Doping-Skandal: Was haben die Ermittler herausbekommen?
Zieht der Doping-Skandal um die Nordische Ski-WM und einen Erfurter Sportarzt noch grössere Kreise? Ein Dopingjäger zieht schon einen Vergleich zum spanischen Blutdopingfall um Eufemiano Fuentes. Der Langlauf gilt als besonders anfällig.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Tage nach dem Doping-Beben bei der Nordischen Ski-WM wartet der Sport auf neue Ergebnisse der Ermittler.
Wichtige Details zum mutmasslichen Doping-Netzwerk könnten Aussagen des in Erfurt festgenommenen Mediziner Mark S. liefern, der inzwischen in die Untersuchungshaft nach München überstellt wurde. Der Sportarzt kooperiere «vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden», sagte einer seiner Anwälte der «Bild»-Zeitung. Erwartet werden zudem weitere Auskünfte vom österreichischen Bundeskriminalamt über die Hintergründe und Ausmasse des Sportbetrugs.
Bei der Razzia bei der Ski-WM in Seefeld waren am Mittwoch fünf Athleten aus Österreich, Kasachstan und Estland festgenommen worden. Zwei Österreicher und ein Kasache haben inzwischen Eigenblut-Doping gestanden. Offen ist noch, wann die beiden ebenfalls in Seefeld festgenommenen deutschen Komplizen des Erfurter Arztes nach Deutschland ausgeliefert werden. Bis Freitagvormittag muss die Staatsanwaltschaft Innsbruck nach eigenen Angaben entscheiden, ob zur Auslieferung an Deutschland Übergabehaft beantragt wird und sie in die Justizvollzugsanstalt Innsbruck gebracht werden. Nach Angaben der österreichischen Ermittler sind weitere Sportler, die womöglich mit dem Doping-Netzwerk in Verbindung stehen, bislang nicht ausgeforscht worden.
Der Mediziner Mark S., der wie ein weiterer Komplize am Mittwoch in Erfurt festgenommen worden war, ist früher Teamarzt im Radsport gewesen. Vorwürfe, er sei schon damals in Dopingpraktiken verwickelt gewesen, hatte er stets bestritten. Zu den neuen Verdächtigungen wollten seine Anwälte keine Stellung nehmen. In seiner Praxis soll er Fussballer, Schwimmer, Radsportler, Gewichtheber, Handballer und Leichtathleten behandelt haben. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds, versicherte, dass der Mediziner keine deutschen Kader-Athleten betreut habe.
Der Skilanglauf gilt als besonders anfällig für Doping. Unter anderem bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City, 2006 in Turin und 2014 in Sotschi hatte es bereits Aufsehen erregende Dopingfälle in der Sportart gegeben. «Im Allgemeinen sind leistungsbestimmende Parameter bei ausdauerlastigen Sportarten, zu denen auch der Langlauf gehört, vergleichsweise gut durch Dopingmittel und Methoden des Dopings beeinflussbar», sagte Mario Thevis, der Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln, der Deutschen Presse-Agentur.
Dopingjäger Werner Franke zeigte sich nicht überrascht, dass die Spur nach Erfurt führt. «Der Standort Erfurt ist mir in alle den Jahren immer wieder im Zusammenhang mit Doping begegnet - in der DDR und auch danach», sagte der Molekularbiologe aus Heidelberg im Interview der «Welt». Über die Landeshauptstadt Thüringens sagte er: «Man kann da schon von einem der Knotenpunkte des Sportbetrugs in Deutschland sprechen.» Franke verglich das mutmassliche Doping-Netzwerk mit dem des spanischen Arztes Eufemiano Fuentes, der im Mittelpunkt eines grossen Dopingskandals vor 13 Jahren stand: «Hinsichtlich der kriminellen Energie und der Organisation des Dopings kann man sicherlich vom deutschen Fuentes sprechen.»
Der Nürnberger Dopingexperten Fritz Sörgel sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung»: «Leute, wie die hier betroffenen, schreckt gar nichts ab. An der Weltspitze, gleich welcher Disziplin, sind Menschen mit diesem Selbstzerstörungswillen die Regel.»