Girard (GAB): «Von Erasmus+ profitieren europaweit junge Menschen»
Fina Girard (GAB) erklärt im Interview, weshalb sie eine erneute Teilnahme der Schweiz am Erasmus-Programm fordert.
Das Wichtigste in Kürze
- Fina Girard (GAB) fordert die erneute Teilnahme der Schweiz bei Erasmus+.
- Dazu hat sie im Grossen Rat einen Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative gestellt.
- Im Interview erläutert die Grossrätin, welche Vorteile sich durch Erasmus+ ergeben würden.
Der Grosse Rat von Basel-Stadt diskutiert am 10. April 2024 über einen Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative, welche die gesicherte Teilnahme der Schweiz an Erasmus+ fordert. Denn im Gegensatz zum Forschungsprogramm «Horizon Europe» liegt vom Bund nach wie vor kein Finanzierungsplan vor. Mit der Standesinitiative soll dem Anliegen nun Nachdruck verliehen werden.
Nau.ch hat mit der Antragsstellerin Fina Girard vom Jungen Grünen Bündnis gesprochen. Durch das Programm sieht die Grossrätin viele Vorteile für die Schweiz und den Universitätsstandort Basel.
Nau.ch: Befürworten Sie eine Teilnahme der Schweiz am «Erasmus+»-Programm?
Fina Girard: Erasmus+ ist viel mehr als «nur» internationale Austauschprogramme für Studierende. Von Erasmus+ profitieren europaweit junge Menschen in ihrer Berufs- und Hochschulbildung, aber auch in der Jugendarbeit, Erwachsenenbildung, im Engagement für gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen und im Sport.
Die Schweiz ist nun bereits zehn Jahre von den Angeboten von Erasmus+ ausgeschlossen – wegen der Nicht-Assoziierung verpassen wir wertvolle Kontakte und Chancen.
Nau.ch: Welche Vorteile ergäben sich durch eine Zusammenarbeit für den Universitätsstandort Basel?
Girard: Wenn die Schweiz wieder Teil von Horizon und Erasmus+ wird, vereinfacht das die europäische Forschungszusammenarbeit. Das stärkt wiederum den Unistandort Basel und damit auch unsere Wirtschaft. Besonders als Uni direkt am Dreiländereck gehört das Lernen, Arbeiten und Forschen über die Grenzen hinaus eigentlich zu unserem Selbstverständnis.
Erasmus+ hätte aber nicht nur Vorteile für die Tertiärbildung, sondern auch für die Berufslehre. Die Attraktivität von Lehrstellen wird durch eine Internationalisierung gestärkt.
«Bei Erasmus+ fehlt der Finanzierungsplanung noch immer»
Nau.ch: Können zum jetzigen Zeitpunkt Schätzungen zu den entstehenden Kosten abgegeben werden? Für welchen Teil müsste der Kanton Basel-Stadt aufkommen?
Girard: Das ist schwierig zu sagen. Aktuell hat auch die EU noch keine Zahlen für die kommende Periode präsentiert. Im Jahr 2014, also kurz vor Abbruch der Zusammenarbeit, zahlte die Schweiz 22,7 Millionen Franken Programmbeiträge für Erasmus+.
Für Horizon hat der Bundesrat bereits die Finanzierung für eine Wiederassoziierung präsentiert. Bei Erasmus+ fehlt diese Finanzierungsplanung noch immer, obwohl sie auf 2021 angekündigt wurde. Was sicher ist: Die Kosten werden vom Bund getragen, für die Kantone als Trägerschaften der Unis fallen also keine zusätzlichen Kosten an.
Nau.ch: Im Antrag wird auch das Rahmenprogramm «Horizon Europe» erwähnt. Sollte die Schweiz Ihrer Meinung nach zum Forschungsprogramm zurückkehren?
Girard: Ja, denn das europäische Forschungsprogramm Horizon und Erasmus+ gehören zusammen. Wissenschaftlicher Fortschritt geht nur mit guten Netzwerken und grenzüberschreitender Zusammenarbeit.
Aktuell heisst der Ausschluss von Horizon für die Schweiz: Wollen unsere Unis europaweit mitforschen, bedeutet das grossen administrativen Aufwand und wir müssen die Forschung aus eigener Tasche zahlen.
Nau.ch: Was erhoffen Sie sich künftig für die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Europa?
Girard: Für die Basler*innen ist Europa gefühlt fast näher als Bern. Als Stadt funktionieren wir ganz selbstverständlich über die Grenzen hinweg. Das wünsche ich mir auch für die Schweiz.
Wir sind keine Insel, sondern profitieren stark von der europäischen Zusammenarbeit. Deshalb hoffe ich auf baldige, erfolgreiche Verhandlungen mit der EU – mithelfen kann da zum Beispiel die Europa-Initiative der Grünen.
Zur Person: Fina Girard (22) ist über den Klimastreik in die Politik gerutscht. Heute politisiert sie als jüngstes Mitglied im Basler Grossen Rat und im Bürgergemeinderat für das Junge Grüne Bündnis. Sie studiert Geografie und Politikwissenschaften an der Uni Basel.