Schnelle Frau aus der Sporthistorie: Renate Stecher wird 70

DPA
DPA

Deutschland,

Heute wird Renate Stecher 70 Jahre alt. Die Frau, die den letzten handgestoppten Weltrekord aufstellte, blickt zurück.

Renate Stecher
Renate Stecher wird 70 Jahre alt. - t-online

Das Wichtigste in Kürze

  • Renate Stecher wird heute 70 Jahre alt.
  • Die einstige Olympiasiegerin über 100 und 200 Meter blickt auf eine erfolgreiche Karriere.
  • Trotzdem gab es auch dunkle Zeiten.

Renate Stecher hat ihren Platz in den Sport-Geschichtsbüchern sicher. Erste Frau unter 11 Sekunden über 100 Meter, letzter handgestoppter Weltrekord. Olympiasiegerin über 100 und 200 Meter sowie mit der Sprintstaffel. Doch auch der Doping-Makel haftet an ihr.

Vor 20 Jahren zeigte sie ihren drei Kindern das Dresdner Heinz-Steyer-Stadion. In dem lief sie 1973 den letzten handgestoppten Weltrekord der Geschichte über 100 Meter. 10,8 Sekunden mit Startnummer 108.

«Dort stand irgendwo ein Siegerpodest. Meine Kinder wollten, dass ich für ein Foto noch einmal hochsteige», erinnert sich Renate Stecher, die am 12. Mai 70 Jahre alt wird.

Sie hat seit dem 7. Juni 1973 ihren festen Platz in den Sport-Geschichtsbüchern. Im tschechischen Ostrava (Ostrau) lief sie trotz widriger Bedingungen handgestoppte 10,9 Sekunden über 100 Meter. Die erste Frau, die die 11-Sekunden-Schallmauer durchbrach.

«Ich hatte vorher schon mehrfach die 11,0 erreicht. Es war dann ein Wettbewerb entbrannt, wer wohl die erste Frau unter 11 Sekunden sein würde», sagt Renate Stecher rückblickend.

Bewegungsfanatiker

Die in Sachsen geborene und später beim SC Motor Jena zum Star gereifte Frau war von Kindheit an ein Bewegungsfanatiker. «Ich habe bei Chemie Torgau trainiert. Da bin ich immer die sieben Kilometer mit dem Fahrrad hin- und wieder zurückgefahren. Wer macht so etwas heute denn noch», fragt die dreimalige Olympiasiegerin.

Weil sie die Jüngste in einer guten Trainingsgruppe war, musste sie für ihre Teamkolleginnen über 500 Meter den Hasen spielen. Damit diese auf der 400 Meter-Distanz gute Zeiten erreichten. «Das hat viel Spass gemacht, genau wie die Crossläufe, die ich gern mitgemacht habe», sagt Stecher.

Über einen Sichtungslehrgang kam sie schliesslich an die Sportschule nach Bad Blankenburg. «Dort ging es anders zu als auf den Sportschulen später. Wir wurden neben der Schule komplex ausgebildet. Ich habe den damals noch Fünfkampf gemacht und dort gemerkt, dass das Laufen mir am meisten lag», sagt sie.

Renate Stecher: Olympia-Zweite

Die Karriere von Renate Stecher war unglaublich erfolgreich. Sie hatte aber auch Makel. Bei den Olympischen Spielen in München 1972 wurde die DDR-Staffel mit ihr als Olympiasiegerin über beide Einzelstrecken nur Zweite. Die Jenaerin verlor als Schlussläuferin sensationell gegen die Weitsprung-Olympiasiegerin Heide Rosendahl aus der BRD.

«Wir waren falsch besetzt, aber das war von ganz oben angeordnet. Ich selbst war immer die zweite Strecke gelaufen, das war immer die entscheidende. Doch Staffel-Gold gab's 1976. «Vier Jahre später in Montreal haben wir gegen die BRD gewonnen - und ich lief auf Position zwei.»

Heide Ecker-Rosendahl schätzt ihre ehemalige Rivalin bis heute - und gratuliert ihr aus der Ferne. «Wir haben uns recht häufig gesehen. Kurz nach der Maueröffnung habe ich sie mit meinem Mann auch in Jena besucht. Wir haben uns immer gut verstanden», sagt die zweimalige Olympiasiegerin aus Leverkusen der dpa.

Doping-Gerüchte

2011 wurde Renate Stecher in die «Hall of Fame» des deutschen Sports aufgenommen - nicht ohne Nebengeräusche. Kritiker warfen ihr ihre Dopingvergangenheit vor. «Ich kann das nicht mehr hören! Eine Aufarbeitung nach den Unterlagen betraf immer nur die damalige DDR und nicht die BRD.

Inzwischen steht aber auch fest, dass Doping in der BRD stärker praktiziert wurde, als bisher bekannt war. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen», betonte sie vor fünf Jahren. Seitdem schweigt sie zu diesem Thema.

Die studierte Sportwissenschaftlerin, die als Sportlehrerin im Hochschuldienst und im Studentenwerk tätig war, ist zufrieden mit ihrem Leben. Auch wenn sie seit 16 Monaten nur noch Rehasport statt Karate, Basketball und Pilates betreiben kann. Bei einem Sturz auf einer vereisten Hoteltreppe brach sie sich den Oberschenkelhals.

«Treffen wir uns immer noch mit den Staffelmädels»

Ihren 70. Geburtstag wird die verwitwete viermalige Oma wegen der Corona-Pandemie nur mit ihren Kindern verbringen. «Ansonsten treffen wir uns immer noch mit den Staffelmädels von einst aus Jena und Leipzig. Wir sind immer noch sehr eng miteinander, eine tolle Truppe», berichtet die Thüringerin.

Die Leichtathletik verfolgt sie nur noch nebenbei. «Es gibt ja kaum noch Athleten, die über einen längeren Zeitraum kontinuierlich gut sind. Die meisten kommen plötzlich gross raus, machen ihre Show. Und sind nach ein, zwei Jahren wieder verschwunden.

Ich weiss nicht, wie ich mich verhalten würde, wenn ich in der jetzigen Zeit aktiv wäre. Aber bei mir stand immer die Leistung im Vordergrund. Das fehlt mir bei Vielen», kritisiert Renate Stecher.

Kommentare

Mehr in Sport

EV Zug

Mehr aus Deutschland