Bundesverfassungsgericht weist «langsamen Richter» aus Baden-Württemberg ab
Das Wichtigste in Kürze
- Angeblicher Verstoss gegen richterliche Unabhängigkeit nicht dargelegt.
Einen Verstoss gegen seine richterliche Unabhängigkeit habe er nicht ausreichend dargelegt, befanden die Karlsruher Richter in einem am Dienstag bekanntgegebenen Beschluss. (Az: 2 BvR 1473/20)
Der bundesweit als «langsamer Richter» bekannt gewordene Thomas Schulte-Kellinghaus arbeitet bei der Zweigstelle Freiburg des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe. Als er dort den Senat wechselte, waren seine Kollegen mit einem Berg unerledigter Akten konfrontiert.
Die damalige OLG-Präsidentin erteilte ihm deswegen 2012 eine Rüge. Er unterschreite «seit Jahren ganz erheblich und jenseits aller grosszügig zu bemessender Toleranzbereiche das Durchschnittspensum». 2011 habe er sogar weniger erledigt als Kolleginnen und Kollegen mit halber Stelle.
Das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof hielt zunächst 2017 die diesbezügliche Prüfung für angebracht und bestätigte dann im Mai 2020 die Dienstaufsichtsrüge auch inhaltlich. Die Aufforderung zu einer «unverzögerten Erledigung» der Arbeit beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit nicht. Die Grenze zu einer solchen Beeinträchtigung werde erst überschritten, wenn ein Pensum abverlangt werde, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lasse.
Nun scheiterte Schulte-Kellinghaus auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter betonten, dass die richterliche Unabhängigkeit vorrangig auf die «sachliche Unabhängigkeit» abziele. Damit verbunden seien allerdings durchaus auch angemessene Massstäbe für das Arbeitspensum.
Dass dies verletzt worden sei, habe Schulte-Kellinghaus aber nicht dargelegt. Laut Richtergesetz dürfe die Dienstaufsicht nicht nur zu einer ordnungsgemässen, sondern auch zu «unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte» ermahnen. Diese Vorschrift habe Schulte-Kellinghaus verfassungsrechtlich nicht angegriffen. Warum seine Ermahnung dann unzulässig gewesen sein soll, habe er nicht erklärt.
Insbesondere hätten die OLG-Präsidentin und das Dienstgericht nicht ein bestimmtes Arbeitspensum eingefordert, sondern «nur eine insgesamt höhere, sich dem Durchschnitt annähernde Arbeitsleistung». Dies lasse sich gegebenenfalls auch mit einer verbesserten Arbeitsorganisation erreichen, was dann keinen Einfluss auf die eigentliche Rechtsprechung und die richterliche Sorgfalt habe. Er selbst habe ausdrücklich anerkannt, dass auch seine effizienteren Kolleginnen und Kollegen diese Grundsätze beachten.