Regula Rytz mit Macht-Demonstration gegen innen und aussen
Aus heiterem Himmel kündet Grünen-Chefin Regula Rytz ihre Bundesrats-Kandidatur an. Pikant: Damit greift sie der eigenen Fraktion vor. Eine Blitz-Analyse.
Das Wichtigste in Kürze
- Grünen-Präsidentin Regula Rytz will Bundesrätin werden.
- Einen Tag vor dem Grundsatzentscheid der Fraktion verkündet sie ihre Kandidatur.
- Damit markiert sie auch parteiintern ihr Revier, schreibt Politik-Chef Christof Vuille.
Was ist los bei den Grünen? Seit den Wahlen vor einem Monat herrscht von der Parteispitze ohrenbetäubendes Schweigen, was eine mögliche Bundesrats-Kandidatur angeht. Diese Woche überstürzen sich dann die Ereignisse.
Am Montag kommuniziert die Partei, dass am Freitag in der ersten Fraktions-Sitzung in neuer Konstellation entschieden werde, ob überhaupt ein Sitz in der Regierung angestrebt wird. Diese interne Diskussion ist nun praktisch obsolet.
Regula Rytz kommt der eigenen Fraktion zuvor
Denn Knall auf Fall verkündet Regula Rytz, Parteipräsidentin und strahlende Wahlsiegerin, einen Tag davor ihre eigene Kandidatur. Sie begründet dies damit, dass die Fraktion vor dem Entscheid wissen soll, wer als Kandidat zur Verfügung steht.
Wohl ebenfalls entscheidend war, dass die anderen Fraktionen Klarheit wollten vor den morgigen Sitzungen.
Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Vielmehr hat Rytz ihren Parteikolleginnen und Parteikollegen klar gemacht: Wenn es zum ersten Mal eine grüne Bundesrätin gibt, bin das ich. Und niemand anderes aus der zweiten Reihe.
Nicht-Kandidatur wäre nun ein Affront
Die zweite Botschaft, die sie an ihre neugewählten Nationalräte aussendet: Wir treten an. Es gibt keine Widerrede. Die sonst sehr überlegte und zurückhaltende Bernerin geht in die totale Offensive.
Ich freue mich sehr, dass Regula Rytz sich für die Bundesrats-Nomination zur Verfügung stellt.
— Balthasar Glättli🌻 🕊 (@bglaettli) November 21, 2019
Morgen Freitag entscheidet die Fraktion über unsere Strategie. Point de Presse Freitag 16h im Bundeshaus. pic.twitter.com/BS7wqjVj4a
Und verunmöglicht ihren neuen Fraktionskollegen eine offene Diskussion, ob der Sitz von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis wirklich attackiert werden soll.
Denn sollte die Fraktion morgen eine Kandidatur ablehnen, wäre dies eine offene Desavouierung der eigenen Parteipräsidentin. Gleichzeitig bremst die Wahlsiegerin mit ihrer Offensive gleich auch das Kandidatenkarusell.
Öffentlich die eigene Chefin herauszufordern, braucht eine grosse Portion Mut. Rytz’ Vorpreschen ist also nicht nur eine Kampfansage an die politische Konkurrenz. Es ist eine Macht-Demonstration in SVP-Manier. Vor allem gegenüber ihrer eigenen Partei.