Johnson und Hunt in Stichwahl um Mays Nachfolge
Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May treten Ex-Aussenminister Boris Johnson und der amtierende Aussenminister Jeremy Hunt gegeneinander an. Beim fünften Wahlgang der Tory-Abgeordneten erzielte Johnson am Donnerstagabend 160 Stimmen, auf Aussenminister Hunt entfielen 77 Stimmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Umweltminister Gove nach jüngster Abstimmung bei den Tories ausgeschieden.
Hunt lag nur knapp vor Umweltminister Michael Gove, der mit 75 Stimmen als Drittplatzierter aus dem Rennen um den Parteivorsitz der britischen Tories ausschied.
«Ich fühle mich zutiefst geehrt, dass ich mehr als 50 Prozent der Stimmen in der Schlussabstimmung erhalten habe», schrieb Johnson im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er freue sich darauf, seinen Brexit-Plan vorzustellen, das Land zu «einen und eine bessere Zukunft für uns alle zu schaffen».
Der unterlegene Gove zeigte sich enttäuscht vom Ausgang der Abstimmung. Es sei jedoch eine Ehre gewesen, «eine Vision für die Zukunft unseres grossartigen Landes aufstellen zu dürfen», sagte er.
Die abschliessende Entscheidung über den Parteivorsitz treffen nun die 160.000 Parteimitglieder zwischen Johnson und Hunt. Der neue Vorsitzende der Tories soll bis Ende Juli gekürt sein. Er wird dann auch Regierungschef und Nachfolger von Premierministerin May. Johnson war aus allen Abstimmungen unter den Tory-Abgeordneten als klarer Sieger hervorgegangen.
Am Donnerstagmittag war bereits Innenminister Sajid Javid ausgeschieden, nachdem er unter den drei übrigen Bewerbern mit 34 Stimmen am schlechtesten abgeschnitten hatte. In dem Wahlgang kam Gove auf 61 Stimmen und überholte damit den bis dahin Zweitplatzierten Hunt, der 59 Stimmen auf sich vereinte. Ursprünglich hatten sich zehn Bewerber und Bewerberinnen gemeldet, nachdem May am 7. Juni ihren Rücktritt vom Parteivorsitz erklärte.
Einige Beobachter wurden in den vergangenen Wochen davon überrascht, dass Johnson so schnell und eindeutig in Führung ging. Nachdem sich dieser Trend verfestigte kam der «Guardian» am Donnerstag zu dem Schluss, inzwischen sei es «nahezu unausweichlich», dass Johnson Premierminister werde.
Am 22. Juni ist der Auftakt einer landesweiten Debattenreihe zwischen den beiden verbliebenen Kandidaten. Die erste Runde findet vor Parteimitgliedern in Birmingham statt. Für den 15. Juli ist die letzte der 16 Diskussionsrunden in London vorgesehen.
In der Woche des 22. Juli wird voraussichtlich der Name des Siegers bekanntgegeben, und Premierministerin May wird bei der britischen Königin offiziell ihren Rücktritt einreichen. Der neue Regierungschef wird in den Buckingham-Palast eingeladen und mit der Regierungsbildung beauftragt.
Bislang ist nicht absehbar, wie es dem neuen Parteivorsitzenden gelingen könnte, eine Lösung für den geplanten EU-Austritt Grossbritanniens zu finden. Johnson hat sich darauf festgelegt, den Brexit am 31. Oktober notfalls auch ohne Abkommen mit der EU zu vollziehen. Hunt zieht es in Erwägung, den EU-Austritt erneut zu vertagen.
Das Profil des neuen Tory-Chefs ist auch für künftige Wahlkämpfe von entscheidender Bedeutung. Bei der Europawahl hatte die Brexit-Partei von Nigel Farage den Konservativen das Wasser abgegraben. Es könnte sein, dass Johnson dieses Wählerpotenzial für die Tories zum Teil zurückgewinnt.
May war als Parteichefin zurückgetreten, nachdem sie in ihrer Partei über Monate keinen ausreichenden Rückhalt für ihren Brexit-Kurs erhalten hatte. Zuvor war ihr mit Brüssel ausgehandeltes Brexit-Abkommen drei Mal im Parlament durchgefallen. Bis ihr Nachfolger feststeht, bleibt May als Regierungschefin im Amt.