Polen steht am Wahltag vor Richtungsentscheidung

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In einer für die Regierung in Warschau wegweisenden Abstimmung haben die Polen am Sonntag die erste Runde der Präsidentenwahl abgehalten.

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Wählerin mit Mundschutz in Warschau - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Stichwahl zwischen Amtsinhaber Duda und Herausforderer Trzaskowski wahrscheinlich.

Zwar sahen Umfragen den konservativen Amtsinhaber Andrzej Duda vorn, in der Stichwahl könnte er jedoch gegen seinen liberalen Herausforderer Rafal Trzaskowsi verlieren. Die Wahllokale waren bis 21.00 Uhr geöffnet, erste Prognosen wurden nach deren Schliessung erwartet.

Vor den Wahllokalen überall im Land bildeten sich schon kurz nach der Öffnung um 07.00 Uhr lange Schlangen. Wegen der Corona-Pandemie galten strenge Abstandsregeln, viele Wähler trugen Schutzmasken.

In der ersten Runde stellten sich elf Kandidaten zur Wahl. Aller Voraussicht nach wird der von der rechtskonservativen Regierung unterstützte Amtsinhaber Duda nicht auf die für den Sieg benötigten 50 Prozent der Stimmen kommen. In der zweiten Runde am 12. Juli müsste er Umfragen zufolge dann gegen den Warschauer Bürgermeister Trzaskowski antreten. Eine Niederlage Dudas würde die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) deutlich schwächen.

Der treue Gefolgsmann an der Staatsspitze widersprach in den vergangenen fünf Jahren dem mächtigen PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski selten. Stattdessen segnete er umstrittene Gesetzesänderungen und grosszügige Sozialleistungen ab.

Vor der Wahl versprach er, auch die von der Regierung geplante Rentenerhöhung zu unterstützen. Zusätzlichen Rückenwind erhielt Duda wenige Tage vor der Wahl in Washington: Bei einem Besuch Dudas im Weissen Haus lobte US-Präsident Donald Trump den «fantastischen Job» des polnischen Staatschefs.

In dem von Wertedebatten geprägten Wahlkampf standen sich Duda und Trzaskowski unversöhnlich gegenüber. Während Trzaskowski die von PiS durchgesetzten Änderungen im Justizwesen verurteilte und sich offen für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe zeigte, attackierte Duda die Schwulen- und Lesben-Bewegung und die Europäische Union.

«Ich habe natürlich für Trzaskowski gestimmt! Wegen der Demokratie, der Justiz und dem Respekt für Minderheiten», sagte die 66-jährige Joanna Ugniewska nach der Abgabe ihrer Stimme in einem Wahllokal im Zentrum Warschaus.

Der 48-jährige Trzaskowski war im Mai spontan eingesprungen, nachdem die ursprünglich von der liberalen Bürgerplattform (PO) aufgestellte Bewerberin wegen schlechter Umfragewerte ihre Kandidatur zurückgezogen hatte. Er stelle sich der «enormen Verantwortung, für einen starken Staat und für die Demokratie zu kämpfen», sagte er damals in Anspielung auf die Angst vor einer Aushöhlung von Rechtsstaat und Demokratie in Polen durch die Regierung.

Neben repräsentativen Aufgaben hat das polnische Staatsoberhaupt gemäss der Verfassung nur in der Aussen- und Verteidigungspolitik ein Mitspracherecht. Allerdings kann der Präsident ein Veto gegen Gesetzesvorhaben einlegen - ein Instrument, das die PiS fürchten müsste, käme der liberale Trzaskowski an die Macht.

Umgekehrt könnte ein Sieg Dudas «osteuropäische Tendenzen» in Polen verstärken und das Land in Richtung des «Budapester Modells» rücken, sagte die Politikwissenschaftlerin Anna Materska-Sosowska der Nachrichtenagentur AFP.

Vielen PiS-Vertretern gilt der rechtspopulistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orban als Vorbild, dem in der EU die Gefährdung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen wird. Wegen der umstrittenen Justizreform der PiS hat die EU auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet.

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