SP-Badran schenkt Ueli Maurer Gotthelf-DVD gegen Impfskeptiker
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran hat Bundesrat Ueli Maurer eine Gotthelf-Verfilmung geschenkt. Es handelt vom Aberglauben in Seuchenzeiten.
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Nationalrätin Jacqueline Badran hat SVP-Bundesrat Ueli Maurer eine DVD geschenkt.
- Es handelt sich um die Verfilmung eines Gotthelf-Romans.
- Der historische Einblick soll Maurer vom Nutzen von Impfungen überzeugen.
Unter der Bundeshauskuppel gehört SP-Nationalrätin Jacqueline Badran gewiss nicht zu den Subtilsten. Vor allem, solange die Kameras noch nicht laufen. Jetzt hat die streitlustige Unternehmerin aber mitten im Nationalratssaal einen subtilen Coup gelandet. Und das erst noch vor laufender Kamera.
Liebenswürdige Kritik an Corona-Kritiker Maurer
Ziel der Aktion war Finanzminister Ueli Maurer, der bekanntlich kaum ein Geschenk ablehnen kann und die textilen darunter sogleich überzieht. Badran beschenkte den SVP-Bundesrat mit einer DVD und postete den Hintergrund dazu später auf Twitter. Impftrödler Maurer («ich bin ja zäh») erhielt den Film «Anne Bäbi Jowäger» nach dem Roman von Jeremias Gotthelf, einer Kampfschrift gegen Impfskepsis. Oder in den Worten von Badran: Gegen Aberglauben und Scharlatanerie mit Wundermitteln zur Seuchenbekämpfung.
Ein Geschenk für Ueli: Anne Bäbi Jowäger - eine Auftragsschrift vom Kanton Bern an Jeremias Gotthelf, um gegen den #Aberglauben und die #Scharlaterie mit Wundermitteln zur #Seuchenbekämpfung anzuschreiben #Pocken #Diphterie #1845 #Geschichtewiederholtsich pic.twitter.com/ukaCfrmZwD
— Jacqueline Badran (@JayBadran) September 30, 2021
Hashtag: Geschichtewiederholtsich, denn das Buch stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Kanton Bern hatte es bei Gotthelf in Auftrag gegeben, um die Impfung gegen Pocken zu forcieren. Maurer selbst – obwohl dem Kollegialitätsprinzip im Bundesrat verpflichtet – hatte Zweifel gegenüber der Corona-Impfung geäussert. «Luegs aa», empfiehlt Badran freundlich, und Maurer scheint es mit Humor zu nehmen.
Seitenhieb sitzt
Gotthelfs Romanfigur Anne Bäbi Jowäger lebt im Emmental, ist Bauersfrau und lässt für ihren an Pocken erkrankten Jakobli viel zu spät den Doktor holen. Zuerst werden die Wundermittel von Magd Mädi probiert, dann der Rat einer Wahrsagerin geholt. Jakobli überlebt, auf einem Auge blind, heiratet, wird Vater. Doch als ihr Enkel Köbeli an Diphtherie erkrankt, bevorzugt Anne Bäbi Jowäger die Behandlung von Kurpfuscher Vehansli, und Köbeli stirbt.
Badran bringt Maurer damit etwas ins Dilemma, denn Jeremias Gotthelf wird bei der SVP, insbesondere von Christoph Blocher, vergöttert. Dass sie ausgerechnet mit Gotthelf Bundesrat Maurer vom Nutzen der modernen Medizin überzeugen will, ist etwas frech.
Aber sie hätte dazu wohl sogar den Segen von Gotthelf-Experte Blocher. Dieser lobt gerne landauf, landab, in Sonntagsreden vor zahlreichem Publikum den «unbequemen Querdenker». «Gotthelf wusste: Manchmal muss man laut und unanständig sein», so Blochers Erkenntnis. Nur widerspricht in seinem Roman der Querdenker Gotthelf den Querdenkern von 2021.
Wer Parallelen sucht, der findet
Ob Maurer die DVD auch anschaut: Zweifel sind angebracht. Schliesslich widmet er sich lieber einem «guten Buch», als TV zu schauen, geschweige denn ein DVD-Gerät zu bedienen. Tut er es, wird er erkennen: Hinter Gotthelf, Maurer und Corona steckt noch viel mehr.
Man muss dazu gar nicht die berühmteste Gotthelf-Verfilmung «Ueli der Knecht» bemühen. «Anne Bäbi Jowäger» tut es nämlich auch. Eine wichtige Figur darin ist die Seifenverkäuferin namens Maurer-Vreni. In der Verfilmung von Franz Schnyder von 1960 wird sie gespielt von Anneliese Egger. Sie erhielt Rollen in Schnyder-Filmen durch ihre Kollegin am Berner Atelier-Theater, Linda Geiser.
Diese spielt im selben Film die Lisi vom Ziberlihoger und ist die heute wohl bekannteste Schauspielerin der Schnyder-Besetzung. Geiser spielte nämlich auch Johanna Blanc bei «Lüthi und Blanc». Geboren ist sie 1935 in Köniz bei Bern, wo auch der Sitz des… BAG ist. Soll noch einer sagen, an Verschwörungstheorien sei nichts dran.