SPD erhöht Druck auf Seehofer zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria
Die SPD erhöht den Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zur Aufnahme einer grösseren Zahl von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria auf Lesbos.
Das Wichtigste in Kürze
- Esken: Deutschland soll mehrere tausend Schutzsuchende aufnehmen.
SPD-Chefin Saskia Esken forderte am Sonntag im ZDF, Deutschland müsse mehrere tausend Flüchtlinge aufnehmen, ohne eine Einigung innerhalb der EU abzuwarten. Eine konkrete Zahl nannte sie allerdings nicht. Seehofer hat bislang lediglich die Aufnahme von 150 Kindern und Jugendlichen angekündigt.
Esken sagte in der Sendung «Berlin direkt», Deutschland solle eine «hohe vierstellige» Zahl von Flüchtlingen aus dem früheren griechischen Lager aufnehmen. Sie fügte hinzu, damit meine sie eine Zahl von «wesentlich mehr» als tausend Schutzsuchenden. Deutschland müsse bei der Aufnahme der Flüchtlinge «voranschreiten», gerade auch angesichts der derzeitigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
Die SPD-Vorsitzende forderte, dass eine Entscheidung über das Kontingent der aufzunehmenden Flüchtlinge aus Moria bereits an diesem Montag in der Regierungskoalition fallen müsse.
Nach Informationen des Nachrichtenportals «The Pioneer» will die SPD bei ihrer Vorstandssitzung am Montag eine Resolution zur Lage auf Lesbos verabschieden. Darin werde die bislang von mehreren EU-Staaten geplante Aufnahme von 400 unbegleiteten Minderjährigen, davon 150 in Deutschland, als «völlig ungenügend» bezeichnet. Dies könne «nur ein erster, kleiner Schritt sein», wird aus dem Resolutionsentwurf zitiert.
Der SPD-Vorstand will Seehofer demnach dazu auffordern, auf die Bereitschaft vieler Bundesländer und Kommunen zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria einzugehen. «Wir erwarten vom Bundesinnenminister, dass er diese Bereitschaft jetzt endlich konstruktiv aufgreift», heisst es laut «The Pioneer» in dem Resolutionsentwurf.
FDP-Chef Christian Lindner schlug einen Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen vor. Dieser solle ermitteln, welche Kapazitäten es für die Flüchtlingsaufnahme gebe, sagte Lindner der «Passauer Neuen Presse» (Montagausgabe). Auch er kritisierte Seehofer und warf diesem Untätigkeit vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) solle das Flüchtlingsthema «übernehmen, wenn ihr Innenminister amtsmüde geworden ist».
Ebenso wie Seehofer sprach sich Lindner allerdings gegen einen deutschen Alleingang bei der Flüchtlingsaufnahme aus und forderte eine europäische Lösung. Der deutsche Alleingang in der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 habe «Europa nicht gestärkt». Nötig sei «ein europäisches Management der Migration, das humanitäre Verantwortung mit der Kontrolle des Zugangs verbindet», betonte der FDP-Vorsitzende.
Das vollkommen überfüllte alte Lager Moria, in dem viele Flüchtlinge teilweise seit Jahren unter menschenunwürdigen Bedingungen gelebt hatten, war bei den Bränden am vergangenen Dienstag und Mittwoch fast völlig zerstört worden. Rund 11.500 Menschen wurden durch die Feuer obdachlos, darunter etwa 4000 Kinder.