Menschenrechtler fordern verbesserte inklusive Bildung in deutschen Schulen
Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hat Bund und Länder aufgefordert, für den Ausbau eines inklusiven Bildungswesens zugunsten von Kindern und Jugendliche mit Behinderungen stärker zusammenzuarbeiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Jahresbericht sieht Bedarf zur Grundgesetzänderung für Einbindung des Bundes.
Das Institut legte am Mittwoch seinen Jahresbericht vor: Darin forderte es unter anderem auch Verbesserungen für ältere Menschen und Asylsuchende – und eine Grundgesetzänderung, um dem Bund mehr Kompetenzen für Verbesserungen bei der Bildungs-Inklusion zu einzuräumen.
Für den Ausbau inklusiver Bildung an deutschen Schulen brauche es laut dem Menschenrechtsinstitut einen «Pakt für Inklusion» zwischen Bund und Ländern. «Ohne Unterstützung des Bundes wird es nicht gelingen», sagte Institutsdirektorin Beate Rudolf. Um die Kompetenzen des Bundes in der Bildungsfrage auszuweiten, hält das DIMR auch eine Änderung des Grundgesetzes für nötig. Dabei werde die «Bildungshoheit der Länder» jedoch nicht aufgehoben: Bund und Länder seien «gemeinsam in der Pflicht», ein inklusives Schulsystem zu begründen.
Ziel müsse sein, alle Kinder an allgemeinbildenden Schulen inklusiv zu unterrichten, sagte Rudolf. Förderschulen sollten daher langfristig abgeschafft werden.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist als unabhängige Menschenrechtsinstitution bei den Vereinten Nationen akkreditiert und legt dem Bundestag einmal im Jahr einen Bericht zur Lage der Menschenrechte in Deutschland vor.
Das Institut betrachtete es mit Sorge, dass der Ausbau inklusiver Bildung in zahlreichen Bundesländern ins Stocken geraten sei. Es fehle «der politische Wille», beklagte Rudolf. In Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland habe es sogar Rückschritte gegeben. Lediglich Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein würden das Recht auf Inklusion «mit grossem Engagement» umsetzen.
Der menschenrechtliche Sprecher der Grünen, Boris Mijatovi?, teilte die Kritik. Im Bildungsbereich strebe die Regierungskoalition eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern an. Hierzu sei auch eine Grundgesetzänderung zu erwägen. Deutschland habe «in vielen gesellschaftlichen Bereichen Vernachlässigungen der vergangenen Jahre aufzuholen», erklärte Mijatovi?.
In dem Jahresbericht befasst sich das Menschenrechtsinstitut auch mit der Situation von Kindern in der Justiz. Neben Erwachsenen seien auch junge Menschen an Gerichtsverfahren beteiligt – etwa bei Scheidungen der Eltern, in Asylverfahren oder als Zeugen in Strafprozessen. Deshalb forderten die Menschenrechtler, dass Informationen vor Gericht kindgerecht vermittelt werden. Dazu müssten Beteiligte der Justizverfahren im Umgang mit Kindern geschult sein.
In seinem Jahresbericht forderte das Menschenrechtsinstitut zudem Verbesserungen für die Situation älterer Menschen. Dabei beklagte Rudolf eine «zunehmende Altersarmut» sowie «alltägliche Diskriminierung» älterer Menschen. Das Institut empfahl der Bundesregierung, sich nachdrücklich für eine «internationale Konvention» einzusetzen, um die Menschenrechte Älterer ins Bewusstsein zu rufen.
Mit Blick auf die europäische Aussengrenze forderten die Menschenrechtler einen besseren Schutz von Asylsuchenden. So bemängelte das Institut etwa die Menschenrechtslage an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Dort komme es auch europäischem Boden zu Menschenrechtsverletzungen. Den Schutzsuchenden müsse unter anderem ein Zugang zu einem «fairen Asylverfahren» ermöglicht werden.