser zwar auch noch nicht zugelassen, aber das Gesuch ist deponiert.
Die US-Behörde FDA hat gar gestern der BA.4/5-Impfung sowohl von Pfizer wie von Moderna ihren Segen erteilt. Schon heute soll über eine Impfempfehlung befunden werden.
Diese wäre für alle Personen ab 12 Jahren gültig, deren letzte Impfdosis mindestens zwei Monate zurückliegt. Immerhin betonen beide Hersteller, die BA.1-Impfung nütze auch gegen die BA.4/5-Virusvariante – aber etwas weniger.
Schnellere Zulassung, aber älterer Impfstoff
Wie viel weniger zeigen Zahlen aus der Zulassungsinformation für die Moderna-Impfung in Grossbritannien. Gegen die BA.1-Variante waren vier Wochen nach dem Piks achtmal mehr Antikörper vorhanden, gegen BA.4/5 rund sechsmal mehr. Das ist nicht nichts. Aber selbst durch den «alten» Booster lag die Immunantwort noch bei drei- bis viermal so vielen Antikörpern.
Die Crux: Lösen sich Mutationen des Coronavirus weiterhin im gleichen Takt ab, wird BA.5 schon diesen Winter wieder durch die nächste Variante verdrängt. Welcher Impfstoff dann in der Schweiz verfügbar beziehungsweise sinnvoll sein wird, ist vorderhand unklar. Die Hoffnungen der Impfstoff-Hersteller liegen derweil auf einem universellen Impfstoff, der gegen eine ganze Reihe von Coronaviren wirkt.