Alaphilippe und Pinot sorgen für Träume bei Grande Nation
Hochspannung auf der achten Etappe der Tour de France: Erst stürzt Titelverteidiger Thomas und muss eine Aufholjagd starten, dann attackiert Alaphilippe und erobert das Gelbe Trikot zurück. In einer guten Position ist auch Thibaut Pinot.
Das Wichtigste in Kürze
- Saint-Étienne (dpa) - Traumhaftes Szenario für die Grande Nation zum bevorstehenden Nationalfeiertag: Frankreichs Liebling Julian Alaphilippe hat einen Tag vor der grossen Party am Sonntag das Gelbe Trikot bei der 106.
Tour de France zurückgeholt.
Und Landsmann Thibaut Pinot brachte sich in eine starke Position im Kampf um den Gesamtsieg. Titelverteidiger Geraint Thomas war dagegen nach einem heftigen Sturz heilfroh, unverletzt und mit geringem Zeitverlust auf den belgischen Tagessieger Thomas de Gendt das Ziel in Saint-Étienne am Samstag erreicht zu haben.
Doch die Protagonisten auf der 200 Kilometer langen Berg- und Talfahrt waren wieder einmal die Gastgeber. «Das war ein grossartiges Finale. Wenn man das Trikot hat, will man es nicht mehr hergeben», sagte Alaphilippe, der den Italiener Giulio Ciccone an der Spitze der Gesamtwertung wieder ablöste. Zusammen mit Pinot hatte Alaphilippe am letzten der sieben Berge attackiert. Das Duo erreichte sechs Sekunden hinter de Gendt das Ziel und sammelte zusätzlich wichtige Bonussekunden ein.
«Ich will nicht darüber nachdenken, ob ich die Tour gewinnen kann. Am Sonntag werde ich es einfach geniessen, das Trikot zu tragen», ergänzte Alaphilippe, der nun 23 Sekunden vor Ciccone liegt. Dahinter lauert 53 Sekunden zurück schon Pinot, der als klassischer Rundfahrer die Hoffnungen der Franzosen auf den ersten Toursieg seit Bernard Hinault vor 34 Jahren erfüllen könnte. «Ich bin in einer grossartigen Form. Es bleiben aber noch zwei Wochen, ich gehe es Stück für Stück an», meinte Pinot.
Das Momentum spricht aktuell für Pinot, der nun 19 Sekunden vor Thomas liegt. Der Waliser konnte froh sein, dass es nicht mehr waren. Denn 15 Kilometer vor dem Ziel stürzte der Champion von 2018 heftig, genauso wie Teamkollege Michal Kwiatkowski aus Polen. Ein Ineos-Rad lag völlig zerstört am Strassenrand, aber die Knochen blieben heil.
Keine Probleme hatte Deutschlands Hoffnungsträger Emanuel Buchmann beim Ritt über sieben Bergwertungen. Mit einem Rückstand von 26 Sekunden überquerten Buchmann, Thomas und Co. den Zielstrich. «Die Etappe war richtig schwer, es waren fast 4000 Höhenmeter. Am Ende mussten wir schon einiges investieren, um vorne dabei zu sein. Peter hat sich am Ende wieder gefangen und war doch vorne dabei. Als Team haben wir es wieder sehr gut gemacht, das ganze Team hat gut gearbeitet», sagte der neue Gesamtzehnte Buchmann und bezog sich auch auf Kapitän und Ex-Weltmeister Sagan aus der Slowakei.
Aus deutscher Sicht konzentrierte sich alles auf Buchmann, der Rest hatte mit dem Ausgang der Etappe nichts zu tun. Damit müssen die deutschen Fahrer weiter auf den ersten Tagessieg bei der Tour 2019 warten. Ein Marcel Kittel, der 14 Etappen gewann, ist diesmal nicht dabei.
Wie es mit Deutschlands Rekord-Etappensieger weitergeht, ist noch völlig unklar. «Ich habe mich noch nicht festgelegt, weil es für mich noch eine Phase ist, in der ich mich besinnen möchte, wo ich hin will», sagte Kittel, der seinen Vertrag beim Team Katusha-Alpecin aus persönlichen Gründen aufgelöst hatte und am Samstag als ARD-Experte im Einsatz war. Sollte es für ihn weitergehen, wäre ein Wechsel zum Tony-Martin-Team Jumbo-Visma «eine tolle Option».
Für den früheren Tour-Fünften Tejay van Garderen ist dagegen die Rundfahrt beendet. Der amerikanische Radprofi hat bei seinem Sturz am Freitag einen Bruch der linken Hand erlitten. Van Garderen war mit grossen Ambitionen zur Tour gekommen, nachdem er bei der Dauphiné-Rundfahrt mit Platz zwei überzeugt hatte.
Am Sonntag wird die Tour mit der neunten Etappe über 170,5 Kilometer von Saint-Etienne nach Brioude fortgesetzt. Dabei sind drei Bergwertungen zu meistern. Am schwierigsten wird die durchschnittlich elf Prozent steile Mur d'Aurec-sur-Loire, die allerdings schon nach etwa 40 Kilometern ansteht.