«Kleiner Arschtritt» für die Bayern - Kovacs Titelrechnung

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Deutschland,

Die Bayern geben auch im Bundesliga-Endspurt Rätsel auf. Mit einem lethargischen Derby-Auftritt in Nürnberg machen sie den Titelkampf wider spannend. Der Sportdirektor vermisst «Killer-Mentalität», der Trainer sinniert über «verrückte Ergebnisse».

Bayern-Trainer Niko Kovac schreit vom Spielfeldrand aus Anweisungen. Foto: Timm Schamberger/dpa
Bayern-Trainer Niko Kovac schreit vom Spielfeldrand aus Anweisungen. Foto: Timm Schamberger/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die neue Hochrechnung für den siebten Meistertitel am Stück hatten die auch im Saisonendspurt rätselhaften Bayern nach der vergeigten Vorentscheidung in Nürnberg ganz flott erstellt.

«Die Rechnung ist relativ einfach, dafür braucht man keine höhere Mathematik studiert zu haben. Wir müssen sieben Punkte holen, wenn der BVB in den letzten drei Spielen alles holt», sagte Trainer Niko Kovac. Aber warum sollte in den drei Schlussakten des verrückten Meisterschaftskampfes mit Borussia Dortmund plötzlich alles normal verlaufen? In dieser Saison wird das Unerwartete zum Programm.

Der seltsam lethargische Derby-Auftritt mit einer dramatischen Schlussphase gegen den im Abstiegskampf glücklos agierenden 1. FC Nürnberg verschaffte dem Meisterschaftskampf mit dem BVB eine Brisanz, die vor dem 1:1 (0:0) kaum noch jemand erwartet hatte. Statt auf vier Punkte zogen die Bayern lediglich auf zwei Zähler davon.

«Wir haben einen kleinen Tritt in den Arsch bekommen», resümierte Thomas Müller typisch unverblümt. Die Dortmunder 2:4-Vorlage gegen Schalke löste bei den Münchner Fussballstars keinen Extraschub aus, was den Sportdirektor erboste. «Man muss auch mal die Killer-Mentalität rausholen. Man muss die big points einfahren», schimpfte Hasan Salihamidzic im Bauch des Max-Morlock-Stadions. «Was der Grund war, möchte ich auch wissen», sagte er zur matten Leistung.

Wieder einmal stellte sich am Sonntagabend die Mentalitätsfrage. Brennen die Kovac-Bayern nur unter totalem Erfolgsdruck? Wie beim furiosen 5:0 im Direktduell mit dem BVB. Oder beim 3:2 im K.o.-Duell mit Werder Bremen, als es vier Tage vor Nürnberg um den Einzug ins Pokalfinale ging. Brauchen die Serienmeister immer wieder den von Müller angesprochenen Arschtritt? Immerhin gab's Selbstkritik. «Wir haben definitiv nicht gut gespielt. Wir hatten kein Tempo drin, waren fussballerisch sehr ungenau, hatten unzählige freie Ballverluste. Das war nicht das Niveau, das wir von uns erwarten», sagte Mats Hummels.

Kovac ärgerte sich über einen verpassten «Matchball». Denn bei einem Derby-Erfolg hätten sich die Bayern in den letzten drei Partien gegen Hannover, Leipzig und Frankfurt sogar eine Niederlage leisten können. Die Dortmunder «Steilvorlage» nicht genutzt zu haben, nannte Salihamidzic «ärgerlich und enttäuschend».

Kovac schwant, dass es in seinem ersten Münchner Trainerjahr bis zum Ende am 18. Mai nervenaufreibend und kurios zugehen wird. «Man hat gesehen, dass es verrückte Ergebnisse in den letzten Wochen gibt - und wahrscheinlich an den nächsten drei Spieltagen auch. Im Finish kommen Ergebnisse, die niemand erwartet», orakelte der Kroate.

Die leidenschaftlichen Nürnberger hätten einen Sieg verdient gehabt, obwohl auch die Gäste als Gewinner vom Platz gehen konnten. Nach dem 1:0 von Matheus Pereira und Bayerns Ausgleich durch Serge Gnabry überschlugen sich in der Nachspielzeit die persönlichen Dramen.

Erst platzierte Nürnbergs Tim Leibold einen Foulelfmeter an den Innenpfosten. Dann versagten Kingsley Coman nach einem 50-Meter-Lauf frei vor FCN-Torwart Christian Mathenia die Nerven. «Niemand ist King auch nur ansatzweise böse», erklärte Hummels nachsichtig.

Zufrieden war so unter dem Strich keiner. Aber den Bayern könnte das Remis am Ende mehr nützen als dem «Club», der bei fünf Zählern Rückstand auf Relegationsplatz 16 vor dem neunten Bundesliga-Abstieg steht. «Zwei verlorene Punkte», beklagte Schlussmann Mathenia.

Hummels und Müller dagegen sprach von einer «verbesserten Ausgangslage» im Titelkampf. Und grössere Selbstzweifel löste der halbe Derby-Patzer in Nürnberg auch nicht aus. «Wir müssen sieben Punkte holen für die Meisterschaft. Wir werden versuchen, direkt gegen Hannover nichts anbrennen zu lassen und zu zeigen, dass das hier ein Ausrutscher war», verkündete Abwehrmann Hummels gelassen.

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