Hochdeutsch im Berner Stadtparlament scheidet die Geister
Das Berner Stadtparlament wechselt von Mundart zu Hochdeutsch. Ein Novum mit gemischten Reaktionen.

Das Berner Stadtparlament bricht mit einer Tradition: Seit Donnerstag führt der Rat seine Debatten grossmehrheitlich auf Hochdeutsch. Nur noch wenige Mitglieder ziehen den Dialekt vor.
Für zwei aktuelle Parlamentsmitglieder sei es schwierig, einer Mundartdebatte zu folgen, sagte Stadtratspräsident Tom Berger (FDP) zu Beginn der Sitzung. Deshalb habe sich die Frage gestellt, ob im Rat künftig Hochdeutsch gesprochen werden könnte.
Die Fraktionspräsidienkonferenz habe keinen Beschluss gefasst. Alle sollten selber entscheiden, ob sie Dialekt oder Hochdeutsch sprechen wollten. Berger selber kündigte an, er werde die Sitzungen künftig grossmehrheitlich auf Hochdeutsch leiten.
Die meisten Mitglieder von Parlament und Stadtregierung folgten seinem Beispiel. Beim Dialekt blieben einige Mitglieder von Mitte, SVP und FDP.
Gemischte Reaktionen auf Sprachwechsel
Die Umstellung löste gemischte Reaktionen aus. Für manche ist es ein Gebot der Höflichkeit, Hochdeutsch zu sprechen, damit alle den Inhalt verstehen.
Auf Online-Portalen gab es aber auch andere Reaktionen. Es sei befremdend, wenn in der eigenen Stadt nicht mehr die eigene Sprache gesprochen werde, hiess es in einem Leserkommentar.
In anderen Deutschschweizer Stadtparlamenten ist weiter Dialekt angesagt, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zeigt. In Zürich und Luzern zum Beispiel ist Mundart Trumpf, ebenso in Thun.
Im zweisprachigen Biel entscheidet jedes Ratsmitglied, ob es Hochdeutsch, Berndeutsch oder Französisch sprechen will.
Kantone uneinheitlich bei Sprachwahl
Auf kantonaler Ebene ist das Bild uneinheitlich. Hochdeutsch wird beispielsweise in den Kantonen Basel-Stadt, Aargau, Zug, Zürich, Schaffhausen, Thurgau und St. Gallen gesprochen.
Auf Dialekt setzen die Kantonsparlamente von Basel-Landschaft, Solothurn, Uri, Schwyz Ob- und Nidwalden sowie Appenzell IR und AR.
Im bernischen Kantonsparlament wird in der Regel Berndeutsch oder Französisch gesprochen, schliesslich ist der Kanton zweisprachig. Dolmetscherinnen sorgen dafür, dass alle alles verstehen. Im Bündner Grossen Rat gibt es sogar drei Sprachen: Hochdeutsch, Italienisch und Rätoromanisch.