Kanton St. Gallen plant den Alleingang für eine neue Justizsoftware
Die St. Galler Regierung schreibt eine neue Justizsoftware öffentlich aus, doch andere Kantone zögern.

Die St. Galler Regierung wird den Auftrag für eine neue Justizsoftware öffentlich ausschreiben. Auf der Suche nach einer neuen Lösung sind zwar auch andere Kantone, etwa der Thurgau. Auf die Einladung aus St. Gallen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, reagierte aber niemand, wie der zuständige St. Galler Regierungsrat erklärte.
Die Ausschreibung für die neue Justizsoftware starte am 17. Februar, teilte die Staatskanzlei am Donnerstag mit. St.Gallen nehme damit eine Vorreiterrolle ein – als erster Kanton, der sich «auf den Weg zu einer durchgängigen digitalen Justizkette macht».
Die neue Lösung soll von rund 700 Mitarbeitenden des Kantons genutzt werden. Beteiligt sind die Staatsanwaltschaft, die Gerichte, das Amt für Justizvollzug, das Amt für Handelsregister und Notariate sowie das Sicherheits- und Justizdepartement.
Auf der Suche nach einer neuen Softwarelösung für die Justiz befinden sich allerdings auch andere Kantone. Insgesamt setzen elf Kantone (AG,AI,BS,GL,GR,NE,S,GSH,SOTI,ZG) das System Juris-4 ein, das von Abraxas Informatik AG entwickelt wurde,
Zürichs gescheiterte Justizsoftware-Entwicklung
an der die Kantone St. Gallen und Zürich beteiligt sind. 2018 hatte Abraxas vom Kanton Zürich den Auftrag für die Entwicklung einer neuen Lösung erhalten. Doch das Unternehmen erreichte «mehrere Meilensteine» nicht, wie es im Dezember 2023 mitteilte. Abraxas zog sich zurück und verkaufte die Sparte Justiz an LogObject AG aus Opfikon ZH,die auch die bisherigen Kunden übernahm.
Zu diesen Kunden gehört neben St. Gallen auch der Thurgau. Auch dort setzte man auf eine Neuentwicklung von Abraxas und musste nach dem Ausstieg reagieren. Als Zwischenlösung vergab der Thurgauer Regierungsrat Ende Januar 2025 einen Auftrag für die «Ertüchtigung» der bisherigen Softwarelösung in Höhe von 2,9 Millionen Franken an LogObject AG.
Gleichzeitig erklärte der Regierungsrat, dass eine neue Lösung gesucht werde. Dafür gibt es einen gewissen Zeitdruck:Die LogObject AG werde nämlich «sämtliche Wartungs- und Servicevereinbarungen auf Ende 2027» einstellen, informierte der Kanton.
Thurgaus Suche nach neuer Justizsoftware
Die Suche nach einer neuen Lösung startete bereits. Im Thurgauer Budget für 2025 ist mit dem Titel «Smart Justice 2025–2029»die erste Tranche eines Rahmenkredits von insgesamt12,4 Millionen Franken für Erneuerung von Juris-4 eingestellt worden.

Nun plant die St.Galler Regierung ebenfalls eine Ausschreibung für eine neue Justizsoftware. Warum gibt es keine Zusammenarbeit? Alle Kantone, die Juris einsetzen, seien im Juli eingeladen worden, beim St. Galler Projekt mitzumachen, erklärte Christof Hartmann (SVP), Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartements, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Resultat: «Es gab keine einzige positive Rückmeldung.»
Deshalb habe St.Gallen die Ausschreibung nun alleine gestartet. Ob später doch noch ein Kanton aufspringt, bleibt vorläufig offen. Für die Finanzierung plant die Regierung einen Sonderkredit, der im Dezember 2025 dem Parlament vorgelegt wird.