Weltfrauentag: Wie stehen wir in Sachen Gleichberechtigung?
Schon in den Achzigern war Anita Fetz eine engagierte Frauenrechtlerin. Nau schaut mit der SP-Ständerätin auf die Gleichstellung: Was haben wir erreicht? Wo fehlt es noch?
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Ständerätin Anita Fetz: «Auf gesetzlicher Ebene haben wir Frauen alle wichtigen Entscheide durchgebracht».
- Seit 1971 wurden Eltern-, Ehe-, Scheidungs- und Namensrecht erneuert.
- Noch fehlen Lohngleichheit, faire Steuern und eine Prise Realismus: Wer berufliche Erfolge will, muss Zeit investieren.
Heute ist Weltfrauentag. Zu dieser Gelegenheit tut Nau einen Blick zurück und einen voraus: Was haben wir Frauen in Sachen Gleichstellung bereits erreicht? Wo besteht noch Potential?
«Auf gesetzlicher Ebene haben wir Frauen seit 1971 alle wichtigen Entscheide früher oder später durchgebracht, das macht mich stolz», sagt die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz.
Das haben die Frauen erreicht
Zu den wichtigen politischen Errungenschaften seit Einführung des Frauenstimm- und wahlrechts gehört das neue Kindsrecht von 1978: Mütter und Väter teilen sich nun die «elterliche Sorge». Zehn Jahre später kommt mit dem neuen Eherecht auch die Gleichstellung von Frau und Mann in der Ehe. Der Mann ist jetzt nicht mehr das offizielle Familienoberhaupt, während die Frau den Haushalt zu besorgen hat.
Das neue Namens- und Scheidungsrecht wird eingeführt, Gewalthandlungen in der Ehe werden seit 2004 als Delikt sanktioniert, Familienzulagen und Mutterschaftsentschädigung sichern Familien finanziell besser ab. Zudem konnte die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch eingeführt werden.
37 Jahre Kampf um Lohngleichheit
1981 findet zudem ein heute wieder heftig diskutierter Satz Eingang in die Verfassung: «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich». Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – gleicher Lohn. Weil der neue Artikel 8 sich nicht durchzusetzen vermag, wird der Grundsatz der Gleichbehandlung 1996 durch das Gleichstellungsgesetz verstärkt.
Weil Lohngleichheit noch immer nicht überall gewährleistet ist, legte der Bundesrat dem Ständerat letzte Woche einen neuer Vorschlag vor: Unternehmen ab 50 Mitarbeitern sollen sich einer Lohnanalyse unterziehen müssen und Ungleichheiten ausbügeln. Der Ständerat allerdings winkte ab (Nau berichtete).
Damit ist der weitere Weg in Richtung Gleichstellung vorgegeben. «Entscheidend sind für mich Franken und Rappen», sagt Fetz, selber erfolgreiche Geschäftsfrau. Darum sei der nächste Meilenstein reale Lohngleichheit.
Zudem braucht es die Einzelbesteuerung, damit verheiratete, erwerbstätige Frauen keine doppelte Steuerlast tragen müssen, sowie ein Ausschreiben von Mandaten in Verwaltungsräten, die aktuell meist unter der Hand weggehen. Den Kürzeren ziehen dann Frauen aller Altersklassen und junge Männer. Weil ältere Herren vor allem ältere Herren kennen – und vorschlagen.
Partnerschaft heisst nicht 50/50
Und wann ist das Ziel erreicht? «Wenn Frauen und Männer genau gleiche Rechte haben und in allen Bereichen partnerschaftlich kooperieren.»
Das heisst für Fetz aber nicht, dass in einer rosigen Zukunft Paare je 50 Prozent arbeiten und sich die übrige Zeit zu gleichen Teilen um den Nachwuchs kümmern. «Wer einen spannenden Job machen und vielleicht einmal eine Leitungsposition besetzen will, muss mit einem gewissen Pensum arbeiten», sagt Fetz. Alles unter 80 Prozent werde schwierig.
«Aber Kinderbetreuung muss nicht nur in der Kleinfamilie stattfinden. Früh in einem grossen sozialen Umfeld, wie der Krippe, zu sein, tut ihnen gut», sagt die SP-Frau.