DFB-Team: Sorg übergibt «optimale» EM-Aussichten

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Deutschland,

Sané, Gnabry, Reus und Co. ist der Stimmungsumschwung gelungen. Der zurückkehrende Bundestrainer Löw findet eine ideale Ausgangsposition für die EM-Saison vor. Doch sowohl Aushilfschef Sorg als auch die Nationalspieler warnen: Noch ist alles nur ein Anfang.

Das DFB-Team bot gegen Estland eine tadellose Leistung. Foto: Thomas Frey
Das DFB-Team bot gegen Estland eine tadellose Leistung. Foto: Thomas Frey - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Für den stolzen Zehn-Tage-Cheftrainer Marcus Sorg ist die Saison noch nicht zu Ende.

Die neue Nationalmannschaftsgarde um das Turbo-Trio Sané, Reus und Gnabry düste dagegen sofort nach der Tore-Show von Mainz ab in den Urlaub.

Alle - auch der nach einem Sportunfall zum TV-Zuschauer verurteilte Chefcoach Joachim Löw - nehmen nach dem begeisternden 8:0 (5:0) zum Saisonabschluss gegen Estland die Erkenntnis mit: Zwölf Monate nach dem WM-Debakel von Russland sind nicht nur eine positive Stimmung und viel Optimismus in Deutschlands wichtigstem Fussballteam zurück. Auch die sportliche Entwicklung stimmt zuversichtlich für die kommende EM-Saison.

«Die Mannschaft sprüht vor Energie. Sie ist gewillt, Siege einzufahren und mit Leidenschaft zu spielen», sagte Sorg: «Der Bundestrainer kann im September mit einer optimalen Ausgangsposition weiterarbeiten.» Dem ungefährdeten 2:0 in Weissrussland folgte in der Heimat ein munteres Torfestival gegen völlig überforderte Esten.

Es war der dritte Sieg in der laufenden EM-Qualifikation. Mit fünf Erfolgen, drei Remis und zwei Niederlagen ist die Saisonbilanz zwar durchwachsen. Doch nach dem Abstieg in der Nations League vor acht Monaten blieb die Mannschaft sechsmal ungeschlagen.

«Trotzdem müssen wir auf dem Boden bleiben. Wir wissen schon, dass Estland und Weissrussland nicht die Kategorie wie Holland oder Frankreich sind», betonte Doppeltorschütze Marco Reus, mit 30 Jahren der älteste Feldspieler im verjüngten DFB-Kreis. Für Spieler und Trainer ist der September mit den Partien in Hamburg gegen Holland und dann beim Tabellenführer Nordirland erst einmal weit entfernt. «Da haben wir noch ein bisschen Zeit. Wir wollen die Begeisterung mitnehmen», sagte Aushilfschef Sorg: «Es wächst etwas zusammen, das hat man gesehen. Aber jetzt Prognosen zu geben, ist schwer.»

Sorg selbst hatte mit seinem unaufgeregten, klaren Führungsstil einen grossen Anteil daran, dass der Umbruch auch ohne Chef Löw weiter voranging. «Wir haben die Zeit genutzt, um vernünftig zu trainieren und ein paar Sachen einzustudieren. Da hat der Marcus Sorg einen sehr guten Job gemacht, das muss man echt sagen», erklärte Ilkay Gündogan, der als Vertreter des fehlenden Mittelfeld-Taktgebers Toni Kroos überzeugte. Der 53 Jahre alte Löw-Assistent Sorg wollte seine Rolle selbst nicht in den Vordergrund stellen. «Nein, ich gehe nicht in die Geschichtsbücher ein. Ich bin kein Bundestrainer», sagte er trotz zwei Siegen und 10:0 Toren beim Zwei-Spiele-Engagement als Chef. Sein Urlaub muss warten, er hilft jetzt noch bei der U21-EM in Italien.

Gündogan wies nochmals auf den mentalen Effekt bei der Neugestaltung in Löws Kader hin: «Es ist extrem schön, gerade durch die negativen Ereignisse im letzten Sommer. Das tut extrem gut, nicht nur mir. Wir hatten alle eine extrem schwierige Zeit im DFB-Trikot im letzten Jahr.» 29 Akteure kamen in den zehn Partien nach dem historischen WM-Vorrundenaus vor einem Jahr zum Einsatz. Zunächst versuchte Löw noch, mit Akteuren wie Mark Uth, Sebastian Rudy (beide Schalke) und Nils Petersen (Freiburg) sowie den später aussortierten Weltmeistern Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller (alle FC Bayern) die Wende einzuleiten. Das schlug fehl, es gab vielmehr neue Tiefpunkte.

Inzwischen sehen Personal und Spielstil der Mannschaft ganz anders aus, frisch und forsch. «Es ist eine Menge passiert. Wir haben unsere Lehren gezogen», sagte der Dortmunder Reus. Die Spielfreude und Konsequenz begeisterten die 26 050 Fans in Mainz und über sieben Millionen Zuschauer vor den TV-Bildschirmen. Reus und Serge Gnabry mit je zwei Treffern sowie Leon Goretzka, Elfmeterschütze Gündogan, Timo Werner und Leroy Sané verwandelten die Entschlossenheit und die taktische Raffinesse der deutschen Elf in einen Festabend. «Das Publikum war sehr gut drauf - und wir hatten einen spielerischen Rausch», frohlockte Kapitän Manuel Neuer ungewohnt euphorisch.

Das neue personelle Gerüst steht mit dem Turbo-Trio Sané, Reus und Gnabry in der vordersten Reihe, mit dem wiedererstarkten Neuer im Tor, mit dem neuen Abwehrchef Niklas Süle und Dauerbrenner Joshua Kimmich. Der 24 Jahre alte Münchner absolvierte als einziger Spieler die kompletten 900 Saisonminuten. Manchester-City-Angreifer Sané, vor der WM 2018 aussortiert, ist nicht nur wegen der meisten Saisontore (5) der grösste Gewinner des Umbruchs. Ob der begehrte 23-Jährige womöglich bald für den FC Bayern spielt, liess er offen. «Ich gehe jetzt erstmal in den Urlaub, alles weitere wird man dann sehen.»

Sorg sieht den umstrukturierten Kader trotz der positiven Tendenz weiter «am Beginn einer Entwicklung» und ergänzte: «Es wird mit Sicherheit noch den einen oder anderen Hänger geben.» Viel wird davon abhängen, wie die jungen Nachrücker die Hierarchie neu gestalten. «Da sind nicht mehr so viele erfahrene Spieler, wo wir uns verstecken können, wenn es mal ein schlechteres Spiel gibt», bemerkte Sané.

Für Löw bleibt bei der Rückkehr noch viel zu tun. Die Mannschaft übermittelte ihm ein Gruppenfoto aus der Kabine. «Der Bundestrainer ist hier derjenige, der vorangeht, an dem sich alle orientieren und festhalten. Deshalb sind alle froh, wenn er bald wieder gesund wird und bei uns sein wird», sagte Sorg am Ende seiner Kurzzeitrolle als Chef.

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