EU will von Theresa May bei Besuch in Brüssel «realistischen» Brexit-Vorschlag
Das Wichtigste in Kürze
- Tusk: Planlose Brexit-Verfechter verdienen «besonderen Platz in der Hölle».
Er hoffe, dass May nun einen «realistischen» Plan für den EU-Austritt unterbreiten werde, sagte Ratspräsident Donald Tusk am Mittwoch. Er kritisierte unklare Vorstellungen von Brexit-Befürwortern und fand, sie verdienten einen «besonderen Platz in der Hölle». Britische Abgeordnete zeigten sich empört.
Das Unterhaus hatte den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag Mitte Januar klar abgelehnt. Hauptkritikpunkt ist eine Auffanglösung für die britische Provinz Nordirland. Nach ihr müsste das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleiben, wenn in einer geplanten Übergangsphase keine bessere Lösung gefunden wird, um wiedereingeführte Grenzkontrollen zu Irland zu verhindern.
Acht Wochen vor dem geplanten Brexit Ende März will May nun versuchen, «rechtlich bindende» Veränderungen an der Nordirland-Auffanglösung zu erreichen. Sofern dies eine Änderung des Austrittsvertrags betrifft, kam aus Brüssel am Mittwoch erneut ein klares Nein.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Irlands Regierungschef Leo Varadkar sahen sich veranlasst, eine gemeinsame Erklärung zu veröffentlichen. «Der Austrittsvertrag ist der beste und einzige Deal, der möglich ist», hiess es darin. «Er ist für Nachverhandlungen nicht offen.»
Juncker und Varadkar betonten, dazu gehöre auch die Auffanglösung zu Nordirland. Sie sei eine «notwendige, rechtliche Garantie, um den Frieden zu sichern», hiess es mit Blick auf den blutigen Nordirland-Konflikt, der 1998 durch das Karfreitagsabkommen und eine offene Grenze zu Irland beendet worden war.
Nach dem monatelangen Gezerre um den Brexit zeigte sich Tusk genervt. «Ich frage mich, wie dieser besondere Platz in der Hölle für die Brexit-Verfechter aussieht, die noch nicht einmal in Umrissen einen Plan haben», sagte er nach einem Treffen mit Varadkar.
«Sie werden Dir dafür in der britischen Presse schreckliche Probleme bereiten», sagte der irische Regierungschef darauf voraus. Auf das Erscheinen der Zeitungen am nächsten Tag brauchte der Pole Tusk allerdings nicht zu warten. Zahlreiche britische Abgeordnete schossen umgehend zurück.
«Donald Tusk zeigt einmal mehr seine Verachtung für die 17,4 Millionen Menschen, die (beim Brexit-Referendum 2016) dafür gestimmt haben, der Korruption der EU zu entkommen», erklärte Sammy Wilson, Brexit-Sprecher der nordirischen DUP, die Mays konservative Regierung unterstützt. «Dieser teuflische Euro-Verrückte tut sein Bestes, um das Vereinigte Königreich in den Ketten der EU-Bürokratie und -kontrolle zu halten.»
Die konservative Abgeordnete Andrea Leadsom nannte Tusks Äusserung «boshaft» und «ziemlich unannehmbar». Ihr Parteifreund Peter Bone sprach von einer «völlig unverschämten Beleidigung». Der gleichfalls zu den Tories gehörende Abgeordnete Simon Clarke sagte, Tusks Worte liessen ihn dazu neigen, «einen klaren Bruch» ohne Austrittsvertrag zu unterstützen.
Gegner des EU-Austritts in Grossbritannien zeigten dagegen Unterstützung für Tusk. «Manchmal schmerzt die Wahrheit», sagte Joanna Cherry von der schottischen Partei SNP. Die von Jugendlichen und Studenten gestartete Anti-Brexit-Kampagne «For our Futures' Sake» meinte, Tusk habe «absolut recht».