Patientenschutz: «So kommen wir nicht weiter!»
Die neusten Sparvorschläge des Bundesrats für das Gesundheitswesen stossen auf breiten Widerstand. Ärzte, Pharma, Konsumentenforum: Alle kritisieren Bundesrat Alain Berset «aufs Schärfste». Jetzt wehrt sich die Stiftung Patientenschutz für den Gesundheitsminister.

Das Wichtigste in Kürze
- Kritik an den Kritikern: Der Patientenschutz findet die Massnahmen des Bundes im Gesundheitswesen «nicht so schlecht».
- Eine Allianz aus Ärzten, Pharma und Konsumentenvertretern kritisiert insbesondere das geplante Referenzpreissystem.
- Wenn immer ganze Massnahmenpakete gebodigt werden, komme man aber nicht weiter, heisst es beim Patientenschutz.
Die Allianz «Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten» wehrt sich vehement gegen eben diese eine Massnahme von Bundesrat Berset: Die Referenzpreise (Nau berichtete). Mit diesen und einem Dutzend anderer Massnahmen will der Bundesrat den Kostenanstieg im Gesundheitswesen dämpfen.
Schützenhilfe für Berset von Patientenorganisation
«Der Ansatz des Bundesrats ist nicht so schlecht», sagt Susanne Hochuli, Präsidentin der Schweizerischen Stiftung SPO Patientenschutz. Mit dem Referenzpreissystem will der Bundesrat, dass nur das jeweils günstigste Generikum eines Medikaments vergütet wird. Wählt der Patient ein anderes Produkt, zahlt er drauf.
Während Hochuli an einen Spareffekt glaubt, sagt die Allianz der Gegner, dies sei gar potentiell gesundheitsschädigend – und damit dann wieder teurer. Sozial schwache Patienten hätten das Nachsehen, müssten je nach dem fortwährend das Produkt wechseln mit entsprechenden Risiken und Nebenwirkungen.
Kritik der Gegner nicht grundsätzlich falsch
Das von Pharma, Apothekern und Ärzten aufgezeigte Szenario habe schon etwas für sich, bestätigt Hochuli gegenüber Nau. Gerade bei älteren Patienten könne es problematisch sein, wenn sie laufend ihr Medikament umstellen sollten. Aber: «Da sind dann die Ärzte und Apotheker gefordert, gute Beratungen anzubieten.»

Hochuli kritisiert die Kritiker, die wegen einer einzelnen Massnahme Fundamentalwiderstand leisten. Natürlich müsse man jede Massname einzeln anschauen. «Wenn es aber Allianzen gibt, die ein ganzes Päckli bodigen, kommen wir nicht weiter.» Hochuli spielt damit darauf an, dass schon seit Jahren die eine oder andere Lobby den Bundesrat jeweils auflaufen lässt.
Typisch schweizerische Nein-Sager
«Man findet immer etwas», sagt Hochuli. Nebst dem Referenzpreissystem will der Bundesrat unter anderem auch einen Experimentierartikel einführen, der im Parlament im Zuge der Hanf-Diskussion auf breite Zustimmung stösst.
Die Allianz aus mehreren Pharma-Verbänden, Konsumentenvertretern und Ärzten hätte genug Einfluss, wegen den Referenzpreisen gleich das ganze Massnahmenpaket zu kippen. Auch hier erkennt Hochuli ein wiederkehrendes Muster: «Das ist so das Schweizerische für mich: Man ist immer grad dagegen, statt dass man mal Erfahrung sammelt.»