Keine Besuchsverbote in Altersheimen
Mehr als die Hälfte der Corona-Todesfälle geschahen in Altersheimen. Experte Andreas Stuck fordert ein neues Schutzkonzept vom Bund.
Das Wichtigste in Kürze
- Altersheime waren schlecht auf die Pandemie vorbereitet.
- Für eine zweite Welle verlangt Experte Andreas Stuck ein nationales Schutzkonzept.
- Bewohner sollen Besuch empfangen dürfen und einkaufen können.
Bei einer zweiten Corona-Welle muss der Bund anders mit Senioren in Altersheimen umgehen. Das fordert Andreas Stuck, Altersmediziner und Klinikdirektor im Inselspital im Gespräch mit den Tamedia-Zeitungen. Ein nationales Schutzkonzept soll es den Bewohnern ermöglichen, Besucher zu empfangen und weiterhin aktiv zu sein.
Einkaufen zentral für soziale Kontakte
Als Beispiel nennt Stuck das Einkaufen. Im Alter sei dies eine wichtige Aktivität. Es bringe soziale Kontakte, zum Beispiel beim Gespräch an der Kasse oder der Begegnungen mit Nachbaren im Laden.
Doch solange keine Maskenpflicht in Läden existiere, sei es für ältere Menschen wenig ratsam, sich in ihnen aufzuhalten. Deswegen will Stuck eine kantonal verhängte Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden.
Ein Besuchsverbot über längere Zeit sei ausserdem undenkbar. Für ältere Menschen sei es besonders schlimm, isoliert zu sein. Deswegen soll national geregelt werden, wie Heime mit Besuchern umgehen.
Dafür soll auch genügend Schutzmaterial bereitstehen, so Stuck. Wenn Angehörige sich an die Abstandsregeln halten und eine Maske tragen, sei das Ansteckungsrisiko gering.
Patientenverfügungen sollen «umsetzbar» sein
Das Problem der Selbstbestimmung sei ebenfalls zentral, habe aber auch Grenzen, so Stuck. Es sei schwierig, gewisse Wünsche zu respektieren.
Beispielsweise wenn in einer Patientenverfügung steht, dass eine Person nicht ins Spital verlegt werden will. Denn oft sei es auch zum Schutz der Angehörigen, wenn ein schwer kranker Corona-Patient im Spital betreut wird.
Deswegen sollen Patientenverfügungen umsetzbar sein. Beispielsweise soll geklärt sein, ob man mit einer Behandlung auf Intensivstation einverstanden wäre. Auch sollte in der Verfügung stehen, wer für einen nicht mehr urteilsfähigen Patienten Entscheidungen fällen soll.