Angelique Kerber trat in Wimbledon als Titelverteidigerin an und hatte nach erfolgreichen Vorbereitungsturnieren auf einen ähnlichen Coup wie im Vorjahr gehofft. Doch schon in der zweiten Runde ging der Rasenklassiker für die 31-Jährige zu Ende.
Muss ihre Hoffnungen auf die Titelverteidigung in Wimbledon bereits früh begraben: Angelique Kerber Foto: Steven Paston
Muss ihre Hoffnungen auf die Titelverteidigung in Wimbledon bereits früh begraben: Angelique Kerber Foto: Steven Paston - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit traurigen Augen nahm Vorjahressiegerin Angelique Kerber nach ihrem Wimbledon-Debakel Platz.
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Sie verschränkte die Arme auf dem Tisch, beugte sich nach vorn.

Und versuchte zu erklären, warum sie sich ein Jahr nach ihrem Titel-Coup vom Ort ihres grössten Triumphes schon nach der zweiten Runde verabschieden musste. «Es war überhaupt nicht mein Tag», gab die 31-Jährige zu. «Die Energie war nicht da, ich weiss nicht, warum.»

Die Titelkandidatin hatte sich mit einer enttäuschenden Vorstellung blamiert und war an einer angeschlagenen Aussenseiterin gescheitert. In skurrilen 1:54 Stunden an der Londoner Church Road wehrte sich die Kielerin viel zu wenig und schien sich beim 6:2, 2:6, 1:6 gegen die Weltranglisten-95. Lauren Davis in ihr Schicksal zu ergeben. An einem warmen Sommertag schied damit drei Tage nach dem desaströsen Erstrunden-Aus von Alexander Zverev auch die dreimalige Grand-Slam-Siegerin unerwartet früh aus.

«Ich bin natürlich traurig und enttäuscht und habe nicht die Leistung gebracht, die ich erwartet habe», räumte die 31-Jährige ein. An gleicher Stelle hatte sich Kerber vor 12 Monaten mit ihrem Sieg über die US-Amerikanerin Serena Williams zur ersten deutschen Wimbledonsiegerin seit Steffi Graf 1996 gekürt.

Auf die Titelverteidigung hatte sie die vergangenen Wochen ausgerichtet. Nun rang sich die ehemalige Nummer eins der Welt nur kurz ein gequältes Lächeln ab, ihre silberne Kette baumelte um ihren Hals, als sie sagte: «Ich muss das akzeptieren, ich muss das hinnehmen und das Match so schnell wie es geht vergessen.» Für die Wimbledon-Championesse des Vorjahres war es der nächste Rückschlag nach dem Erstrunden-Aus bei den French Open, in Paris war sie aber nach einer Knöchelverletzung nicht fit.

Das Bild, das Kerber abgab, passte nicht zu dem Eindruck, den sie in den ersten Tagen hinterlassen hatte. Die Schleswig-Holsteinerin hatte sich gelöst präsentiert, betont, wie wohl sie sich fühle und wie sehr sie sich freue, wieder auf Rasen zu spielen. «Ich habe das ganze Match über versucht, mein Spiel zu finden. Ich habe von Beginn an nicht gut gespielt», erklärte Kerber jetzt.

All die Hoffnungen auf den nächsten Coup von Kerber wurden schon nach dem vierten Turniertag obsolet, weil sie sich von einer Aussenseiterin düpieren liess. Davis war als Lucky Loser nur mit Glück ins Hauptfeld vorgerückt, weil eine andere Spielerin abgesagt hatte.

Als ihr die Partie nach gewonnenem ersten Satz auf Court 2 aus der Hand geglitten war, winkte die beste deutsche Tennisspielerin mehrfach ab und haderte mit sich. «Was soll ich machen?», fragte sie einmal ratlos. Dass es Verwerfungen mit ihrem Team um Trainer Rainer Schüttler gibt, wehrte sie aber erneut ab. «Ich glaube, das waren Emotionen», sagte sie, strich aber auf Nachfragen das «Ich glaube».

Zunächst hatte es noch ausgesehen, als würde für Kerber alles seinen erhofften Gang nehmen, auch ohne dass sie überzeugend begann. In den ersten vier Spielen reihten sich die Breaks aneinander, dann gab die Vorjahressiegerin bis zum ersten Satzgewinn zunächst kein Spiel mehr ab. Beim 2:2 im ersten Satz rutschte die 25-jährige Davis auf dem Rasen weg und liess sich nach dem ersten Satz auch noch den linken Fuss verbinden.

Ohnehin war die 1,57 Meter grosse Athletin schon von Anfang am linken Knie bandagiert und hatte Tapestreifen auf der rechten Schulter. «Sie hat sich auch weiterhin gut bewegt», sagte Kerber. «Sie hat gut gespielt, sie hat alles getroffen.» Kerber leistete sich 31 leichtere Fehler, bei nur 13 Gewinnschlägen.

An dem Tag des Kerber-Ausscheidens wurde es zur Nebensache, dass Jan-Lennard Struff und Julia Görges in die dritte Runde einzogen. Görges und Struff spielen als einzige von anfangs 14 deutschen Teilnehmern ums Achtelfinale, weil auch für Laura Siegemund und Debütant Dominik Köpfer in der zweiten Runde Schluss war. Der 29-jährige Struff zeigte beim 6:4, 6:3, 5:7, 7:6 (7:2) gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz phasenweise eine glänzende Vorstellung.

Mit einem weiteren Sieg am Samstag würde der Paris-Achtelfinalist auch in Wimbledon erstmals die zweite Woche erreichen. 2018 war der Warsteiner in der dritten Runde gegen den Schweizer Rekord-Grand-Slam-Sieger Roger Federer ausgeschieden. Diesmal sind die Chancen gegen den Kasachen Michail Kukuschkin realistischer.

Görges erledigte ihre Pflichtaufgabe mit einem 6:1, 6:4 gegen die russische Qualifikantin Warwara Flink. Die 30-Jährige bekommt nun die Chance auf die Revanche gegen die US-Amerikanerin Serena Williams, die im vergangen Jahr ihren Final-Einzug in Wimbledon verhindert hatte. «Ich möchte gar nicht so viel über Serena reden. Ich nehme das Spiel wie jedes andere. Ich kann mich nur auf das konzentrieren, was ich selber beeinflussen kann», sagte Görges.

Bei den Männern hat French-Open-Gewinner Rafael Nadal das Duell mit dem Australier Nick Kyrgios für sich entschieden und die dritte Runde erreicht. Der 33-jährige Spanier gewann mit 6:3, 3:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:3). Der Weltranglisten-Zweite revanchierte sich damit auch für eine Wimbledon-Niederlage von 2014, als er überraschend im Achtelfinale an Kyrgios gescheitert war. Nadal, der 2018 im Halbfinale war, trifft nun auf den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga.

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